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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Bangsley mit Ms. Maranga in einer Band gespielt. China Whiteboy.«
    »Ach, das. Sie ist tot, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Was soll ich Mr. Bangsley also sagen?«
    Ich rasselte meinen Spruch von der Beratertätigkeit für die Polizei in L. A. herunter und erklärte ihr, dass ich Bangsley ein paar Fragen stellen wolle.
    »Ich werde ihm mit Sicherheit Bescheid sagen.«
    Ich erreichte Paul Brancusi an seinem Schreibtisch.
    Er sagte: »Nach all dieser Zeit wird endlich etwas unternommen?«
    »Sie haben den Eindruck, am Anfang sei nicht genug unternommen worden?«
    »Die Cops haben nie herausbekommen, wer es gewesen ist, oder? Was mir zu schaffen gemacht hat, war, dass sie nicht mal mit uns reden wollten. Obwohl wir China nahe gestanden haben – näher als irgendjemand sonst, mit Ausnahme ihres Vaters vielleicht.«
    »Nicht ihrer Mutter?«
    »Ihre Mutter ist tot«, sagte er. »Sie ist ein Jahr vor China gestorben. Ihr Vater ist auch tot – Sie wissen nicht viel darüber, nicht wahr?«
    »Ich fange gerade erst an. Was halten Sie davon, mich ins Bild zu setzen? Ich komme bei Ihnen vorbei.«
    »Hab ich Sie richtig verstanden: Sie sind was – ein Seelenklempner?«
    Ich gab ihm eine längere Erklärung als der Empfangsdame von Hearth and Home.
    »Warum jetzt?«, fragte er.
    »Chinas Tod könnte etwas mit einem anderen Mord zu tun haben.«
    »Tatsächlich?«, sagte er. »Also spielt sie jetzt eine Rolle. Und ich soll mit Ihnen reden, weil …«
    »Weil ich wirklich daran interessiert bin, mit Ihnen zu sprechen.«
    »Wie aufregend.«
    »Nur ein kurzes Gespräch, Mr. Brancusi.«
    »Wann?«
    »Wann Sie wollen.«
    »In einer Stunde«, sagte er. »Ich werde vor dem H-B-Gebäude stehen. Ich habe ein rotes Hemd an.«
    Haynes-Bernardo Productions residierte in einem massiven Bau aus rosafarbenen Ziegeln und blauen Kacheln auf der Ostseite des Cahuenga Boulevard, unmittelbar vor den Universal Studios, wo Hollywood dem Valley Platz macht.
    Das Gebäude hatte keine Ecken. Keine Symmetrie irgendwelcher Art. Nur Kurven und Schwünge und parabolische Verwegenheit, unterbrochen von merkwürdig geformten, willkürlich angeordneten Fenstern. Die Vision eines Trickzeichners. Kokospalmen flankierten eine trapezförmige Eingangstür in der Farbe von Traubengelee, und ein dreißig Meter langes, aus Ziegeln gemauertes Hochbeet mit Begonien im Überlebenskampf verlief an der Vorderfassade entlang.
    Ein Mann in einem übergroßen roten Flanellhemd, ausgebeulter Bluejeans und dreckigen Freizeitschuhen saß auf dem Rand des Hochbeets und zog an einer Zigarette.
    Als ich auf ihn zuging, sagte er: »Sie haben sich beeilt.«
    »Ich bin motiviert«, erwiderte ich.
    Er musterte mich eindringlich.
    Paul Brancusi hatte sich weniger verändert als Christian Bangsley. Er war immer noch dürr und bleich und hatte seinen langen und ungekämmten Haaren, die von Natur aus die Farbe von Spülwasser hatten, eine Bronzetönung verliehen.
    Seine Zigarette haftete an einer aufgesprungenen Unterlippe. Eine verkrustete Herpeswunde saß unter einer Hakennase. Ein blauschwarzes Kreuz war auf seine rechte Hand tätowiert, in seinem linken Ohrläppchen hing ein Edelstahlstecker. Mindestens ein halbes Dutzend verheilter Piercinglöcher offenbarten sich als kleine schwarze Flecken auf seiner Nase, den Augenbrauen und dem Kinn. Jemand, der nie gesehen hatte, wie er früher aussah, hätte sie für große Poren halten können.
    Eine John-Lennon-Brille verlieh seinen Augen einen versonnenen Blick, sogar während er mich musterte.
    Er zog eine Packung Rothman Filter aus der Tasche und bot sie mir an.
    »Nein, danke.« Ich setzte mich neben ihn.
    »Wer ist sonst noch ermordet worden?«, fragte er.
    »Tut mir Leid, ich kann nicht ins Detail gehen.«
    »Aber Sie wollen, dass ich mit Ihnen rede.«
    »Sie wollen, dass der Mord an China aufgeklärt wird.«
    »Was ich will und was dann passiert, stimmt nicht oft überein«, sagte er.
    Die versonnenen Augen waren düster geworden. Sein Rücken wurde rund wie unter einem schrecklichen Gewicht. Sein Aussehen und seinen Tonfall kannte ich. Jahre akkumulierter Enttäuschung. Ich stellte ihn mir vornübergebeugt an seinem Zeichentisch vor, wie er die Lumpkins ins Leben rief. Aufgedreht, aber freundlich. Zwerchfellerschütternde Situationen.
    Brancusi zog eine Zigarette heraus und zündete sie am Stummel der alten an. Seine Wangen wurden hohl, als er den Rauch verschlang. »Was wollen Sie wissen?«
    »Zunächst einmal, haben Sie irgendwelche

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