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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sie ist nie irgendjemandem gegenüber aggressiv geworden. Manchmal schlug sie sich an die Brust, klopfte sich mit den Knöcheln gegen den Kopf. Nichts Ernstes, aber Sie sehen sicher, dass man das als bedrohlich empfinden konnte. Bei einer Frau ihrer Größe.«
    »Diese lichten Augenblicke«, sagte ich. »Was veranlasste Sie zu der Annahme, dass sie eine gute Erziehung genossen hatte?«
    »Ihr Wortschatz«, erwiderte Witherspoon. »Die Art, wie sie mit Wörtern umging. Ich wünschte, ich könnte mich an ein Beispiel erinnern … Es ist eine Weile her, dass ich sie gesehen habe.«
    »Wie lange?«, wollte Milo wissen.
    »Vielleicht drei, vier Monate.«
    »Könnten Sie bitte in Ihren Unterlagen nachsehen und etwas genauer sein, Sir?«, sagte Milo.
    »Tut mir Leid. Die einzigen Unterlagen, die wir führen, sind für die Regierung. Weil wir keine Abgaben zahlen müssen und das alles. Dieser Papierkram nimmt einen großen Teil meiner Zeit in Anspruch, und daher halte ich ihn in Grenzen.«
    »Ein guter Wortschatz«, sagte ich.
    »Es war mehr als das – eine gute Diktion. Etwas an der Art, wie sie redete, konnte … anspruchsvoll sein.«
    »Während ihrer lichten Augenblicke, worüber redete sie da?«
    Witherspoon fummelte an einem seiner Zöpfe herum. »Ich frage besser Diane.« Er ging zu seinem Schreibtisch, gab die Nummer eines Nebenanschlusses ein, sprach leise in den Hörer und sagte dann: »Sie kommt sofort runter.«
    Diane Petrello war Mitte sechzig, klein und stämmig, hatte kurz geschnittene graue Haare und trug eine große, runde Hornbrille, die sogar noch breiter war als ihr Gesicht. Sie trug ein pinkfarbenes Sweatshirt mit der Aufschrift Compassion, einen langen Jeansrock und Freizeitschuhe.
    Als Milo ihr von Erna Murphy erzählte, sagte sie mit einer leisen, hohen Stimme: »Oh, mein Gott.« Tränen liefen ihr über die Wangen, während er noch ein paar Details hinzufügte. Als sie uns gegenüber Platz genommen hatte und sich die Augen auswischte, machte Daryl Witherspoon ihr eine Tasse Tee.
    Sie wärmte ihre Hände an der Tasse und sagte: »Ich hoffe, das arme Ding findet endlich ein wenig Frieden.«
    »Eine gequälte Seele«, sagte Milo.
    »Oh, ja«, erwiderte Diane Petrello. »Sind wir das nicht alle?«
    Er ging mit ihr dieselben Punkte durch, die wir mit Witherspoon besprochen hatten, und wiederholte dann meine Frage nach Erna Murphys lichten Augenblicken.
    »Worüber sie redete«, sagte Petrello. »Hmm, ich würde sagen, vor allem Kunst. Sie konnte Stunden damit verbringen, sich in Kunstbüchern Bilder anzusehen. Einmal bin ich rausgegangen und habe in einem Trödelladen ein paar alte Kunstbücher für sie gekauft, aber als ich wieder zurückkam, war sie verschwunden. So war sie. Ruhelos, blieb nicht lange an einem Ort. Übrigens war das das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe. Sie hat die Bücher nie zu Gesicht bekommen.«
    »Was für eine Art von Kunst gefiel ihr?«, fragte Milo.
    »Nun ja … ich glaube, das kann ich Ihnen nicht sagen. Schöne Bilder, nehme ich an.«
    »Landschaften?«
    Julie Kippers schöne Bilder.
    Diane Petrello sagte: »Alles, was schön war. Es schien sie zu beruhigen. Aber nicht immer. Wenn sie richtig aufgedreht war, dann wirkte nichts wirklich bei ihr.«
    »Sie konnte ziemlich erregt sein«, sagte Milo.
    »Aber sie hat nie Schwierigkeiten gemacht.«
    »Hatte sie irgendwelche Freundinnen hier im Dove House?«
    »Nicht wirklich, nein.«
    »Irgendjemand draußen?«
    »Ich habe nie jemanden gesehen.«
    »Hat sie über irgendwelche Freunde draußen geredet?«
    Petrello schüttelte den Kopf.
    Milo sagte: »Insbesondere, Ma’am, wäre ich an einem jungen Mann Anfang zwanzig interessiert. Groß, dünn, dunkle Haare, schlechte Haut, Brille.«
    Petrello sah Witherspoon an. Sie schüttelten beide den Kopf.
    Witherspoon sagte: »Ist er derjenige, der ihr das angetan hat?«
    »Wir wissen nicht, ob irgendjemand irgendwas getan hat, Sir. Was können Sie uns noch über Ms. Murphy sagen?«
    »Das ist alles, was mir einfällt«, erwiderte Petrello. »Sie war so allein. Wie so viele von ihnen. Das ist wirklich das Hauptproblem. Das Alleinsein. Ohne die göttliche Gnade sind wir alle allein.«
    Milo fragte, ob wir Erna Murphys Bild auch den anderen im Haus Anwesenden zeigen könnten, und Daryl Witherspoon runzelte die Stirn.
    »Diese Woche sind nur sechs Frauen bei uns«, sagte Diane Petrello.
    »Keine Männer?«, fragte Milo.
    »Acht Männer sind hier.«
    Witherspoon sagte: »Es waren zwei harte

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