Blutnacht
wissen wirklich, wie man eine Frau behandelt, Milo.«
»Für die Hollywood Division nur das Beste.«
Sie hatte wie üblich den schwarzen Hosenanzug an, trug den bräunlichen Lippenstift und das unscheinbare, matte Make-up. Ihre kurzen schwarzen Haare glänzten, und ihre Augen leuchteten. Wie Milo hatte sie einen prall gefüllten Aktenkoffer mitgebracht. Seiner war rissig und grau, ihrer schwarz und eingeölt.
Sie winkte mir zu. »Hi, Alex.« Dann drehte sie sich halb zur Seite, als ein Mann mit gebeugten Schultern den Raum betrat. »Jungs, das ist mein neuer Partner, Eric Stahl.«
Stahl trug ebenfalls Schwarz. Ein ausgebeulter Anzug über einem gestärkten weißen Hemd und einer dünnen grauen Krawatte. Er hatte eingefallene Wangen und Augen, die so tief in seinem Kopf saßen wie bei einem Blinden. Sein stachliger Bürstenschnitt hatte eine dunkelbraune Schattierung, die einen halben Farbton heller war als Petras ebenholzfarbene Haare, aber es war eine schöne Nuancierung. Er war ein paar Jahre älter als Petra, aber wie sie war er schlank mit heller Haut. Stahls talgige Blässe wirkte kränklich im Kontrast zu Petras frischem, kosmetischem Kabuki-Gesicht. Wären nicht rosige Flecken auf seinen Wangen gewesen, hätte er aus Wachs geformt sein können.
Er musterte den Raum. Glanzlose, träge Augen.
Milo sagte: »Hey, Eric.«
Stahl sagte mit leiser Stimme: »Hey«, und richtete seinen Blick auf den Tisch.
Drei Gedecke.
Milo sagte: »Ich lasse für Sie decken.«
»Ein Stuhl reicht, Eric wird nichts essen«, erklärte Petra.
»Ach ja?«, sagte Milo. »Mögen Sie kein indisches Essen, Eric?«
»Ich hab schon gegessen«, erwiderte Stahl. Seine Stimme passte zu seinen Augen.
»Eric isst nicht«, sagte Petra. »Er behauptet es zwar, aber ich hab’s nie gesehen.«
Die lächelnde Frau brachte volle Schüsseln herein. Milo schlang, Petra und ich bedienten uns zurückhaltend, Eric Stahl legte seine Hände flach auf den Tisch und studierte seine Fingernägel.
Stahls Gegenwart schien jeglichen Smalltalk zu unterbinden. Deshalb kam Milo direkt zur Sache, ließ Julie Kippers Akte herumgehen und fasste die wenigen Informationen zusammen, die er zu Vassily Levitch hatte.
Die beiden Detectives aus Hollywood hörten es sich kommentarlos an. Milo fragte: »Könnten Sie Baby Boy rekapitulieren?«
Petra sagte: »Klar.« Ihr Bericht war präzise, auf die wichtigen Einzelheiten konzentriert. Der knappe Vortrag machte deutlich, wie wenig sie zu Tage gefördert hatte, und als sie fertig war, machte sie einen besorgten Eindruck.
Stahl blieb stumm.
Milo sagte: »Hört sich zumindest so an, als passte er zu dem Mord an Levitch. Was sagt der Psycho-Weise dazu, Alex?«
Ich fasste die Mordfälle außerhalb L.A.s rasch zusammen, erwähnte Wilfred Reedy nur am Rande, weil der Mord an ihm mit der Drogenszene zusammenzuhängen schien, und kam auf China Maranga zu sprechen. Als ich der Vermutung Ausdruck verlieh, sie wäre vielleicht von jemandem verfolgt worden, ohne es zu wissen, hörten die drei mir aufmerksam zu, reagierten aber nicht.
Ein Trio ausdrucksloser Gesichter; wenn ich Recht hatte, türmten sich Berge von Arbeit vor ihnen auf.
»In der Nacht, als China verschwand«, sagte ich, »verließ sie das Studio in einer miesen Stimmung und wahrscheinlich stoned. Unter den besten Umständen konnte sie unangenehm werden, und sie war bekannt dafür, ohne jede Vorwarnung ihre Laune an Leuten auszulassen. Hier ein sehr gutes Beispiel: Sie weigerte sich, einem Fanmagazin ein Interview zu geben, aber der Herausgeber war hartnäckig und hat die Story trotzdem gebracht. Der Artikel war des Lobes voll, und zum Dank ruft China den Kerl an und beschimpft ihn. Auf üble Weise, wie mir ein Mitglied ihrer Band berichtete. Sie hatte kein Gefühl für ihre persönliche Sicherheit und lebte mit vollem Risiko. Das und ein großer Wutanfall in der falschen Umgebung könnten sich als tödlich erwiesen haben.«
»Wie hieß das Fanmagazin?«, fragte Petra.
»Irgendwas mit GrooveRat. Ich habe danach gesucht, konnte es aber -*
Ihre schlanken weißen Finger auf meinem Handgelenk ließen mich mitten im Satz innehalten.
»GrooveRat hat einen Artikel über Baby Boy geschrieben«, sagte sie. Sie öffnete ihren Aktenkoffer, zog eine blaue Mordakte hervor und blätterte darin. »Der Herausgeber ließ auch bei mir nicht locker. Eine richtige Nervensäge, rief immer wieder an, löcherte mich nach Einzelheiten … hier haben wir ihn: Yuri Drummond. Ich hab
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