Blutmaske
verbrannt.
Judastöchter
Die Vampirin Sia ist das letzte der todbringenden Judaskinder – und zu allem bereit, um zu verhindern, dass der Fluch an Emma und Elena, ihre einzigen Nachfahren, weitergegeben wird. Als die beiden entführt werden, beginnt für Sia daher ein mörderischer Wettlauf mit der Zeit: Denn gelingt es ihr nicht, die unschuldige Frau und ihr Kind zu retten, könnten sie zu Töchtern des Judas werden. Und dann muss Sia die beiden töten…
Leseprobe
PROLOG
26 . Januar, Großbritannien,
York, 16.21 Uhr
J eoffray Charles Wilson nippte an seinem starken Assamtee, den er wie immer mit Milch und einem Löffel Zucker trank, während sein Blick über die aufklärenden Zeilen der letzten Seite huschte.
Nachdenklich wandte er den Kopf zum Fenster und schaute hinaus in den Garten, wo die Äste der alten Eichen im Wintersturm wogten. Halbzersetztes Laub wurde gelegentlich gegen die Scheibe geweht, blieb kleben und wurde vom prasselnden Regen wieder fortgespült.
Perfektes Teatime-Wetter.
Als waschechter Brite verweigerte er sich nicht einem gewissen Maß an Aberglauben und nahm den Spuk auf alten Schlössern und Landsitzen als gegeben hin. Aus guter Tradition heraus.
Jetzt aber hatte ihm
Harm Byrne, Schwerstkrimineller und sein ehemaliger Arbeitgeber, ein elektronisches Dossier über eine andere, verborgene Welt hinterlassen, das ihn nachdenklich stimmte. Weil es keinen erkennbaren Wahnsinn in sich trug. Nicht in einem einzigen Wort.
Perfektes Monsterwetter.
Wilson hatte nie an Vampire geglaubt. Auch nicht an Werwölfe oder Dämonen. Und doch beschrieb sein alter Chef, der nie ein Spinner gewesen war, diese Spezies mit all ihren Unterarten, mit ihren Stärken und Schwächen, woran man sie erkannte, wie man sie eliminierte, was man bei Begegnungen vermeiden sollte und so weiter und so fort.
Zuerst hatte der einstige Butler auf die Zeilen gestarrt. Dann hatte er gelacht. Dann war er ins Wanken geraten, und jetzt befand er sich in einem merkwürdigen Zwischenzustand: Er wollte eines der Monster
sehen!
Wilson hatte sehr viel Geld von Harm Byrne als Hinterlassenschaft erhalten und im Gegenzug einen Auftrag bekommen: Elena Karkow, ein Mädchen von knapp sieben Jahren, und ihre Mutter Emma, irgendwo um die dreißig. Sie sollte er aus der Ferne beschützen, behutsam Kontakt zu ihnen aufnehmen, sich ihnen als Freund nähern und zu einem Vertrauten werden.
Dann bekomme ich doch noch Frau und Tochter.
Wilson war der perfekte Mann für den Auftrag. Ende vierzig, alleinstehend, keine Kinder, gebildet und versiert, mehrsprachig und mit einem freundlichen Gesicht ausgestattet, zu dem Menschen schnell Vertrauen fassten. Völlige Ungebundenheit.
Er stellte die Tasse ab; mit einem leisen Klirren landete sie auf dem Knochenporzellan. Er zögerte nicht, diesen ungewöhnlichen Auftrag anzunehmen, für den er pro Jahr eine Million Euro aus einer Stiftung gezahlt bekam. Wilson hätte es für weniger getan. Loyal über den Tod hinaus, und das nicht einmal wegen des Geldes. Er hätte Harm Byrne niemals seine Zuneigung gestehen können. Es schickte sich nicht für einen Bediensteten und hätte auch nichts gebracht. Der Schwerkriminelle hatte Frauen bevorzugt.
Wilson erhob sich aus dem Ohrensessel. Seine Schritte führten ihn vorbei am Kamin, in dem kleine Flämmchen zuckten, bis ans Fenster, wo er den Blick schweifen ließ.
Vampire, Dämonen, Werwölfe. Und Elena und Emma stehen mit dieser Welt irgendwie in Verbindung.
Er legte die Hände auf den Rücken und sah den Regentropfen zu, die am Glas hinabrollten.
Wenn es derartige Alptraumgestalten gibt, was existiert dann noch Schlimmeres in unserer Welt?
Vor dem Studium des Dossiers hatte er sich sicher gefühlt. Die Ausbildung als Personenschützer verlieh ihm die Fertigkeit, mit jeder Art von Feuerwaffen umzugehen; auch um seine Selbstverteidigungskünste stand es äußerst gut. Aber nutzte ihm das was beim Nahkampf mit einem rasenden Werwolf? Bei einer Schießerei mit einem Vampir? Bei einem Schwertkampf mit einem Dämon?
Ich brauche ein Silbermesser. Und passende Kugeln für meine Pistolen.
Wilson atmete tief durch.
Allmächtiger, ich klinge schon, als würde ich tatsächlich glauben, was ich da gelesen habe!
Harm Byrne hatte ihn in seinem Testament gewarnt, sich Mutter und Tochter behutsam zu nähern, weil sie in der Vergangenheit oft getäuscht worden waren. Anfangs sollte er nur aus der Entfernung auf sie achten und erst nach einem Jahr Kontakt
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