Blutsäufer (German Edition)
Sie deutete auf sein Glied.
„Schweinkram!“ Sie deutete auf ihn, sein Gesicht. „Du Schwein!“
„Nein, ich nicht … du … Sie falsch
verstehen.“ Scheiße! Scheiße! Scheiße!
Sein Handy fing wieder an zu klingeln. Oder
sang wieder.
Während er darüber nachdachte, wie er sich besser
verständlich machen könnte, drückte er versehentlich auf die Annahmetaste.
Mist! Ein Telefongespräch hatte ihm gerade noch gefehlt!
„Hallo!“, rief er gereizt in die
Sprechvorrichtung.
„Franz?“
„Mhmm.“
„Wieso meldest du dich eigentlich nie mit
Namen? Immer dieses Hallo. Weiß man gar nicht, ob man richtig verbunden ist.
Das ist ´ne blöde Angewohnheit von dir, weißt du das?“
Möglich, aber ihm war jetzt nicht danach,
über blöde Angewohnheiten zu diskutieren.
Und sein Nachbar, er hatte die Stimme natürlich
sofort erkannt, ging ja auch nicht gerade vorbildlich ins Gespräch. Oder hatte
er etwa seinen Namen genannt? Und gehörte es sich nicht, zur Begrüßung Hallo oder Guten Tag zu sagen? Immer dieselben! Immer das einfordern, wozu man
selber nicht fähig oder willig oder weiß der Teufel was war.
Ich muss pissen!, schrie es in ihm, und
Benimmfloskeln oder Knigge-Regeln oder wie man den Dreck nennt, gehen mir gerade
am Arsch vorbei.
„Was ist los, Heinz? Ich bin gerade …“
Angekettet!
„… beschäftigt.“
„Jaja, du und beschäftigt, du fauler Sack, du!
Wo hängste denn wieder rum? Heute ist doch dein erster Urlaubstag, oder? Drei
Wochen Urlaub, so gut hätte ich’s auch gern mal. So gut hat es kein Schwein!
Nicht mal ein Sparschwein.“ Dröhnendes Gelächter. Heinz war der König der
Phrasen und Belanglosigkeiten und hielt sich für extrem witzig. Und wer
gegenteiliger Ansicht war, der hatte seiner Meinung nach einfach keinen Humor
und war überhaupt falsch in dieser Welt.
„Ich bin ... bei Paul.“
„Bei Paul? Ist der nicht auf Teneriffa?“
Paul war auf Teneriffa?
„Ja, ist er. Ich … ich hab ihm versprochen,
während seiner Abwesenheit seine Blumen zu gießen.“
„Paul hat Blumen?“, fragte Heinz mit einer
Stimme, die sowohl Unglauben als auch Verwunderung ausdrückte.
Bevor er etwas erwidern konnte, ging der
Staubsauger an. Ein infernalischer Lärm füllte den Raum aus. Franz wedelte mit
den Händen, um die Frau auf sich aufmerksam zu machen, und hielt dann einen
Finger an die Lippen. Er hätte nicht erwartet, dass sie den Staubsauger
tatsächlich ausschalten würde, aber sie tat es. Unwillig, wie er ihrem Gesicht ansah.
„War das ´n Staubsauger? Wer saugt denn da?
Bist du nicht allein in Pauls Wohnung?“
„Ja, nein … bin allein. Saug ´n bisschen.“
Heinz hing ein paar Sekunden sprachlos in der
Leitung.
Gerade im Moment der Stille musste die
komische Haushaltshilfe anfangen zu plappern. „Kopfkissen dreckig, Kopfkissen
neu!“
„Wer war das denn eben?“, fragte Heinz.
Franz setzte sich mit rasselnden Ketten auf,
drehte sich halb um und begutachtete das Kopfkissen hinter sich. Am linken Rand
bemerkte er drei rote Flecken. In einem Abstand zueinander, dass sie, würde man
sie miteinander verbinden, beinahe ein gleichschenkliges Dreieck ergaben. War
das sein Blut?
„Was sind das für seltsame Geräusche? Sag
mal, was geht denn da vor? Veranstaltest du in Pauls Wohnung ´ne Orgie, oder
was?“
Wessen Blut sonst? Oder glaubst du, sie war
noch Jungfrau, und du hast ihr beim Fffffff ein Kissen unter den Arsch gedrückt?
Wenn sie dich überhaupt rangelassen hat.
Franz fuhr sich über den Nacken und glitt mit
der Hand, mit zwei Fingern, beiläufig über seinen Hals. Er spürte zwei Vertiefungen
auf der linken Seite. An den Rändern der Vertiefungen schienen sich Krusten
gebildet zu haben.
„Bist du noch dran? Na, wir reden später noch
mal. Vielleicht bist du dann gesprächiger. Muss erst mal dringend pissen!“
„Ich auch“, murmelte Franz geistesabwesend.
„Na dann mach mal“, sagte Heinz. „Einhalten
ist nämlich nicht gesund.“
Franz hatte schon fast die Austaste gedrückt,
als er Heinz noch sagen hörte: „Hey, wart ma, Paul ist doch erst nächste Woche
auf Teneriffa.“
Franz drückte das Gespräch weg.
Er wartete, bis die Frau den Kissenbezug
gewechselt hatte, und legte sich dann zurück. Die Frau schaltete den
Staubsauger wieder ein. Franz presste seine Schenkel fest aneinander.
3
Peter
Bernstein war nicht der gerissenste Privatdetektiv unter Gottes Sonne, und er würde
auch nie in die Verlegenheit kommen, einen Preis für
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