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Blutorangen

Blutorangen

Titel: Blutorangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Ayres
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Weg zu Leisure World nach einer Feier im romantischen an den Klippen gelegenen »Ritz-Carlton«, wo schon alleine der Tee sechs Dollar kostet. Der Sohn, der einzig Überlebende, saß am Wegesrand und sagte zu Raymond: »Dieser Mann war immer dickköpfig, er hat mich nie sein Auto fahren lassen. « Dieser fünfzig Jahre alte Mann mit der nassen Hose und dem Erbrochenen auf seinem Hemd heulte, während er erzählte, sagte Raymond. Und ich hörte, wie Raymond die Geschichte erzählte, während er bei seinem Wagen stand. Der Notarztwagen war bereit abzufahren, und ich beäugte gerade den Highway Polizisten mit den schönen Zähnen und dem Herz aus Eisen und dachte, der findet sich auch ganz toll. Dann sagte Ray noch mal, wie der Mann geheult hatte, wie er schluchzte, wie er sich zu Raymond drehte und sagte: »Der alte Dummkopf, warum ließ er mich nicht fahren?«
    Als ich über die Dover Brücke an der Newport Bay fuhr, sah ich ganz entfernt die Lichterketten und den blaßblauen Bug des nachgebauten Mississippi Bootes, das heute ein Restaurant ist und Reuben E. Lee heißt. Es sah aus wie ein Geisterschiff, und es hätte mich nicht überrascht, ein Skelett auf der Brücke zu sehen, das mit hohlen Augen fragt: »Bist du alleine?«
    Joe hatte angeboten, mich abzuholen.
    Ich fragte: »Wo wohnst du?«
    Er sagte: »Es ist spät.«
    Ich sagte: »Verdammt noch mal, Joe, ich weiß, daß es spät ist.«
    Jetzt war ich auf der Straße mit den Taucher- und Seglerläden, den Büros der Yachtmakler, wie mir die beleuchteten Parkplätze bei der Suche nach der richtigen Abzweigung halfen. Ich fand sie dann die Hospital Street, die nach den Hoag Hospital benannt ist.
    Am Eingang des Wohnkomplexes stand ein Wächter. Es ist das Randgebiet von Costa Mesa, und nicht Lemon Heights, wo Joe und seine Ex-Frau lebten. Hier haben wir einen bemannten Eingang mit einen Wächter, der aussieht wie Ehrlichmann aus der Crew von Nixon oder wie der alte Bart Simpson. Er überprüfte meinen Namen auf der Liste, die auf einem Regal vor ihm lag. Joe hatte wahrscheinlich erst ein paar Minuten vorher meinen Namen durchgegeben. Das Licht von draußen ließ sein Haar wie weißes Weizen aussehen, als er auf meinen Rücksitz schaute, ob ich nicht vielleicht einen Dieb versteckt hätte. Dann ging er zurück in sein Wachhäuschen, und ich wartete darauf, daß die Holzbarriere sich hob, aber sie tat es nicht. Ich schaute zurück. Erst dann sagte er mit einem wissenden Gesichtsausdruck, während seine Hand zum Knopf ging: »Okay, fahren Sie herein. « Er grinste schief und schaute auf seine Uhr.
    Reflektierende Zahlen schimmerten durch die Büsche, die vor jedem Häuserblock standen und mich zu Joes Hausnummer führten. 200 wie 210: Rolands Nummer, nur daß es nicht Rolands Nummer war. Etwas zog sich in mir zusammen. Ich sagte mir selbst, >Denk nicht nach<. Du gehst gerade zu Joe, Joe-Baby, Joe.
    Ich parkte vor einer Hecke und ließ die Zündung an, damit ich das Autotelefon noch benutzen konnte. Ich wählte. Es klingelte einmal. Joe antworte leise mit Hallo.
    »Komm herunter«, sagte ich. »Bitte.«
    Ich wollte nicht zu ihm gehen, obwohl ich ja zu ihm gekommen war. Ich wollte nicht vor den verschlossenen Glastüren stehen, die ich im Rückspiegel sehen konnte und durch eine Gegensprechanlage reden, um hineingelassen zu werden wie eine Haushilfe.
    Die Doppeltüren zu dem Appartement öffneten sich, und ich konnte ihn in meinem Spiegel sehen, wie er auf der Treppe stand, in seiner Jeans, seinem pinkfarbenen Hemd und der blauen Windjacke. Er hielt die Tür mit einem Stopper auf. Ich stieg aus dem Auto und ging über den kleinen Parkplatz. Der Nebel war kalt an meinem Nacken und an meinen Oberschenkeln. Ich überprüfte den Asphalt mit meinem Fuß, obwohl nichts zu sehen war.
    Dann stand er neben mir, und ich sah ihn einen Moment lang an, sein Gesicht, den lieben Schnitt seiner Augen, seine leicht gekrümmte Nase. Er legte den Arm um mich, und ich schmiegte mein Gesicht wie zur Entschuldigung an seine Brust und zitterte.
    »Du bist ja durchgefroren«, sagte er.
    Der Aufzug war nur einige Schritte vom Eingang entfernt. Als wir hochfuhren hielt er mich im Arm und küßte mich, bis sich die Türen öffneten. Seine Lippen waren weich, perfekt, und ich fühlte, wie ich zerfloß, zerschmolz, meine Beine mir versagten, meine Wangen und meine Ohren glühten, so als ob ich eine Erkältung bekäme.
    »Alles in Ordnung?« fragte er, als wir ganz entspannt den Gang heruntergingen.

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