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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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mich nicht überraschen. Sie war einfach von Natur aus unfreundlich, geriet in diesen Greta-Garbo-Modus – ›Ich will allein sein, und leck mich am Arsch, weil du meine Nähe suchst. ‹«
    »Was ist mit einem Fan, der sie möglicherweise belästigt hat?«
    Er warf die Hände in die Luft. »Ich glaube, Sie kapieren einfach nicht. Wir waren keine Stars, niemand hat sich um uns geschert. Das war’s, was China wirklich geärgert hat. Trotz all ihrem Gerede von Entfremdung, all diesem Eremitengehabe, war sie eine Palos-Verdes-Prinzessin, die als Kind Unmengen an Aufmerksamkeit genossen hatte und sich immer noch danach sehnte. Deshalb war es so unglaublich blöd von ihr, Gittleson abblitzen zu lassen. Ms. Schizo. In der einen Minute schäumte sie, weil die Band nicht die Beachtung erfuhr, die sie verdient hatte, in der nächsten beschimpfte sie jeden, der seine Aufmerksamkeit wirklich der Band zuwandte – Journalisten zum Beispiel. Sie gab sich regelrecht Mühe, sie vor den Kopf zu stoßen, nannte sie Arschkriecher, hat eine strikte Anweisung verhängt, keine Interviews zu geben.« Heraus kam die Rothmans-Packung. Wieder wurde eine Zigarette an der anderen angemacht. »Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Da war dieses Fan-Magazin, ein belangloses kleines Käseblatt, das eine Geschichte über uns machen wollte. China sagt dem Typen, er soll sich ins Knie ficken. Sie schreiben die Sache trotzdem, ohne mit uns zu reden. Was macht China also? Sie ruft den Herausgeber an und macht ihn zur Sau.« Er schüttelte den Kopf. »Ich stand daneben und hörte ihren Teil des Gesprächs. ›Deine Mutter fickt schorfige Nazischwänze und schlürft Hitlers kalten Samen.‹ Zugegeben, sie hatte Nein gesagt, aber was für eine Logik verbirgt sich hinter so was?«
    »Erinnern Sie sich an den Namen des Magazins?«, fragte ich.
    »Glauben Sie, ein Journalistentyp hat China ermordet, weil sie gemeine Sachen zu ihm gesagt hat? Jetzt machen Sie mal halblang.«
    »Ich bin sicher, Sie haben Recht«, erwiderte ich. »Aber falls der Herausgeber ein Fan war, hat er vielleicht eine Idee.«
    »Egal«, sagte er. »Sie haben offenbar viel Zeit … irgendwas mit Groove – GrooveRut oder GrooveRat. Er hat uns ein Heft geschickt, und wir haben es weggeschmissen. Billige kleine Desktopgeschichte, ist wahrscheinlich inzwischen schon eingegangen.«
    »Was war der Tenor des Artikels?«
    »Wir wären Genies.«
    »Haben Sie den Ausschnitt aufgehoben?«
    »Oh, natürlich«, sagte er. »Zusammen mit meinen Grammys und meinen Platinplatten.«
    Er sprang auf, zog an der Zigarette, hustete und marschierte mit gebeugten Schultern zu der Traubengelee-Tür. Stieß sie auf und ging zurück an die Arbeit.

14
    Ich fuhr zu einem Zeitungskiosk an der Selma Avenue und suchte nach GrooveRat. Fünfzehn Meter Kiosk mit jeder Menge alternativer Publikationen und Zeitungen in zwei Dutzend Sprachen, aber kein Zeichen von dem Blättchen. Ich fragte den Sikh-Inhaber, und er sagte, er hätte nie davon gehört, aber ich hätte vielleicht mehr Glück in dem Comicladen/Piercingstudio drei Häuserblocks den Hollywood Boulevard hoch.
    Ich fuhr an dem Laden vorbei, entdeckte ein GE- SCHLOSSEN-Schild, das hinter einem Ziehharmonika-Gitter kaum sichtbar war, und fuhr nach Hause zurück, wobei ich mich fragte, ob Paul Brancusis Bemerkung über zu viel Zeit den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.
    Je länger ich darüber nachdachte, desto schwächer kamen mir die Verbindungen zwischen den beiden Fällen vor. Ich zog die anderen drei Fälle in Betracht, die ich beim Websurfen entdeckt hatte.
    Der einzige andere Mordfall in L.A. war der des alten Saxophonisten Wilfred Reedy, und es hatte keine Hinweise darauf gegeben, dass er kurz vor einem Comeback oder einem Karriereaufschwung gestanden hätte. Der Mörder von Valerie Brusco, der Töpferin aus Oregon, war erwischt worden und ins Gefängnis gekommen, und Angelique Bernet, die Balletttänzerin – eine junge Frau, der tatsächlich eine Karrierechance angeboten worden war –, war dreitausend Meilen weit entfernt in Massachusetts umgebracht worden.
    Zwischensumme: null. Immer noch kein Grund, Milo zu stören; er hatte alle Hände voll damit zu tun, gegen Everett Kipper zu ermitteln – nach meinem Dafürhalten der sicherste Kandidat für den Mord an Julie.
    Es wurde Zeit fürs Abendessen, aber ich hatte keinen Hunger. Die Stimme eines anderen Menschen hätte lindernd gewirkt, aber Allison arbeitete heute Abend in dem Hospiz.
    Vielleicht täte ich gut

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