Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutorangen

Blutorangen

Titel: Blutorangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Ayres
Vom Netzwerk:
verschwand aus seinen Augen, als er wieder auf mich schaute. »Woher kennen Sie Cip Rycken, sagen Sie?«
    »Ich habe mal für ihn gearbeitet.«
    »Gearbeitet...«
    »Ich war Stripperin«, sagte ich.
    Er starrte mich eine Zeitlang an und sagte mit einem Grunzen: »Man schaut den Leuten nur ins Gesicht, nicht wahr?«
    »Ja, genau.«
    Er stand auf und schüttete sich heißes Wasser in eine Tasse, legte den Teebeutel hinein und kam dann an den Tisch zurück und bat mir noch einmal etwas an. Mit einer Pinzette nahm er eine kleine, rote Feder aus dem Glasbehälter. Von wo ich saß, konnte ich seine Finger sehen, aber nicht, was er tat.
    Er sagte: »Wo haben Sie die Karte her?«
    »Ich glaube, eine Freundin hat sie mir geschickt.«
    »Irgendwelche Leute könnten diese Karten einfach haben, genauso wie sie Handtücher mitnehmen, die sie gar nicht brauchen. Aber derjenige müßte die Motelkarte lange aufbewahrt haben. Wie kommt es, daß Ihre Freundin nicht — ?«
    »Ich weiß nicht. Ich denke, daß sie in Schwierigkeiten ist. Woher könnte jemand diese Karte haben?«
    »Der einzige Ort, der mir einfällt, wäre mein Wohnmobil. Ich habe ziemlich viele davon in einer Schachtel unter meinem Bett. Ich weiß nicht, warum ich diesen Krempel aufhebe.«
    Mein Gesichtsausdruck muß meine Enttäuschung ausgedrückt haben und auch meine Müdigkeit, da seine sich aufhellte, als er mich fragte: »Sehen Sie dieses kleine Ding hier?« Er hielt eine kleine, leuchtend gelbe Feder hoch. »Die wird mir eine Menge Forellen einbringen, wenn sie den See wieder auffüllen. Die Dürre hat das ganze Wasser aufgesaugt und der gestreifte Barsch hat die Forellen verdrängt, so daß jetzt nur noch Welse übrig sind und die esse ich nicht.«
    Ich stand auf und sagte: »Ich muß jetzt gehen, Mr. Polk, vielen Dank nochmal.«
    »Vielleicht möchten Sie mal an meinen Bohrplatz kommen.« Er stand auch auf. »Es gibt sehr viele Mineralien dort, Miss. Wenn Sie investieren möchten, dann gebe ich Ihnen dazu Gelegenheit. Ich sitze auf einem Ölfeld in über 1 200 Meter Tiefe. Es ist Öl mit großer Schwere und Methangas und davon hole ich mir etwas. Die gottverdammten Iraner und Iraker müssen nicht denken, daß sie die einzigen sind, die Öl haben.«
    »Ich wünsche Ihnen, daß Sie es schaffen«, sagte ich.
    »Vielleicht wollen Sie morgen einmal dort vorbeikommen. Ich beschreibe Ihnen den Weg. Ich kann morgen nicht selber hinfahren, weil ich in der Kirche Diakon bin, und morgen muß ich das Geld zählen.«
    »Ist schon in Ordnung, vielen Dank.«
    »Sind Sie alleine hier?«
    »Ja«, sagte ich mit meiner Hand am Türknopf.
    »Letzte Woche hatten wir hier einen richtigen kalten Wind. Die Wellen auf dem See waren so hoch, daß sie ein Hausboot versenkten.«
    »Das ist ja erstaunlich.«
    »Es ist eine schöne Fahrt am See. Ich wünschte, ich könnte mit Ihnen fahren. Wollen Sie nicht einen Tag warten?«
    »Ich glaube, das kann ich leider nicht. Ich habe Termine.«
    »Aber wenn es regnet, dann führe ich nicht. Durch einen Regentag kann sich die ganze Landschaft ändern.« Er setzte sich wieder an den Tisch und holte einen schwarzen Fischerhaken aus einer quadratischen Blechbüchse und begann mit einem dünnen Draht zu hantieren, den ich kaum sehen konnte, und einer anderen Feder. Und dann sagte er, »Wenn es nicht regnet, würde ich fahren.«
    Sein grauer, rheumatischer Blick war direkt und als er in seinen Tee blies, wußte ich, daß er mir noch etwas sagen wollte. Ich fragte: »Warum, Mr. Polk?«
    »Weil dort zwei Typen für mich arbeiten und auf die Ausstattung aufpassen. Einer davon ist verheiratet und seine Frau kommt mir etwas komisch vor. Vielleicht hat sie Ihnen die Postkarte geschickt.«
    »Dort ist auch eine Frau?«
    »Dort sind zwei Frauen.«
    »Wer sind diese Leute?«
    »Oh, eine Familie, die ein wenig Pech gehabt hat.«
    »Wie alt ist die Frau, die Sie eben meinten?«
    »Ich kann schlecht schätzen. Ich würde sagen ... ach, ich weiß nicht. Im gebärfähigen Alter. Vielleicht 25. Deutsch heißen sie. Die andere würde ich nicht mal im Dunkeln küssen. Aber ich hätte sie gerne um mich, wenn ich jemanden zum Anpacken bräuchte. Sie ist ganz schön kräftig.«
    »Heißt die Jüngere vielleicht Patricia?«
    »Weiß’ ich nicht. Ich höre nicht immer so gut oder vielleicht passe ich auch nicht immer auf. Der Typ mit dem charmanten Lächeln ist Ronnie. Meine kleine Nichte war hin und weg, als sie ihn in der Stadt gesehen hat. Sie ist 16 — Mädchen in

Weitere Kostenlose Bücher