Blutnacht
ließ.
Sie brauchte nur einen Blick, um zu sagen: »Das ist sie – genau wie meine Zeichnung. Armes Ding, was ist mit ihr geschehen?«
»Das wissen wir noch nicht, Ma’am«, erwiderte Milo. »Aber sie ist tot.« »Ja, Ma’am.«
»Oh, Mann«, sagte Barnes und wischte sich Ton von den Fingern. »Tun Sie mir einen Gefallen. Sollten wir uns je wiedersehen, nennen Sie mich CoCo, nicht Ma’am. Sie sorgen dafür, dass ich mir wie jemand aus dem Paläolithikum vorkomme.«
Milo rief Petra an und erreichte sie draußen im Valley. Als er sie fragte, ob wir ohne sie in dem Asyl vorbeischauen könnten, war sie sofort einverstanden.
»Was macht sie?«, fragte ich.
»Wirft ein Auge auf das Haus von Kevins Familie. Stahl beobachtet immer noch das Apartment, aber das scheint ziemlich sinnlos zu sein.«
Ich wendete den Wagen und bemerkte, dass mein Tank fast leer war.
»Das ganze Hin und Her«, sagte er. »Ich spendiere dir eine Tankfüllung.«
»Lad mich lieber zum Abendessen ein.«
»Wo?«
»Irgendwo, wo’s teuer ist.«
»Zu viert?«, fragte er.
»Klar.« Ich bog in eine Tankstelle auf dem Lincoln ein.
Er sprang aus dem Wagen, benutzte seine Kreditkarte, um die Tanksäule zu aktivieren, steckte den Zapfhahn in den Einfüllstutzen und ließ die Augen umherwandern, immer der Detektiv. Ich fühlte das Bedürfnis, mich zu bewegen, also putzte ich die Fenster.
»Und wie geht’s Allison?«, fragte er.
»Sie ist in Boulder.«
»Skifahren?«
»Psychotagung.«
»Oh … Okay, voll.« Er hängte den Schlauch wieder zurück. »Wann kommt sie zurück?«
»In ein paar Tagen. Warum?«
»Wir müssen auf sie warten«, sagte er. »Um einen Termin für das Abendessen festzulegen.«
Dove House residierte in einem heruntergekommenen wolkenfarbigen Mietshaus auf der Cherokee, unmittelbar nördlich des Hollywood Boulevard. Kein Schild oder sonst eine namentliche Kennzeichnung. Die Haustür stand offen, und die Wohneinheit auf der linken Seite im Erdgeschoss war als BÜRO markiert.
Der Leiter war ein junger, glatt rasierter Schwarzer namens Daryl Witherspoon, der allein an einem ramponierten Schreibtisch saß. Straff geflochtene Zöpfe verliefen parallel über seinen Schädel. Ein silbernes Kruzifix geriet in Schwung, als er aufstand und auf uns zukam. Sein grauer Trainingsanzug roch frisch gewaschen.
Milo zeigte ihm das Bild, und Witherspoon legte eine Hand an seine Wange. »Ach du meine Güte. Arme Erna.«
»Wie hieß sie weiter?«
»Ernadine«, sagte Witherspoon. »Ernadine Murphy.«
»E. Murphy«, sagte ich.
Witherspoon sah mich neugierig an. »Was ist mit ihr passiert?«
Milo sagte: »Ich bin hier vor etwa einer Woche vorbeigekommen und habe mit einer Frau gesprochen, die Ms. Murphy zu kennen glaubte.«
»Das war vermutlich meine Assistentin Diane Pirello. War Erna – ist das hier vor einer Woche passiert?«
»Gestern Nacht. Was können Sie uns über sie erzählen?«
»Setzen wir uns«, sagte Witherspoon.
Milo und ich nahmen auf der Vorderkante eines durchgesessenen Sofas Platz, das nach Tabak stank. Witherspoon bot uns Kaffee aus einer blubbernden Maschine an, aber wir lehnten ab. Von oben waren Schritte zu hören. Der Raum war in einem knalligen Gelb gestrichen, das in den Augen brannte. An den Verputz waren inspirierende Botschaften geklebt worden.
Witherspoon zog sich einen Stuhl heran und fragte: »Sind Sie in der Lage, mir zu sagen, was passiert ist?«
»Die Sache ist noch nicht geklärt«, antwortete Milo. »Sie ist in einer Gasse nur ein paar Häuserblocks entfernt gefunden worden. Hinter der Pfingstkirche.«
»Die Kirche … sie war nicht religiös«, erklärte Witherspoon. »Das kann ich Ihnen jedenfalls sagen.«
»Sträubte sie sich dagegen?«, fragte ich.
Er nickte. »Sehr. Nicht dass wir starken Druck ausüben. Aber wir versuchen zu ihnen durchzudringen. Ernie hatte nicht das Bedürfnis, den Herrn zu umarmen. Sie war wirklich nicht regelmäßig hier, ist nur von Zeit zu Zeit vorbeigekommen, wenn sie in schlechter Verfassung war. Wir schicken niemanden weg, der nicht gewalttätig ist.«
»War sie je gewalttätig?«
»Nein, nie.«
Milo fragte: »Woran lag es, wenn sie in schlechter Verfassung war?«
»Es lief alles auf Alkohol hinaus. Sie hat sich allmählich zu Tode getrunken. Wir haben sie in den letzten zwei Jahren dann und wann gesehen, und in letzter Zeit war eine deutliche Verschlechterung festzustellen.«
»Inwiefern?«
»Gesundheitliche Probleme – hartnäckiger Husten, krankhafte
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