Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
hätte. Die Stiefelspitzen ragten anschließend so
unter der Zudecke hervor, dass es aussah, als würde sie auf dem Bauch liegen.
Noch während sie einige Mal an den weißen Zotteln zupfte, um ihr Werk zu vollenden, begann sich ihr nackter Körper zu verändern. Ihre bleiche Haut, die hell in der Dunkelheit schimmerte, wurde plötzlich dunkler und dunkler. Das lange Haar wurde ebenfalls schwarz, bis es am Ende wie eine Rabenschwinge glänzte. Einzig ihre Augen, die körperlos in der Luft zu schweben schienen, leuchteten noch genauso blau wie zuvor.
Kaum mehr als ein Schemen in der Dunkelheit, erhob sie sich und trat an den verhängten Eingang. Der Orkposten jenseits des Rehfells stand weiterhin unbewegt auf seinem Platz. Er hatte nicht das Geringste von den Veränderungen bemerkt, die drinnen vor sich gegangen waren.
Lächelnd sah Feene zu dem breiten Felsspalt empor, der diese Höhle mit dem angrenzenden Stollen verband. Das Belüftungssystem dieses unterirdischen Labyrinths war recht ausgeklügelt, und das musste es auch sein. Die rotglühende Lava, die überall durch die offenen Rinnen floss, nährte sich von der gleichen Luft wie Orks, Menschen oder Elfen. Für eine aus der Legion der Toten war so ein Lüftungsspalt aber noch weitaus mehr – eine unwiderstehliche Einladung zu einem Ausflug in die Freiheit.
Vom Atem des Himmels erfüllt, sprang Feene lautlos die Wand empor. Ihre Zehen und Finger umschlossen jede noch so kleine Unebenheit. Mühelos kletterte sie bis zu jenem Spalt, durch den ein Ork nicht einmal den Kopf hätte zwängen können. Sie jedoch schob auch die Schultern und den Rest ihres biegsamen Körpers hindurch, ohne sich dabei den kleinsten Kratzer zuzufügen.
Der unter ihr stehende Posten bemerkte nicht einmal, wie sie sich lautlos auf den Rücken drehte und in den rauen, mit groben Hämmern aus dem Fels geschlagenen Bogen der Eingangsnische krallte. Selbst bei einem zufälligen Blick in die Höhe hätte er wohl nur eine flüchtige Bewegung in der Finsternis bemerkt, so schnell glitt Feene in den Gang hinaus. Den Schatten der Deckenwölbung wie einen
festen Schutz nutzend, schlängelte sie sich mit flüssigen Bewegungen weiter, ohne ein einziges Mal innezuhalten.
Unter ihr wirkte alles wie ausgestorben. Sämtliche Bewohner dieses Trakts schienen einer fernen Beschäftigung nachzugehen oder hatten sich in der großen Blutkammer versammelt. Auch der nächste Stollen, der den ihren kreuzte, gähnte ihr vollkommen leer entgegen. Nicht mal ein einziger Ork stand dort auf Posten.
Feene nutzte die Gelegenheit, sich an der Wand herabzulassen und in einer Eingangsnische kurz zu verschnaufen. Ihre Füße und Hände schmerzten noch lange nicht, doch eine gute Kriegerin schonte ihre Kräfte, um im entscheidenden Moment mit aller Macht zuschlagen zu können.
Geschickt das Zwielicht des vor ihr liegenden Tunnellabyrinths nutzend, eilte sie weiter, dem Ort entgegen, der das Geheimnis des Blutstahls barg.
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I n der Blutkammer Unter den Farben ihrer Stämme versammelt, drängten sich die einzelnen Scharen dicht aneinander, damit auch alle Krieger auf der vom Blut umspülten Felszunge Platz fanden. An der Spitze jeder Gruppe stand ein Streitfürst, der von seinem Rechten Arm flankiert wurde, und hinter diesen beiden folgten fünf Erste Streiter, die sich durch besondere Taten ausgezeichnet hatten. Aus dieser starken Handvoll genoss nur einer das Privileg, die Standarte tragen zu dürfen. In Bavas Schar was es ausgerechnet Tabor, obwohl längst jeder wusste, dass die geniale Raublist, der er diese Ehre verdankte, eigentlich von Urok stammte.
Für die Zeit des Kriegsrats ruhten alle Zwistigkeiten zwischen den Madak und den Ranar, aber auch zwischen den Njorm, Goll, Vendur, Gorsk und all den kleineren Clans von Arakia. Selbst Vandall Eishaar
schaute zwar grimmig drein wie eh und je, bezeugte aber weder mit Worten noch mit Gesten, wie feindselig er Bava Feuerhand und den Ranar gegenüberstand.
Urok, der in Front zu dem großen Halbkreis stand, den die versammelten Scharen bildeten, kannte die meisten der anwesenden Gesichter und wusste genau, warum diese Orks zu ihrer jeweiligen Abordnung gehörten. Einzig die Gegenwart von Torg Moorauge verwunderte ihn ein wenig, denn die Zeiten, in denen er eine Schar der Vendur geführt hatte, waren längst vorbei.
Links und rechts der Krieger standen die Reihen der Priester, um zu verdeutlichen, dass Vurans Wille sie umgab. Ursa kniete an der Spitze der rechten
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