Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
anders ausdrücken konnte, selbst wenn er es freundlich meinte.
An Urok gewandt, fuhr der Alte nunmehr ganz ernsthaft fort: »Angesichts all des fremden Packs, das sich in unserem Land herumtreibt, dürfen wir uns keinen kleinlichen Zwist mehr leisten. Alle Blutorks müssen zusammenrücken, wenn es gegen Schlangenköpfe geht, die auf Lindwürmern reiten, oder lichtschleudernde Vogelwesen, die vom Himmel herabschweben. Nur Vuran allein mag wissen, was die auf einmal alle hier wollen.«
»Arakia steht eine Invasion bevor«, erklärte Urok unumwunden. »Dieser Lichtbringer, der euch so zugesetzt hat, gehörte nur zur Vorhut.«
»Woher weißt du, wie diese Kreatur genannt wird?«, wollte Gabor wissen. »Hat dir die Baumläuferin von ihr erzählt?«
Urok nickte. »Ja, Feene gehörte einst zu Gothars Heer.«
Das Grinsen, das auf Gabors Lippen zurückkehrte, wirkte diesmal kalt und mitleidlos. »Sehr gut, Baumläuferin. Du erzählst uns spätestens alles, was wir wissen müssen, wenn du auf dem Scheiterhaufen brennst. Ansonsten wird dein Tod wirklich schmerzhaft werden.«
Feenes Rücken straffte sich, doch Urok sagte mit fester Stimme: »Niemand krümmt ihr auch nur ein Haar!« Bevor er erklärend hinzufügte: »Sie ist doppelherzig.«
»Na und?« Gabor stieß einen verdrießlichen Laut aus. »Was glaubst du, was mich das kümmert?«
Urok unterdrückte ein leises Seufzen. Verdammt, er konnte ja verstehen, dass der Elfenfresser seinem Beinamen alle Ehre machen wollte, doch musste es ausgerechnet hier und jetzt sein?
»Gabor!«, mahnte zum Glück einer der Verletzten aus dem Hintergrund. »Urok hat recht. Dieses Elfenweib hat einen Feind vertrieben, der uns fast niedergemacht hätte. Sollen die Hüter des Horts entscheiden, ob wir ihr trauen dürfen oder nicht.«
Verärgert über die Einmischung reagierte der Alte mit einem wütenden Seitenblick. Als er aber seine Schar weiterhin erschöpft und geschlagen am Boden sitzen sah, lenkte er ein. »Also gut«, wandte er sich wieder Urok zu. »In unruhigen Zeiten wie diesen ist ein Verrückter wie du vielleicht genau das, was Arakia braucht. Ich nehme an, du bringst die Baumläuferin zu deiner Schwester?«
Urok nickte nur kurz. Für seinen Geschmack war ohnehin schon viel zu viel geredet worden.
Gabor gab den Weg mit großer Geste frei, wohl wissend, dass er überhaupt nicht in der Lage war, sie noch länger aufzuhalten. Doch er wäre nicht der alte verdrießliche Elfenfresser gewesen, hätte er ihnen nicht noch eine Gemeinheit hinterhergerufen. »Viele halten dich inzwischen für übergeschnappt, Urok, aber ich weiß es besser. Ehrlich gesagt, ich kann dich sogar ein wenig verstehen. Aber treib es nicht zu weit, nur weil du auf keinen Fall so enden möchtest wie dein Vater und …«
»Hüte deine Zunge«, warnte Urok, ohne die Stimme zu erheben. »Auch für dich gibt es Grenzen, die du nicht überschreiten solltest.«
Gabor verstummte tatsächlich. Ob aus Furcht oder weil ihm die eigenen Worte bereits leidtaten, war dabei einerlei.
Grollend umfasste Urok die Sattellehne mit beiden Pranken, bis das Holz unter seinem Griff zu knarren begann.
»Was sollte das?«, fragte Feene, als sie endlich außer Hörweite waren. »Was ist mit deinem Vater?«
Urok brauchte eine Weile, um aus dem dumpfen Brüten aufzutauchen, in das er verfallen war, und antwortete schließlich, wenn auch nur leise: »Ramok ist den Felltod gestorben.«
31
I m Heiligen Hort
Beide Arme seitlich auf Schulterhöhe ausgestreckt, streifte Feene alle Last von sich und wurde schwerelos. Ihre tief im Fellstapel versunkenen Füße gewannen nur unmerklich an Höhe, doch sie spürte deutlich, wie die weichen Bärenzotteln an den nackten Sohlen zu kitzeln begannen. Rasch senkte sie die Zehen und streckte sie kräftig durch, um sich nach oben abzudrücken. Der kleine Stoß genügte bereits, um ihren Auftrieb zu beschleunigen.
Vor Ursas ungläubigen Augen stieg sie zwei Körperlängen empor, stoppte aber geschickt ab, bevor sie mit dem Kopf gegen die Höhlendecke stieß.
»Nun?«, fragte sie lächelnd. »Glaubst du mir jetzt, dass der Atem des Himmels eine mächtige Kraft ist?«
Das Orkweib, das zu ihren Füßen kniete, gab sich keine Mühe, ihre Überraschung zu verbergen. Überhaupt war Ursa ganz anders als die übrigen Bewohner des erloschenen Vulkans, ungewöhnlich freundlich und ohne erkennbare Hinterlist.
»Ein wirklich beeindruckendes Kunststück«, gestand sie ein. »Kein Ork in ganz Arakia wäre
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