Blutnacht
wird er es nie schaffen. Wenn er sagt, er möchte schreiben, gibt es eine Chance. Das könnte zu unserem Drehbuch mit dem verbitterten Fan passen: jemand, der auf das äußere Drum und Dran der Kreativität abfährt.«
Petra lächelte. »Blutegel am Leib der Kunst.« Jahre zuvor hatte sie als Malerin gearbeitet. »Das gefällt mir.«
»Also reden wir von zwei Möglichkeiten«, sagte Milo. »Eine umgeschlagene Rettungsphantasie oder pathologische Eifersucht.«
»Oder beides«, erwiderte ich. »Oder ich liege völlig falsch.«
Petra lachte. »Sagen Sie das nicht im Zeugenstand, Doktor.« Sie nahm sich ein Stück Waffelbrot, biss mit ihren scharfen weißen Zähnen eine Ecke ab und kaute langsam. »Yuri Drummond sprach davon, dass sein Magazin die Essenz der Kunst einfinge. Als er begann, mich nach den blutigen Details zu löchern, hätte das – in psychologischer Hinsicht – bedeuten können, dass er den Tatort wieder aufsucht.«
»Ein Egotrip«, sagte Milo. »Wie ein Brandstifter, der herumsteht und den Flammen zuschaut.«
»Hat Drummond die Story über Baby Boy geschrieben?«, fragte ich.
»Ich glaube, er hat mir erzählt, ein Autor hätte das getan«, sagte Petra. »Alles, was ich mir aufgeschrieben habe, war der Name des Kerls. Zu dem Zeitpunkt schien es nicht relevant zu sein.« Sie legte ihre Serviette auf den Tisch. »Es wird Zeit, dass ich den Kerl überprüfe und mir mein Gehalt verdiene. Das war lecker, Milo. Ich möchte mir die Rechnung mit Ihnen teilen.«
»Vergessen Sie’s.«
»Sind Sie sicher?«
»Ich bin ein Radscha«, sagte er. »Machen Sie sich auf die Suche. Und melden Sie sich.«
Petra berührte kurz Milos Schulter, bedachte mich mit einem Lächeln, drehte sich um und ging zur Tür.
Stahl stand auf und folgte ihr nach draußen. Während der gesamten Unterhaltung hatte er kein Wort gesagt.
18
Der schweigsame Typ. Manche Frauen glaubten, ihnen gefiele das.
Petra hatte geglaubt, ihr gefiele das. Aber mit Stahl zu arbeiten stellte sich als aufreibende Erfahrung heraus.
Der Mann sagte nie etwas, es sei denn, man sprach ihn an, und sogar dann hob er von seinem verbalen Bankkonto jedes Mal nur eine kleinliche Silbe ab.
Und jetzt saßen sie hier im Wagen und fuhren weg von dem Treffen mit Milo und Alex, während dort eine angeregte Diskussion hätte stattfinden sollen. Stahl starrte aus dem Beifahrerfenster und rührte sich nicht.
Was? Hielt er nach einem weiteren gestohlenen Wagen Ausschau? In einer Woche hatte er zwei entdeckt, und in dem zweiten hatte ein Beifahrer gesessen, der per Haftbefehl wegen Mordes gesucht wurde, was Pluspunkte für sie beide bedeutete. Aber wenn das Stahls Uhr zum Ticken brachte, hätte er sich für eine Versetzung ins Dezernat für Autodiebstahl bewerben sollen.
Warum er sich das Morddezernat ausgesucht hatte, war ihr unklar. Warum er die Sicherheit eines Jobs bei der Army für die Straßen von L.A. aufgegeben hatte, war ein noch größeres Fragezeichen.
Sie hatte ein paar höfliche Fragen zu stellen gewagt. Jeder Versuch, die Schale zu knacken, hatte ein Ei aus Granit offenbart.
Nicht dass Eric ein großer alter stoischer Macho mit offenkundigen Dominanzbedürfnissen oder Gier nach Ruhm gewesen wäre. Im Gegenteil, er hatte von Anfang an klargemacht, dass Petra die Seniorpartnerin war.
Und anders als die meisten Männer wusste er, wie man sich entschuldigte. Selbst wenn es nicht nötig war.
Sie waren seit zwei Tagen Partner, als Petra etwas zu früh ins Büro kam und Stahl an seinem Schreibtisch vorfand, wie er eine gefaltete Zeitung las und Kräutertee trank – das war ein weiterer Punkt, er trank keinen Kaffee, und wenn irgendetwas dem Moralkodex der Detectives zuwiderlief, dann war es eine Koffeinphobie.
Als er sie wahrnahm und hochschaute, spürte Petra ein gewisses Unbehagen – die leiseste Andeutung von Unruhe – in seinen ausdruckslosen braunen Augen.
»Hallo, Eric.«
»Das war nicht meine Idee«, sagte er und reichte ihr die Zeitung. Ein kurzer Artikel war mit schwarzem Filzstift eingekringelt.
Eine Zusammenfassung des Mordes unter den rivalisierenden armenischen Straßenbanden. Als Ermittlerin war sie angeführt. Neben Eric Stahl.
Der Fall war einige Zeit vor Stahls Ankunft unter Dach und Fach gebracht worden. Irgendjemand – vielleicht ein PR-Trottel des Departments oder sogar Schoelkopf, der Petra eins auswischen wollte – hatte das Verdienst durch zwei geteilt.
»Machen Sie sich keine Gedanken deswegen«, sagte Petra.
»Es
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