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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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übergeordnet? Sie befehlen
dir?
    - Solltet ihr noch nicht darauf gekommen sein: ich bin durchaus
sterblich. Was ist mit meinem Urin? Er ist purpurn.
    Phenyle und Ketone werden ausgestoßen. Wir müssen
MEHR ZEIT mit der Untersuchung deines hierarchischen Status
VERBRINGEN.
    »Ich bin eine kleine Nummer«, sagte er laut. »Eine
sehr kleine Nummer jetzt.«

 
35
     
    Das Feuer knisterte fröhlich und warf breite, undeutliche
Baumschatten auf die historischen alten Gebäude von Fort Tejon.
April Ulam stand dem Feuer abgewandt, die Arme vor der Brust
verschränkt, und ihr zerrissenes Gewand wehte leicht in der
kühlen Abendbrise. Jerry stocherte mit einem Stecken im Feuer
und schaute seinen Zwillingsbruder an. »Was haben wir nun
eigentlich gesehen?«
    »Die Hölle«, sagte John mit Entschiedenheit.
    »Wir sahen Los Angeles, meine Herren«, sagte April, ohne
sich umzuwenden.
    »Ich habe nichts wiedererkannt«, meinte John.
»Nicht mal wie Livermore, oder die Felder und Weiden. Ich
meine…«
    »Es war einfach nichts wirklich«, beendete Jerry den
Satz für ihn. »Einfach ein… ein
Durcheinander.«
    April machte kehrt, zog ihr Gewand hoch und ließ sich auf
einen Holzklotz nieder. »Ich finde, wir sollten einander
erzählen, was wir sahen, so genau, wie wir es beschreiben
können. Ich werde anfangen, wenn Sie einverstanden
sind.«
    Jerry zuckte die Achseln. John starrte ins Feuer.
    »Ich glaube, ich erkannte die Umrisse des San Fernando-Tales.
Es sind zehn Jahre vergangen, seit ich zuletzt Los Angeles besuchte,
aber ich erinnere mich, wie ich über die Höhen kam, und
dort war Burbank, und dort Glendale… Ich erinnere mich
bloß nicht mehr, wie sie damals aussahen. Dunstige Luft. Es war
heiß, nicht wie jetzt.«
    »Der Dunst ist noch da«, meinte Jerry. »Aber er
sieht nicht mehr genauso aus.«
    »Purpurner Dunst«, sagte John kopfschüttelnd.
    »Nun, wenn Sie mir zustimmen, daß wir das Tal
sahen…«
    »Ja«, sagte Jerry. »Das vielleicht.«
    »Dann war etwas in dem Tal, weit ausgebreitet.«
    »Aber nicht fest. Nicht aus festem Material gemacht«,
sagte John.
    »Einverstanden«, sagte April. »Wie sollen wir es
dann nennen – Energie?«
    »Sah aus wie ein Gemälde von Jackson Pollock auf einer
Töpferscheibe«, sagte Jerry.
    »Oder ein Picasso«, sagte John.
    »Meine Herren, ich stimme zu, und berichtige ein wenig:
für meine Begriffe sah es genau wie ein Vasarely aus.«
    »Kenne ich nicht«, sagte Jerry. »In der Mitte
drehte sich etwas. Ein Tornado.«
    Sie nickte. »Ja. Aber was für ein Tornado?«
    John rieb sich die Augen und blinzelte. »Am Boden
ausgebreitet, und alle Arten von Speichen gingen davon aus – wie
Blitze, aber nicht leuchtend. Wie Schatten von Blitzen.«
    »Die immer nur für kurze Zeit zu sehen waren«,
sagte John, »und dann verschwanden.«
    »Wie ein tanzender Tornado, vielleicht«, schlug April
vor.
    Die Zwillinge nickten.
    »Ich sah Ketten oder Scheiben, die sich unter dem Tornado
hinein- und herausschlängelten«, fuhr sie fort. »Sie
auch?«
    Beide schüttelten die Köpfe.
    »Und auf den Hügeln bewegten sich Lichter, als ob
Glühwürmchen zum Himmel hinaufkröchen.« Sie hatte
wieder ihr exaltiertes Aussehen angenommen und starrte wie in
träumerischer Verzückung über das Feuer hin. John
stützte den Kopf in die Hände.
    »Nicht wirklich«, sagte er.
    »Sie haben recht, nicht wirklich. Aber es muß einen
Zusammenhang damit haben, was mein Sohn tat.«
    »Unsinn!« sagte John.
    »Nein«, widersprach ihm Jerry und nickte April zu.
»Ich glaube Ihnen.«
    »Wenn es in La Jolla anfing und sich von dort über das
Land ausbreitete, wo ist es dann am ältesten und am festesten
etabliert?«
    »In La Jolla«, sagte Jerry und schaute sie
erwartungsvoll an. »Vielleicht fing es bei der UCSD
an?«
    »Nein, in La Jolla, wo Vergil arbeitete und lebte. Aber es
breitete sich rasch die Küste entlang aus. Also vielleicht bis
hinunter nach San Diego. Es hat sich vereint, ist zusammengekommen
und hat diesen Ort zu seinem Zentrum gemacht.«
    »Scheiß drauf!« sagte John.
    April sagte: »Wir können nicht nach La Jolla, solange
dies im Weg ist. Und ich bin hierher gekommen, um bei meinem Sohn zu
sein.«
    »Sie müssen zu heiß gebadet haben«, sagte
John.
    »Ich weiß nicht, warum Sie verschont wurden, meine
Herren«, sagte April, »aber warum ich verschont geblieben
bin, ist offensichtlich.«
    »Weil Sie seine Mutter sind«, sagte Jerry und lachte und
nickte, als hätte er eine großartige

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