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Blutorangen

Blutorangen

Titel: Blutorangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Ayres
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sie mir an. Wenigstens hatte ich die Nummer des Falls für das Etikett. Ich behielt sie, ohne sie aufzuschreiben, da ich mir Zahlen gut merken kann. Ich bin zweiunddreißig Jahre alt und in zweiunddreißig ist die acht viermal enthalten. HW stand für den zuständigen Gerichtsmediziner Hiro Watanabe, einen Mann, den ich nicht besonders mochte. Daran dachte ich gerade. Nicht an das Protokoll.
    Billy Katchs Fotos von Dwyer’s Kwik Stop Liqueur and Grocery waren hervorragend, das muß man sagen. Außen die blaue Markise. Die Eingangstür mit den Zeitschriften vorne. Die Gänge. Die Theke. Der Handabdruck auf dem Register, obwohl uns Handabdrücke wenig nutzen; das war also sinnlos. Spielautomaten. Die sechs Hülsen am Boden mit grellen Karten daneben.
    Bevor ich mir die anderen Bilder ansah, ging ich in die Cafeteria. Vielleicht hatte ja jemand vergessen, die Kaffeemaschine auszumachen. Wem wollte ich eigentlich etwas vormachen. Ich war einfach noch nicht bereit, mir die Fotos von Jerry anzusehen. In der Kanne war noch eine Pfütze der heißen, schwarzen Flüssigkeit. Ich machte die Maschine aus, füllte Kaffee in einen Plastikbecher und saß einen Moment auf dem Tisch. Ich hatte vergessen, daß der beigefarbene Linoleumboden vom vielen Wachsen so glänzte, daß man die Wellen darin erkennen konnte, weiche Wellen, als ob er extra so verlegt worden wäre, um dekorativ auszusehen.
    Zu meiner Linken hing immer noch der gleiche Comic am schwarzen Brett wie vor meinem Krankenhausaufenthalt: ein Mann, der eine Axt hinter seinem Rücken versteckte und sagte: »Ich liebe jedes Stück an dir, Ethel. Jedes einzelne .« Es war immer noch nicht lustig.
    Als ich mich umdrehte, stand Joe S. in der Tür. Ich wurde rot. Er sagte nichts, sondern sah mich nur an.
    »Joe,« sagte ich, »es tut mir leid. Ich hätte nicht in deinen Akten herumwühlen dürfen.«
    »Stimmt, das hättest du nicht«, sagte er. »Was machst du hier überhaupt? Kommst du nicht gerade aus dem Krankenhaus?« Er sprach nicht laut, aber er war sehr wütend.
    »Ich sagte doch schon, daß es mir leid tut.«
    »Das sollte es auch.« Er hatte seine Hände in seine Hüften gestemmt und sein Jackett stand dahinter ab. Seine kastanienbraune Krawatte war gelockert, und er hatte tiefe Ränder unter den Augen, aber sonst sah er genauso aus wie vor sechs Stunden.
    Ich stand auf und ging zurück in sein Büro, um meine Handtasche zu holen. Die Fotos und die Akte waren weg. Joe stand im Gang und beobachtete mich.
    »Gute Nacht«, sagte ich und ging zur Tür.
    »Miss Brandon«, sagte er hinter meinem Rücken.
    Ich hielt an. Ich wollte ihm nicht ins Gesicht sehen. Hier stand ein Mann, den ich drei Jahre lang geliebt hatte. Für seine Anerkennung würde ich soviel tun wie für niemanden sonst — härter arbeiten, klüger handeln, Weiterarbeiten, wenn andere aufgeben. Und jetzt stand er da wie ein Schulmeister mitten in dem perfekten, sauberen und welligen Gang tind sah auf mich herab.
    Ich zog den Gürtel meiner neuen Lederjacke enger und sagte: »Hau ab, Joe.«
     

Raymond Vega, mein Kollege von der California Highway Patrol, war früh am nächsten Morgen bei Dwyers, stand vor seinem neuen heißen Saleen SB/S 350 und blies in seinen Kaffee. Der schwarze Mustang hatte Scheinwerfer wie aalglatte, gemeine, schmale Augen. Eigentlich ist es ein spezieller Wagen für Kripobeamte und der Vorgesetzte muß einen langen Atem haben, um ihn zu bekommen. Mit der verstärkten Federung prahlt Ray am meisten.
    Ich parkte mein fünf Jahre altes weißes Spielzeug wieder an der Hecke. Die Sonne strahlte auf das blaue Blechdach des Tachostandes nebenan, und der Tau glitzerte. Schon um sieben Uhr morgens brauchte ich eine Sonnenbrille. Raymond stellte den Motor aus als er mich sah. Die Highway Patrol trägt eine beigefarbene Uniform und Raymonds dunklen Haare und sein Schnurrbart passen gut dazu. Wenn ich nochmal geboren würde, hätte ich gerne seinen Teint und auch gerne seine dunklen Augen statt meiner grauen. Die Polizisten und Mitarbeiter des Sheriffs machen sich immer lustig über die California Highway Patrol und nennen sie >bewaffneter Automobilclub<. Sie sagen, ihre Autos sollten eigentlich Abschlepphaken haben. Wenn irgend jemand einen Tatort versaut, dann ist es jemand von der CHP. Aber Ray war nicht hier, um irgendetwas zu untersuchen, das wußte ich.
    Sein Lächeln steckte mich an, als ich auf ihn zuging. Dieser Typ füllt ein Hemd so aus, daß man es nicht mehr bügeln muß. Ein

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