Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutrot wie die Wahrheit

Blutrot wie die Wahrheit

Titel: Blutrot wie die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.B. RYAN
Vom Netzwerk:
war.
    Dennoch wollte sie nicht länger als unbedingt nötig ziellos durch die Nacht spazieren, und so fragte sie Will: „Wenn du eine Dame zu einem Abendspaziergang in den Common ausführen würdest, wo würdest du mit ihr hingehen?“
    â€žWahrscheinlich zu dem neuen Brunnen, ganz hinten bei der Mauer, die an die Park Street grenzt“, erwiderte er. „Der, den Gardner Brewer gestiftet hat. Plätscherndes Wasser hat ja so etwas … Es schafft irgendwie eine Atmosphäre ruhiger Vertrautheit.“
    Der leise Klang sanft plätschernden Wassers wurde dann auch stetig lauter, doch keineswegs aufdringlich, je näher sie dem Brewer-Brunnen kamen – einer monumentalen, dreistufigen Bronzereplik eines für die Pariser Weltausstellung von 1855 geschaffenen Brunnens. Riesig ragte er vor ihnen auf; das klar und stetig herabströmende Wasser schimmerte bernsteingolden im Schein der Laternen, die entlang der Park Street standen.
    Zunächst dachte Nell, dass doch niemand da sei, aber dann entdeckte sie durch den Wasserschleier hindurch eine dunkle Gestalt auf der anderen Seite des Brunnens – nein, es waren sogar zwei Gestalten, stellte sie fest, als sie mit Will das steinerne Bassin umrundete. Zwei dunkel gekleidete Personen saßen nebeneinander auf dem Beckenrand, den Rücken zum Wasser, doch selbst im Dunkeln erkannte sie den Umriss des flachen Chapeau Chinois wieder, den die Dame trug: Emily. Nell holte tief Luft.
    Will tätschelte ihr beruhigend den Arm, als sie auf das Paar am Brunnen zugingen. „Einen schönen guten Abend“, grüßte er launig.
    Dr. Foster, der seltsam zerstreut wirkte, stand auf und zog seinen Hut vor Nell. „Miss Sweeney … Hewitt.“ Will verneigte sich vor Emily, die gesenkten Hauptes dasaß und ein Taschentuch in den behandschuhten Händen wrang.
    â€žIhre Tante sagte uns, dass wir Sie hier finden könnten, Miss Pratt“, begann Nell. „Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn wir … Geht es Ihnen nicht gut?“
    Emily betupfte sich die Augen mit dem Taschentuch und sah auf. Ihre Augen glänzten, ihre Nase war gerötet. „Mir geht es gut.“ Sie lächelte wenig überzeugend. „Wie schön, Sie zu sehen, Miss Sweeney. Wollen Sie sich nicht zu mir setzen?“, fragte sie und klopfte auf den Platz, von dem Foster sich soeben erhoben hatte.
    Vorsichtig setzte Nell sich, während sie sorgsam ihre Röcke vor der sprühenden Gischt in Sicherheit brachte.
    â€žEin herrlicher Abend für einen Spaziergang“, meinte Foster, doch auch sein Lächeln war recht bemüht.
    â€žSo ist es“, erwiderte Will, „und ich wünschte, wir wären allein aus diesem Grund hier. Doch das ist leider nicht der Fall.“
    Nell wandte sich Emily zu und meinte: „Miss Pratt, erinnern Sie sich noch daran, wie ich Ihnen von Fiona Gannons Onkel Brady erzählt hatte, und davon, dass er überzeugt ist, dass seine Nichte Virginia Kimball nicht umgebracht habe?“
    Emily nickte, ihre Miene war auf einmal ganz wachsam.
    â€žWie sich nun herausgestellt hat, wurde Mrs. Kimball mit einem Geschoss getötet, das aus einem großkalibrigen Revolver abgefeuert wurde – einer Waffe wie der Lefaucheux Ihres Vaters.“
    Emilys Augen weiteten sich unmerklich. Sie schaute zu Dr. Foster hinüber.
    â€žVielleicht wäre es Ihnen ja lieber, dies nur mit Miss Sweeney und mir zu besprechen“, bot Will ihr an.
    â€žNein. Nein, das ist nicht nötig“, entgegnete Emily. „Ich … ich habe Isaac … Dr. Foster soeben alles erzählt. Es gibt nichts mehr zu sagen, das er nicht bereits wüsste.“ Ihr Kinn bebte; Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie vergrub ihr Gesicht in den Händen.
    Foster setzte sich neben sie und legte ihr seine Hand auf den Rücken. „Muss das denn wirklich sein?“, fragte er. „Sie sehen doch selbst, wie durcheinander sie ist.“
    â€žIch fürchte“, begann Will, „dass sie sich entweder mit uns oder gleich mit der Polizei wird unterhalten müssen. Miss Pratt, ich weiß, wie sehr Sie das alles mitgenommen hat, aber wenn Sie uns erzählen, was genau geschehen ist – und warum –, dann … könnten wir Ihnen vielleicht rechtlichen Beistand besorgen und … jegliche Hilfe, derer Sie bedürfen.“
    â€žR…rechtlichen Beistand?“, stieß sie heiser

Weitere Kostenlose Bücher