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Blutrote Lilien

Blutrote Lilien

Titel: Blutrote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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Hof sei voller unglaublicher Dinge. Es soll sogar Figuren geben, die durch Wasser bewegt werden. Sie hängen nicht an Schnüren. Kannst du dir das vorstellen?«
    »Pah«, sagte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Was interessieren mich solche Automaten, wenn man nie die Hand von der Nase nehmen kann.«
    Amüsiert sah ich wieder aus dem Fenster, vor dem sich die Königskirche Saint-Germain aufbaute. Auf dem Platz davor fand gerade Markt statt. Stand um Stand reihte sich aneinander und dicht drängten sich die Menschen durch die engen Gassen dazwischen. Eine Gruppe Hunde balgte sich neben einem Metzger um die Fleischabfälle, deren blutige Überreste den Schnee rot färbten. Der Metzger versuchte, die Hunde zu verscheuchen, aber sie ließen sich nicht vertreiben. Sie schienen niemandem zu gehören, ihr Fell war spröde und verfilzt und an einigen Stellen sogar weggebissen.
    Sie waren ein trauriger Anblick und mich fröstelte auf einmal, denn ich erinnerte mich an die alte Bertha, unsere Köchin in Chantilly. Sie hatte einmal behauptet, aus den Innereien eines Tieres könne man die Zukunft vorhersagen. Als Vater davon erfahren hatte, hatte er sie gescholten, sie solle mich mit diesem Aberglauben in Ruhe lassen. Danach hatte Bertha nie wieder davon gesprochen, aber ich sah, wie sie sich jedes Mal bekreuzigte, wenn die Jagdhunde mit Innereien gefüttert wurden.
    Wenn also doch etwas an diesen Geschichten dran war, was stand dann dort unten im Schnee geschrieben? Was würde die Zukunft für mich bereithalten? Das Leben in Chantilly war ruhig gewesen. Nie passierte etwas Außergewöhnliches und immer verhielten sich alle gleich. So manchen Tag war es mir recht öde vorgekommen.
    »Ich verstehe überhaupt nicht, wozu diese Eile betrieben wird. Konnte man nicht warten, bis es Frühjahr wird?«, empörte sich Manon gerade ein weiteres Mal und musste dabei wohl ihren Fuß bewegt haben, denn Orson, die Dänische Dogge, die bisher auf unseren Füßen gelegen hatte, schreckte auf und ließ ein lautes Kläffen hören.
    Ich beugte mich hinunter und fuhr dem Hund über den breiten Schädel, wobei ich »Ganz ruhig« murmelte, bis Orson wieder die Schnauze auf die Vorderpfoten legte und sein Gewicht dafür sorgte, dass wir warme Füße behielten. Dabei schmatzte er wie unser Stallmeister Johann nach dem Essen und wedelte mit dem Schwanz.
    Seit ich denken konnte, war Orson mein Begleiter, mit zwei Jahren hatte ich mich schon an seinem Hals festgehalten, um beim Laufen nicht umzufallen, und er hatte sich alles mit Engelsgeduld gefallen lassen. Und jetzt kam er sogar mit mir nach Paris auf seine alten Tage.
    »Vater sagt, es wird Zeit, dass ich am Hof eingeführt werde, immerhin ist Henri nun auch schon verheiratet und ...«
    Weiter kam ich nicht, weil die Kutsche in ein Schlagloch geriet, gefährlich zur Seite kippte und wir über die Sitzbank rutschten. Ich stieß mir den Ellbogen an der hölzernen Armlehne und rieb missmutig die schmerzende Stelle.
    Wütend klopfte Manon mit der Faust gegen die Wand, hinter der der Kutscher saß, und brüllte: »Pass gefälligst auf!«, aber es nützte nichts, wir rumpelten weiter durch die Schlaglöcher, als bekämen wir für jeden Treffer zehn Écu. Am Ende dieser Reise konnte man mich sicher Madame Blauhintern nennen.
    Mit Erleichterung sah ich, dass vor uns endlich die Mauern des Louvre zu erkennen waren, in dem der Hof ansässig war. Die Höllenfahrt hatte nun bald ihr Ende gefunden und ich spürte beim Anblick der reich verzierten Fassade ein drückendes Kribbeln im Magen. Ich war erwartungsvoll wie ein Falke, der zum ersten Mal aufsteigt. Paris mochte vielleicht nicht gut riechen, aber es schien mir einfach die aufregendste Stadt der Welt, und es fiel mir schwer, mir vorzustellen, dass irgendeine Stadt sich mit ihm messen konnte. Es würde sicher Jahre dauern, bis man alle Ecken von Paris gesehen hatte!
    Der Marquis de Bassompierre hatte mir einmal von Florenz und Venedig vorgeschwärmt, der Kunst und dem Licht. Aber wie konnte irgendeine Stadt Paris übertreffen? Es musste einem leichtfallen, hier Erfindungen zu machen wie die beweglichen Automaten. Der Marquis hatte versprochen, nach unserer Hochzeit würde er mit mir verreisen und mir all jene Städte zeigen, von denen er schwärmte und die ich nur aus den Erzählungen meiner Erzieher kannte, selbst Köln mit seinem Dom. Dann würden wir ja sehen, ob seine Städte hielten, was er versprach.
    Beim Gedanken an de Bassompierre wurde mir

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