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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sagte Alex. »Er kam nur ab und zu vorbei. Er war freundlich, immer am Lächeln. Aber das Lächeln eines Bluesmanns.«
    »Soll heißen?«
    »Traurig, resigniert. Robin hat mir erzählt, dass er schwere Zeiten durchgemacht hat. Zweimal bin ich reingekommen, als er gespielt hat. Die beste Gitarre, die ich im ganzen Jahr gehört habe. Er hatte ein unglaubliches Gespür für Phrasierungen – nicht viele Noten, aber die richtigen.«
    Redete wie ein Musiktyp – Petra hatte fast Wort für Wort das Gleiche von den Bandmitgliedern des großen Mannes gehört.
    Sie erinnerte sich: Alex spielte Gitarre.
    »Schwere Zeiten«, sagte sie. »Was können Sie mir sonst noch über ihn sagen?«
    »Das ist so gut wie alles. Robin hat seine Gitarren um sonst repariert, weil er immer pleite war. Er machte immer eine Show daraus, ihr einen Schuldschein auszustellen und zu überreichen, aber meines Wissens hat sie keinen davon eingelöst. Haben Sie eine Idee, wer es gewesen ist?«
    »Nein. Das ist der Grund, weshalb ich jeder Kleinigkeit nachgehe. Ist Robin in der Nähe?«
    Mehrere Sekunden verstrichen. Dann: »Sie wohnt nicht mehr hier, Petra. Wir haben uns vor ein paar Monaten getrennt.«
    »Oh.«
    »Einvernehmliche Entscheidung, es funktioniert«, sagte er. Aber er hörte sich nicht so an, als ob er es ernst meinte. »Ich gebe Ihnen ihre Nummer.«
    Petras Wangen waren heiß geworden. Nicht aus Verlegenheit. Aus Zorn. Noch eine Burg zerbröckelt.
    »Klar«, sagte sie.
    »Sie hat ein Haus in Venice. Rennie Avenue, im Norden der Rose. Es ist ein Zweifamilienbungalow, das Studio ist im südlichen Teil.«
    Petra notierte sich die Adresse und bedankte sich bei ihm.
    »Ich glaube, sie ist nicht in der Stadt, Petra. Sie war einen großen Teil des letzten Jahres mit der Kill Famine Tour unterwegs.« Pause. »Sie hat einen Mann kennen gelernt.«
    »Tut mir Leid«, platzte Petra heraus.
    »So was kommt vor«, sagte er. »Wir haben beschlossen … unsere Unabhängigkeit auszuprobieren. Jedenfalls ist dieser Mann Gesangspädagoge, und er ist auch viel unterwegs. Sie sind in Vancouver. Ich weiß es, weil sie angerufen hat, um mir zu sagen, dass sie mit Spike dort zu einem Tierarzt geht. Zahnschmerzen.«
    Petra erinnerte sich an den Hund. Eine süße französische Bulldogge. Eine Chance, das Thema zu wechseln. »Autsch. Ich hoffe, es geht ihm besser.« »Ich auch … jedenfalls sind sie morgen wieder zurück, glaube ich.«
    »Okay, danke.«
    »Keine Ursache. Viel Glück bei dem Fall. Grüßen Sie Robin von mir.«
    »Mach ich«, sagte Petra, die die Verbindung unbedingt beenden wollte. »Passen Sie gut auf sich auf.«
    »Sie auch.«
    Er legte auf. Petra blendete den Anruf aus und ging zum x-ten Mal die Einzelheiten von Baby Boys Ableben durch. Dann verließ sie das Revier und holte sich was zum Mittagessen. Einen fettigen Hamburger in einem Schuppen an der Vine Street, der mit Sicherheit eine Enttäuschung sein würde.

4
    Als ich zum ersten Mal mit Allison Gwynn schlief, kam ich mir wie ein Ehebrecher vor.
    Vollkommen irrational. Robin und ich lebten seit Monaten getrennt. Und inzwischen war sie mit Tim Plachette zusammen.
    Aber wenn die Berührung, das Gefühl, der Geruch von jemandem in deinem Innersten eingebettet ist …
    Falls Allison mein Unbehagen spürte, verlor sie kein Wort darüber.
    Ich lernte sie kennen, kurz bevor sich das Ende meiner Zeit mit Robin ankündigte. Ich hatte Milo bei der Aufklärung eines zwanzig Jahre alten Mordfalls geholfen. Jahre zuvor, im Alter von siebzehn Jahren, war Allison von einem Mann sexuell missbraucht worden, der in dem Fall eine Rolle spielte. Ihr Mentor am College war ein alter Freund von mir, und er fragte sie, ob sie mit mir reden wolle. Sie dachte darüber nach und stimmte zu.
    Sie gefiel mir sofort – ich bewunderte ihren Mut, ihre Aufrichtigkeit, ihre sanfte Art. Ihr Aussehen war so bemerkenswert, dass es nicht zu übersehen war, aber seinerzeit begrüßte ich es als abstrakte Qualität.
    Eine Haut wie Elfenbein, prägnante Wangenknochen, ein breiter, kräftiger Mund, die herrlichsten hüftlangen schwarzen Haare, die ich je gesehen hatte. Riesige mitternachtsblaue Augen, die eine wache Neugier ausstrahlten. Sie war auch Psychologin. Diese Augen, nahm ich an, würden ihr gute Dienste erweisen.
    Sie wuchs als einzige Tochter eines stellvertretenden Generalstaatsanwalts in Beverly Hills auf, ging zur Penn und machte dort ihren Abschluss als Dr. phil. In ihrem letzten Jahr lernte sie einen

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