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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ihn nicht ernst genommen, weil er sich wie ein unausstehlicher Bengel anhörte. Er hat mir erzählt, er hätte Baby Boy nie persönlich getroffen, aber ein Porträt von ihm gebracht.«
    »Wie bei China«, sagte Milo. »Hat Baby Boy ihm auch einen Korb gegeben?«
    »Das hab ich ihn nicht gefragt. Er behauptete, Interviews entsprächen nicht dem Stil der Zeitschrift, sie wären an der Essenz der Kunst interessiert, nicht an der Person, oder einen ähnlichen Blödsinn. Er klang, als wäre er zwölf.«
    »Was wollte er von Ihnen?«, fragte ich.
    »Die blutigen Details.« Sie runzelte die Stirn. »Ich hielt ihn für einen pubertären Jungen mit schaurigen Gelüsten und hab ihn abgewimmelt.«
    Milo sagte: »Wäre interessant zu wissen, ob er je über Julie Kipper geschrieben hat.«
    »Allerdings«, erwiderte Petra.
    »Ich habe versucht, eine Ausgabe von GrooveRat an dem großen Zeitungskiosk auf der Selma zu finden«, sagte ich, »aber da gab es keine. Der Inhaber empfahl mir einen Comicladen auf dem Boulevard, aber der hatte zu.«
    »Wahrscheinlich ein windiges kleines Unternehmen«, murmelte Milo.
    »Genau das hat Chinas Bandkollege gesagt. Er hat auch kein Belegexemplar aufgehoben.«
    »Yuri Drummond … klingt wie ein erfundener Name. Was will er damit, Kosmonaut werden?«
    »Alle erfinden sich selbst neu«, sagte Petra. »Das ist typisch für L.A.« Sie warf Stahl einen Blick zu. Er reagierte nicht.
    »Besonders, wenn sie vor etwas davonlaufen«, erwiderte ich.
    »GrooveRat «, sagte sie. »Was heißt das also? Ein Fan, der durchgedreht ist?«
    »Jemand, der sich in die Karrieren der Opfer hineingesteigert hat. Vielleicht jemand, dessen Identität in die Kreativität anderer verstrickt ist. Als ›Blutegel am Leib der Kunst‹ beschrieb Julie Kippers Exmann Kritiker, Agenten, Galeristen und all die anderen Zulieferer der kreativen Welt. Das Gleiche kann man von fanatischen Anhängern sagen. Manchmal verwandelt sich Gefolgschaft in geschäftliche Arrangements – Präsidenten von Fanclubs, die Memorabilien verkaufen –, aber der Kern bleibt emotional: Berühmtheit durch Assoziation. Bei den meisten Leuten ist ihre Schwärmerei als Fan eine Affäre, die beendet ist, wenn sie erwachsen werden. Aber bestimmte Borderline-Persönlichkeiten werden nie erwachsen, und was als harmlose EgoSubstitution beginnt – der Junge steht vor einem Spiegel, spielt eine imaginäre Gitarre und hält sich für Jimi Hendrix kann sich in ein psychologisches Kidnapping verwandeln.«
    »Und was wird gekidnappt?«, fragte Milo.
    »Die Identität des Bewunderten. ›Ich kenne den Star besser als er sich selbst. Wie kann er es wagen, zu heiraten/sich zu verkaufen/nicht auf meinen Rat zu hören?‹«
    »Wie kann er es wagen, mein großzügiges Angebot eines Interviews auszuschlagen«, sagte Petra. »Pubertierende sind die größten Fanatiker, richtig? Und Yuri Drummond klang pubertär. Die Tatsache, dass er ein Fanmagazin veröffentlicht, macht ihn zu einem Angehörigen des harten Kerns.«
    »Desktop-Publishing ist gehobener harter Kern«, sagte ich. »Kauf dir einen Computer und einen Drucker, und auch du kannst ein Medienzar sein. Ich weiß, dass sich die Opfer in demographischer Hinsicht stark voneinander unterscheiden, aber ich hab die ganze Zeit gedacht, dass das entscheidende Moment ihr Karrierestatus ist: sprungbereit. Wenn der Mörder nun Gefallen an ihnen fand, gerade weil sie keine Stars waren? Sich Rettungsphantasien hingab – er würde sie zu Stars machen, indem er über sie schrieb. Sie wiesen ihn zurück, also unterbrach er ihren Aufstieg. Vielleicht hat er sich selbst eingeredet, sie hätten sich verkauft.«
    »Oder«, sagte Petra, »da wir über nachempfundenes Talent sprechen, vielleicht war er selbst ein aufstrebender Künstler und hat sich vor Eifersucht verzehrt.«
    »Aufstrebender Gitarrist, Maler, Sänger und Pianist?«, sagte Milo.
    »Ein echter Größenwahnsinniger«, erklärte sie.
    Alle drei Detectives sahen mich an.
    »Es wäre möglich«, sagte ich. »Ein Dilettant, der von Spiel zu Spiel hüpft. Vor einigen Jahren hatte ich einen Patienten, einen erfolgreichen Schriftsteller. Es verging kaum eine Woche, ohne dass er jemanden traf, der vorhatte, den großen amerikanischen Roman zu schreiben, wenn er nur dazu Zeit hätte. Dieser Mann hatte seine ersten vier Bücher geschrieben, während er zwei Jobs hatte. Etwas, das er zu mir gesagt hat, ist hängen geblieben: Wenn jemand sagt, er möchte ein Schriftsteller werden,

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