Blutnacht
Brophy angerufen habe und wissen wolle, ob sie noch irgendeine Verwendung für ihn habe.
Sie lachte und trennte die Verbindung.
Die nächsten Tage wurden von weiteren üblichen Verfahrensschritten in Anspruch genommen – jede Menge Transpiration, keine Inspiration. Petra tat die Speiseröhre weh, und ihr dröhnte der Kopf. Der Fall begann diesen hässlichen Gestank eines schwer aufzuklärenden Verbrechens anzunehmen.
Um ein Uhr am Montagmorgen saß sie an ihrem Schreibtisch und schlug Baby Boys Terminkalender auf.
Der schwarze Kunstlederband war, abgesehen von spärlichen Mahnungen, Lebensmittel einzukaufen, Wäsche abzuholen und »J. T. anzurufen«, praktisch leer.
Lee hielt den Kontakt zu Jackie True aufrecht. Worauf hoffte er?
Dann kam Petra zur Woche des Mordes. Eine einzige Notiz ging über alle sieben Tage: die großen, nach rechts geneigten Blockbuchstaben, die sie inzwischen als Baby Boys Schrift erkannte. Aber größer, mit dickem schwarzem Filzstift hingeschrieben.
GIG IM S. P.
Kein Ausrufezeichen, aber es hätte durchaus eins dastehen können. Lees Begeisterung war am Format abzulesen.
Petra schlug eine Seite zum heutigen Datum um. Zwei Einträge, viel kleinere Buchstaben. Baby Boy beim Planen einer Zukunft, die nie kommen würde.
Gold, Rush Studios? $$$?
Das machte Sinn. Jackie True hatte ihr erzählt, dass Baby Boy immer noch Feuer und Flamme war und vorhatte, einen Teil seines Konzerthonorars für eine Aufnahme auszugeben.
»Das Traurige war«, hatte True stirnrunzelnd gesagt, »Baby hat nicht begriffen, wie wenig Studiozeit ihm der Gig einbringen würde, nachdem ich die Band und alles andere bezahlt hatte.«
»Was ist alles andere?«
»Leihgebühr für die Ausrüstung, der Tonmann, der Junge, der unser Zeug transportiert hat.« Kurzes Zögern. »Mein Anteil.«
»Nicht viel übrig«, sagte Petra.
»Von Anfang an nicht viel.«
Der zweite Eintrag stand unter Mittwoch, und der sah nach einem Termin aus:
RC wegen Instr., Tele, J-45.
Petra wusste inzwischen, dass Baby Boy Fender Telecasters spielte, also war das eine Verabredung mit einem Instrumentenmacher.
Dann ging ihr angesichts der Initialen ein Licht auf.
RC. Alex Delawares Freundin Robin Castagna baute und reparierte Gitarren, und nach dem, was Alex Petra erzählt hatte, wurde sie hinzugezogen, wenn ernsthafte Musiker Probleme mit ihrem Gerät hatten.
RC. Das musste sie sein.
Petra bezweifelte, dass Robin irgendein Licht auf den Fall werfen konnte, aber sie hatte keine anderen Hinweise und machte sich eine Notiz, um sie morgen anzurufen.
Sie ging früh nach Hause und dachte an das coole weiße Haus, wo Alex und Robin derzeit am Beverly Glen wohnten.
Apropos feste Beziehung, wenn das nicht eine war, zwischen den beiden.
Robin war, anders als andere Leute, klug genug gewesen, sich einen zuverlässigen Typen zu angeln. Mit viel Glück, insbesondere weil der Typ ein Psychofritze war, und Petra hatte den Verdacht, dass die meisten Psychofritzen mit hohem Pflegeaufwand verbunden waren.
Außerdem sah Alex gut aus – ein weiterer Indikator für hohen Pflegeaufwand. Aber trotz alledem hatte er eine … eine solide Art an sich. Ein bisschen von der ernsten Sorte, aber das war besser als die egoistische Exzentrik, die Männer in L.A. zu befallen schien.
Petra hatte eine Zeit lang nicht mit Alex gesprochen. Sie hatte erwogen ihn anzurufen, als Billys Absetzbewegung sie an ihren Fähigkeiten als … Freundin zweifeln ließ. Alex war Billys Therapeut gewesen. Aber dann hatte sie es doch nicht gemacht. Zu viel zu tun.
Nein, das war nicht der wahre Grund. Ob Delaware nun solide war oder nicht, er war immer noch ein Psychofritze, und Petra befürchtete, dass man ihrer Stimme die Traurigkeit anhören könnte und er darauf eingehen und seine Nummer abziehen würde. Und sie war nicht in der richtigen Stimmung für diese Nummer.
Jetzt konnte sie im Windschatten des Mordes den Kontakt ungestraft herstellen.
Am nächsten Morgen rief sie um zehn im weißen Haus an. Alex ging ran und sagte: »Hey, Petra, was liegt an?«
Sie machten ein wenig Smalltalk, Alex fragte nach Billy, Petra log und sagte, alles laufe prima. Dann sagte sie: »Eigentlich will ich Robin sprechen. Ihr Name taucht im Terminkalender des Opfers in einem Mordfall auf, der gerade auf meinem Tisch liegt.«
»Baby Boy Lee?«
»Woher wissen Sie das?«
»Robin hat sich um seine Gitarren gekümmert. Er war ein paar Mal hier. Netter Kerl.«
»Kennen Sie ihn gut?«
»Nein«,
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