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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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in der Kriegstechnik als auch auf künstlerischem Gebiet bewies. Blaupausen von Geschützverschlüssen mit Stufengewinde sowie visionäre Skizzen von Geschossen mit ungeahnter Sprengkraft teilten sich den Arbeitsraum mit einer Malstaffelei, einer Romanbibliothek, einer Bassgeige und einem Konzertflügel.
    Kenta ließ Kordit, Jod und Ammoniakwasser auf dem Flügel liegen und verbrachte eine Stunde mit dem Studium der Zeichentische. »Seid die Augen Japans«, predigte er bei den seltenen Gelegenheiten, da ihm sein Dienst gestattete, in die Heimat zurückzukehren, in der Spionageschule der Gen'yŏsha. »Nutzt jede Gelegenheit, um zu beobachten. Ganz gleich, ob eure Mission ein Täuschungsmanöver, Sabotage oder Mord ist.«
    Was er sah, machte ihm Angst. Die Zwölf- Zoll-Geschützröhre auf dem Hallenboden konnten Mörsergranaten sieben Meilen weit schießen, wobei ihre Wucht immer noch ausreichte, um fünfundzwanzig Zentimeter dicke Platten des modernsten oberflächengehärteten Panzerstahls zu durchschlagen. Aber hier oben im Zeichenatelier, wo neue Ideen ausgebrütet wurden, gab es erste Skizzen von Fünfzehn- Zoll-Geschützen und sogar die eines über zwanzig Meter langen Monstrums mit Sechzehn-Zoll-Kaliber, das eine Tonne Sprengstoff bis hinter den Horizont zu katapultieren vermochte. Niemand wusste bislang, wie genau man mit einer solchen Waffe zielen konnte, wenn die Entfernungen einfach zu groß waren, um die Schussweite anhand der Wasserfontänen der Fehlschüsse abzuschätzen und zu korrigieren. Doch die kühne Erfindungsgabe, die Yamamoto Kenta in diesen Konstruktionen erkannte, warnte ihn, dass es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis Amerikas Neue Navy vollständig neuartige Artillerietechnologien entwickelte.
    Yamamoto Kenta deponierte einen Stapel Banknoten in der Schreibtischschublade des Waffenkonstrukteurs - fünfzig US Goldzertifikate im Wert von je zwanzig Dollar. Also bedeutend mehr, als ein qualifizierter Facharbeiter in der Waffenfabrik in einem Jahr verdiente.
    Die US Navy war nach der englischen und der deutschen bereits die drittgrößte Kriegsmarine der Welt. Ihre Nordatlantikflotte - schamlos in die Große Weiße Flotte umbenannt worden - zeigte während ihrer herausfordernd demonstrativen Reise um die Welt ihre Flagge. Aber England, Deutschland, Russland und Frankreich waren nicht die Feinde Amerikas. Die wahre Mission der Großen Weißen Flotte bestand darin, dem japanischen Kaiserreich mit seinem stählernen Geschützarsenal zu drohen. Amerika beabsichtigte, die Herrschaft über den Pazifischen Ozean von San Francisco bis Tokio an sich zu reißen.
    Das würde Japan niemals zulassen, dachte Yamamoto Kenta mit einem stolzen Lächeln.
    Erst drei Jahre waren verstrichen, seit der Russisch-Japanische Krieg die Herrschaftsverhältnisse im Westpazifik auf blutige Art und Weise grundlegend verändert hatte. Das mächtige Russland hatte versucht, Japan unter Druck zu setzen. Mittlerweile besetzte das japanische Kaiserreich Port Arthur. Die Ostseeflotte Russlands lag in hundert Metern Tiefe auf dem Grund der Koreastraße westlich der Tsushima-Inseln - was in nicht geringem Maß japanischen Spionen zu verdanken war, die die russische Marine infiltriert hatten.
    Während Yamamoto Kenta die Schublade mit dem Geld schloss, hatte er das unbehagliche Gefühl, beobachtet zu werden. Er schaute über den Schreibtisch hinweg in die herausfordernd blickenden Augen einer schönen Frau, deren Porträtfoto in einem silbernen Stehrahmen steckte. Sofort erkannte er Langners dunkelhaarige Tochter und bewunderte, wie lebensnah der Fotograf ihre ausdrucksvollen Augen eingefangen hatte. Sie hatte das Bild mit der schwungvoll geschriebenen Widmung »Für Vater, den › Gunner ‹ , dem auch die größten Schiffe noch zu klein sind!« versehen.
    Kenta trat zu Langners Bücherregalen hinüber. In dicken Folianten gesammelte und gebundene Patentanträge standen neben einer umfangreichen Auswahl von Romanen. Die jüngsten Patentanträge waren auf einer Schreibmaschine getippt worden. Yamamoto Kenta zog einen Band nach dem anderen aus dem Regal und gelangte schließlich zum letzten Jahr, in dem die Anträge noch handschriftlich verfasst worden waren. Er legte das Buch aufgeschlagen auf den Tisch des Konstrukteurs, holte dann aus einer Seitenschublade einen Bogen Papier und einen Waterman-Füllfederhalter mit Goldfeder heraus. Indem er den handschriftlichen Text immer wieder als Vorlage zu Rate zog, fälschte er einen kurzen,

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