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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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zu
sehen. Plötzlich verbesserte sich sein Sehvermögen. Er
konnte sogar das Korn des Fotopapiers ausmachen. »Wie der
Alptraum eines Gewichthebers«, sagte er.
    »Ja, etwas verdreht um den Wulst«, sagte Gogarty.
»Dies ist die einzige Form, die im Licht der verfügbaren
Informationen einen Sinn ergibt. Und niemand außer mir wird aus
dieser Form schlau. Ich nehme an, sie wird meine Aktie auf dem
wissenschaftlichen Markt um einen guten Sprung steigen lassen. Wenn
ich recht habe, und ich glaube daran, stehen uns noch weit mehr
Schwierigkeiten bevor, als wir glauben, Dr. Bernard – oder viel
weniger, je nachdem, welche Art von Schwierigkeiten wir
erwarten.«
    Bernard spürte, daß das Diagramm intensiv studiert und
aufgenommen wurde. Die Noozyten unterbrachen sogar für Sekunden
ihr ständiges Einwirken auf seinen Geist.
    »Sie geben meinen kleinen Kollegen viel zu denken,
Professor.«
    »Ja, und ihre Reaktionen?«
    Bernard schloß die Augen.
    Nachdem mehrere Sekunden vergangen waren, öffnete er wieder
die Augen und schüttelte den Kopf. »Nicht ein Wort«,
sagte er. »Tut mir leid.«
    »Nun, ich hatte nicht viel erwartet.«
    Paulsen-Fuchs schaute auf seine Armbanduhr. »Ist das alles,
Dr. Gogarty?«
    »Nein, noch nicht ganz. Dr. Bernard, die Seuche kann sich
nicht über Nordamerika hinaus verbreiten. Oder, genauer gesagt,
über einen Umkreis von siebentausend Kilometern hinaus, wenn die
Noozyten in jenem Weltteil eine gleichmäßige
Verbreitungsdichte erreicht haben.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es bereits zu viele von ihnen gibt. Verbreiten sie sich
über diesen Radius hinaus, so würden sie ein ganz
eigentümliches Phänomen erzeugen – einen Teil der
Raumzeit, der viel zu eingehend beobachtet wird. Das Territorium
würde außerstande sein, sich zu entwickeln. Zuviel
brillante Theoretiker, verstehen Sie? Es würde ein
Erstarrungszustand eintreten, ein Zusammenbruch auf Quantenebene.
Eine Einzigartigkeit. Ein Schwarzes Loch des Denkens. Die Zeit
würde ernstlich deformiert, und die Auswirkungen könnten
die Erde zerstören. Ich vermute, sie haben ihr Wachstum in
Kenntnis dieser Zusammenhänge begrenzt.« Gogarty wischte
sich die Stirn mit einem Taschentuch und seufzte.
    »Wie verhinderten sie die Detonation der
Gefechtsköpfe?« fragte Bernard.
    »Ich würde sagen, sie haben gelernt, isolierte und sehr
starke Beobachtungszentren zu schaffen. Sie verleiten Billionen von
Beobachtern dazu, eine kleine, vorübergehende Zone
veränderter Raumzeit zu etablieren. Eine Zone, wo physikalische
Vorgänge so sehr verschieden sind, daß Gefechtsköpfe
nicht detonieren. Die Lebensdauer solch einer Zone ist natürlich
sehr begrenzt, da sie in Widerspruch zu den physikalischen Gesetzen
des Universums steht, aber sie währt lange genug, um eine
atomare Vernichtung zu verhüten.«
    »In diesem Zusammenhang habe ich eine entscheidende
Frage«, fuhr er nach kurzer Pause fort, »befinden Ihre
Noozyten sich in Kommunikation mit Nordamerika?«
    Bernard lauschte in sich hinein und erhielt keine Antwort.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Sie
können in Verbindung sein, ohne Funk oder ähnliche
vertraute Mittel zu gebrauchen. Wenn sie die Wirkungen beherrschen
können, die sie auf den lokalen Bereich haben, könnten sie
Wellen subtil deformierter Zeit erzeugen. Ich fürchte, wir
besitzen keine Instrumente, die empfindlich genug wären, solche
Signale auszumachen.«
    Paulsen-Fuchs stand auf und tippte bedeutsam auf seine Uhr.
    »Heinz«, sagte Bernard, »ist das der Grund, warum
mir Nachrichten vorenthalten wurden? Warum hörte ich nicht von
dem russischen Angriff?«
    Paulsen-Fuchs antwortete nicht. »Können Sie etwas
für Mr. Gogarty tun?« fragte er.
    »Nicht sofort. Ich…«
    »Dann werden wir Sie jetzt Ihrer Kontemplation
überlassen.«
    »Augenblick, Heinz! Was, zum Teufel, geht vor? Mr. Gogarty
würde offensichtlich gern mehr Zeit mit mir verbringen, und ich
mit ihm. Warum die Einschränkungen?«
    Gogarty blickte peinlich berührt von einem zum anderen.
    »Sicherheitsvorschriften, Michael«, sagte Paulsen-Fuchs.
»Kleine Pötte haben große Ohren, wissen
Sie.«
    Bernards Reaktion war ein jähes, bellendes Auflachen.
»Freut mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, Professor
Gogarty«, sagte er.
    »Ganz meinerseits«, sagte Gogarty. Das Mikrofon im
Nebenraum wurde ausgeschaltet, und die beiden Männer gingen.
Bernard trat hinter den Toilettenvorhang und urinierte. Sein Urin war
rötlich purpurn.
    Du bist ihnen nicht

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