Blutnacht
tue, einen glamourösen Anstrich.«
Sie trank einen Schluck Wein, hielt das Glas vor ihre Lippen, senkte es und offenbarte ihr eigenes Lächeln. »Also sind Sie nur ein weiterer Adrenalinjunkie.« Sie fuhr mit einem Finger um den Fuß ihres Glases. »Wenn es Ihnen bloß um den Nervenkitzel geht, warum fahren Sie dann nicht einfach mit Autos über die Rennstrecke oder springen aus Flugzeugen?«
Meine Arbeit war einer der Gründe für den Bruch mit Robin gewesen. Wären wir noch zusammen, wenn ich mich mit Fallschirmspringen zufrieden gegeben hätte?
Während ich mir meine Antwort zurechtlegte, sagte Allison: »Tut mir Leid, ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Ich vermute bloß, dass es Ihnen um mehr als den Nervenkitzel geht. Ich glaube, es gefällt Ihnen wirklich, Dinge in Ordnung zu bringen.«
Ich antwortete nicht.
»Andererseits«, fuhr sie fort, »wer bin ich denn, Erklärungen ohne eine feste Datenbank abzugeben? Als Verhaltenspsychologin und so.«
Sie verlagerte ihr Gewicht, zupfte an ihren Haaren, trank Wein. Ich versuchte, ihr das Unbehagen wegzulächeln, konnte sie aber nicht dazu bringen, dass sie mich ansah. Als sie ihr Glas abstellte, landete ihre Hand näher bei meiner. Zwischen unseren Fingern lagen nur wenige Millimeter.
Dann schloss sich die Lücke – wir bewegten uns beide im Gleichtakt. Berührten uns.
Taten so, als sei es Zufall, und zogen unsere Hände zurück.
Die Wärme von Haut an Haut.
Das blaue Hemd, das ich anstelle des verschwitzten gelben angezogen hatte, wurde allmählich nass.
Allison begann mit ihren Haaren zu spielen. Ich starrte in die Überreste meines Scotchs. Atmete den Alkohol ein. Ich hatte den ganzen Tag nicht viel gegessen, und Whisky auf nüchternen Magen hätte zumindest eine leichte Euphorie auslösen sollen.
Nichts.
Zu verdammt wachsam.
Wie würde das hier weitergehen?
Während des restlichen Abends gaben wir vorsichtig noch ein paar autobiografische Fragmente preis, aßen gut, tranken zu viel und machten einen langsamen Verdauungsspaziergang den Wilshire hoch. Nebeneinander, aber ohne Berührung. Ihre hohen Absätze klickten, und ihre Haare wehten im Takt ihrer Schritte. Ihre Hüften schwangen – nicht wie bei einem Vamp, es war nur die Art, wie sie sich bewegte, und gerade das machte es sexy. Männer sahen sie an. Auf halber Höhe des ersten Blocks legte sich ihre Hand um meinen Bizeps. Eine Ozeanbrise brachte Nebel auf die Straßen. Meine Augen taten mir weh. Unsicherheit.
Unser Gespräch verlief im Sande, und wir legten die nächsten Häuserblocks schweigend zurück, schützten einen Schaufensterbummel vor. Als wir wieder vor unseren Autos standen, gab mir Allison einen zögerlichen Kuss auf die Lippen. Ehe ich mich’s versah, war sie in ihren zehn Jahre alten Jaguar gestiegen und brauste davon.
Zwei Tage später rief ich sie an und lud sie wieder zum Essen ein.
Sie sagte: »Ich habe heute Nachmittag frei und wollte ihn in aller Ruhe zu Hause verbringen. Warum kommen Sie nicht vorbei, und wir essen hier etwas? Das heißt, falls Sie das Risiko eingehen wollen.«
»Ein großes Risiko?«
»Wen kümmert das? Sie sind der Adrenalin-Typ.«
»Gutes Argument«, erwiderte ich. »Kann ich etwas mitbringen?«
»Blumen sind immer eine gute Idee. Das soll allerdings nicht heißen – ich mache Witze, bringen Sie nur sich selbst mit. Und wir halten es ganz zwanglos, okay?«
Sie wohnte in einem spanischen Bungalow an der Fourteenth Street, südlich von der Montana, ein paar Minuten zu Fuß von ihrer Praxis entfernt. Das Schild auf ihrem Rasen, das auf die Alarmanlage hinwies, war nicht zu übersehen, und das schwarze Jaguar-Kabriolett war hinter einem Eisentor geparkt, das die Auffahrt von der Straße trennte. Als ich mich der Haustür näherte, ging das Licht eines Bewegungsmelders an. Vorkehrungen einer allein lebenden Frau. Vorkehrungen einer Frau, die vor zwanzig Jahren missbraucht worden war.
Als ich den Wagen abstellte, dachte ich über Robin nach, die allein zurück nach Venice gezogen war. Korrektur: nicht mehr allein … hör auf, du Idiot.
Ich klingelte an der Tür und wartete mit dem Blumenstrauß in der Hand. In der Annahme, dass Rosen zu voreilig wären, hatte ich ein Dutzend weiße Pfingstrosen ausgesucht. Zwanglos war auf ein olivgrünes Polohemd, Jeans und Turnschuhe hinausgelaufen.
Allison kam in einem limettengrünen Polohemd, Jeans und Turnschuhen an die Tür.
Sie warf einen Blick auf mich, sagte: »Ich glaube es einfach
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