Blutorks 1 - Frenz, B: Blutorks 1
aufgehen.«
»Das ist dein Rat?« Ragmar erschauerte. »Meine Qual still zu erdulden auf die vage Hoffnung hin, dass mir jemand ein schnelles Ende bereitet?«
»Das ist der einzige Rat, den ich dir geben kann.« Urok zuckte mit den mächtigen Schultern. »Verhalte dich wie ein Krieger, damit du dich des Stahls als würdig erweist.«
Ragmar war alles Blut aus dem Gesicht gewichen, trotzdem versuchte er die Fassung zu waren. »Danke«, brachte er mühsam hervor. »Das klingt zwar alles sehr schrecklich, aber jetzt weiß ich wenigstens, dass du ehrlich zu mir bist. Du behandelst mich anders als die Übrigen deiner Schar, weil dir meine Bilder gefallen. Ich weiß, das räumt mir keine Sonderrechte ein, aber ich möchte dich trotzdem um etwas bitten.«
Urok sah den Menschen traurig an. »Ich kann dich nicht laufen lassen, selbst wenn ich wollte.«
»Das weiß ich«, versicherte Ragmar hastig. »Darum geht es auch nicht, sondern um etwas ganz anderes. Erinnerst du dich an das Handgeld, von dem ich dir erzählt habe? Den Vorschuss, den sie Orgur und mir bezahlt haben?«
»Es war zu wenig«, wiederholte Urok müde. »Ganz egal, wie viel sie euch gegeben haben. Außerdem bedeuten mir eure Münzen nichts.«
Ragmar lächelte. Zum ersten Mal seit dem Tod seines Oheims. »Ich weiß, dass du dir nichts aus unserem Geld machst.« Vorsichtig spähte er nach allen Seiten, bevor er sein Leinenhemd öffnete. »Gerade deshalb möchte ich dir etwas vorschlagen.«
Unter seinem Kragen wurde ein dünnes Band sichtbar. Als er es hervorzog, kam ein Lederbeutel zum Vorschein, den er vor der Brust getragen hatte.
»Hier ist alles drin, was Orgur und ich gespart haben. Unsere Familien könnten damit zwei Winter gut über die Runden kommen. Vielleicht sogar länger, wenn sie gutes Saatgut kaufen und das Wetter einigermaßen mitspielt.«
Urok spürte eine Welle des Unmuts in sich aufsteigen, weil die
Schar vergessen hatte, Ragmar zu durchsuchen. Als der erste Zorn abgeklungen war, ging ihm allerdings auf, dass niemand den Zeichner angerührt hatte, weil ihn alle für seinen Gefangenen hielten, doch da Urok kein Anteil an der Beute zustand, hatte er Ragmar ebenfalls nicht durchsucht.
Tabors Entscheidung hatte für eine Menge Durcheinander gesorgt. Der Kerl hatte das Amt des Ersten Streiters wirklich nicht verdient. Uroks Verdruss über den Scharführer war so groß, dass er völlig überhörte, was ihm Ragmar zuflüsterte.
»Und? Machst du es?«, fragte der Gefangene, als die Antwort zu lange auf sich warten ließ.
»Was?«, fragte Urok misstrauisch.
Ragmar verzog das Gesicht, bevor er wiederholte: »Bringst du meiner Familie den Beutel, damit mein Tod nicht völlig vergebens ist?« Diesmal sprach er lauter.
Uroks buschige Augenbrauen rückten über der Nasenwurzel zusammen. »Diesen Beutel mit den Münzen überbringen?« Er verstand nicht, was der Mensch von ihm wollte. »Warum sollte ich das tun?«
»Es soll nicht umsonst sein«, versicherte Ragmar eilig. »Ich weiß, dass du dich für Speichenräder interessierst. Sie sind beweglicher als herkömmliche Räder und bewältigen selbst schwierigstes Gelände. Ich kann dir aufzeichnen, wie sie konstruiert sind, wie sie gemacht werden. Schritt für Schritt. Ich male dir alles so detailliert auf, dass du der erste Ork bist, der eins nachbauen kann.«
Urok spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte.
»Was genau willst du dafür?«, fragte er.
»Ich bitte dich nur, diesen Beutel nach meinem Tod zu überbringen.« Die Münzen klimperten leise, als Ragmar versuchte, sie dem Ork zu übergeben. Doch die großen Hände, in die er sie drücken wollte, blieben verschlossen. »Meine Familie ist ganz leicht zu finden«, beschwor er Urok. »Sie bewohnen den größten Wehrhof unterhalb von Grimmstein. Mein Vater …, sein Name ist Arnur, und er ist der Bauer des Wehrhofs.«
»Arnur …«, wiederholte Urok murmelnd den Namen des Bauern.
Die markante Ruine im Grenzgebiet war ihm tatsächlich bekannt. Aber er verstand nicht, warum der Hellhäuter glaubte, ihn mit dieser Aufgabe betrauen zu können. Es musste die pure Verzweiflung sein, die ihn zu dieser absurden Bitte trieb.
»Was macht dich so sicher, dass ich dir kein falsches Versprechen gebe und die Münzen beim nächsten Händler gegen schöne Dinge eintausche?«
Seine Frage klang lange nicht so knurrend wie beabsichtigt. Daher zeigte der Gefangene auch keinerlei Anzeichen von Erschrecken, sondern antwortete: »Weil ich weiß, dass du
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