Blutorks 3 - Blutorks 3
wollte aufbegehren, wollte ihr sagen, dass das, was Inome und sie für ihn taten, mehr war, als ein Mann guten Gewissens verlangen konnte. Doch Namihl wischte all seine Argumente mit einer ärgerlichen Handbewegung beiseite, noch ehe sie über seine Lippen drangen.
»Ich lasse nicht zu, dass Zavos gegen Sangors Mauern anrennt, um dich zu befreien!« Ein angriffslustiges Funkeln brachte ihre grünen Augen zum Leuchten. Plötzlich war sie wieder die streitlustige ältere Schwester, die er von früher kannte. »Auch wenn er zahlreiche Krieger um sich versammelt hat, so ist Zavos' Streitmacht doch zu klein, um eine Hafenstadt dieser Größe im Handstreich zu nehmen und danach ungeschoren davonzukommen. Das Opfer, das sie alle dafür bringen müssten, ist einfach zu groß – wo es doch nur um einen einzigen Mann geht!« Ihre Stimme geriet ins Schwanken, als würde sie sich für die eigenen Worte schämen, trotzdem sprach sie ohne Pause weiter: »Das kannst du nicht von ihnen verlangen, Tarren, auch wenn dir viele von ihnen das Leben schulden oder das ihrer Angehörigen.«
In Momenten wie diesen wünschte er sich manchmal, seine Befehle niemals verweigert zu haben, dann wäre ihm vieles erspart geblieben. Aber das war natürlich Unsinn. Die Pein, die er durchlebte, wäre dann nur durch eine andere, weitaus größere ersetzt worden.
Gut, vielleicht hatte er Verrat begangen, aber ihm war schlicht und einfach gar keine Wahl geblieben. König Gothar hätte ihm und seinen Mannen ganz einfach niemals ein Massaker auf dem Fruchtbarkeitsfest befehlen dürfen, nur, um den Atem des Himmels auch im letzten Bergtal fest zu verwurzeln.
»Mir schuldet niemand etwas!«, brauste er ungehalten auf. »Das ist es doch, was ich dir die ganze Zeit erklären will!« Namihl bedeutete ihm erschrocken, dass er nicht so laut sein sollte, trotzdem fuhr er nur wenig leiser fort: »Vergesst mich einfach, für alle Zeiten! Sonst habe ich mir den Zorn des Tyrannen vollkommen umsonst zugezogen, und damit ist niemandem gedient. Sag Zavos, dass er lieber gegen die Salzminen ziehen soll, um die Krieger zu befreien, die dort gefangen sind. Dazu mag seine Reiterei gerade ausreichen.«
»Das werden die Krieger, die sich ihm angeschlossen haben, niemals mitmachen.« Sie klang niedergeschlagen, als hätte sie ihrem Bruder lieber heute als morgen den Rücken gekehrt. »Die Ehre verlangt von ihnen, dass sie dir helfen. Besonders von Zavos, deinem Bärenbruder!«
Ihr Blick heftete sich auf das Lederband, das er trug. Sie zog dabei ein Gesicht, als müsste sie gleich auf den Boden speien. »Diese verdammten Klauen«, begehrte sie auf, »wie gern ich euch allen die Dinger doch vom Hals reißen möchte! Eure verdammte Ehre bringt uns nur Unglück!«
Ihre Worte taten weh, obwohl sie die Wahrheit sprach und er selbst vorgeschlagen hatte, dass ihn die anderen – zum Wohle der ganzen Gemeinschaft – zurücklassen sollten.
»Sag ihnen einfach, ich wäre schon tot«, schlug er mit kalter Stimme vor. »Bei einem Übungskampf erschlagen und den Leichenhunden vorgeworfen, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfahren hat. Von dem Ork erschlagen, der heute in den Kerker gesteckt wurde.« Seine Stimme hellte sich auf, weil ihm diese Idee sehr gut gefiel. »Ja, beim Übungskampf von einem Ork erschlagen, das werden alle glauben. Und wenn mich alle erst für tot halten, gibt es auch keinen Grund mehr für sie, mich mit Gewalt befreien zu wollen.«
Namihl sah ihn zweifelnd an. »Das nützt doch alles nichts«, sagte sie resigniert. »Dann würden sie erst recht angreifen. Um deinen Tod zu rächen. Nein, Inome und ich müssen dich auf un sere Weise herausholen, oder die Bergstämme sind endgültig zum Untergang verdammt.«
Tarren ballte vor Zorn die Hände zu Fäusten. Aufgebracht machte er einen großen Schritt auf Namihl zu, um sie an den schlanken Schultern zu packen. Doch noch ehe er die Hände heben konnte, hämmerte eine der Wachen gegen die Tür.
»Ich hoffe, ihr seid schon fertig!«, klang es spöttisch durch das feste Holz. »Für unseren Kleinen ist es nämlich höchste Zeit zur Rückkehr. Darum kommen wir jetzt rein!«
Tarrens Schultern sanken herab. Ihre Zeit war abgelaufen, leider hatten seine Schwester und er sie nur für einen dummen Streit vergeudet. Rasch langte er nach dem Weinbecher und schüttete den letzten Rest des süßlichen Tranks in sich hinein, damit die vielen Münzen, die Namihl für dieses Treffen bezahlt hatte, nicht ganz umsonst gewesen
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