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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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gehört, doch hier handelte es sich um einen der übelsten Vorfälle, die Joe je erlebt hatte. Wenn zu viel Wild geschossen wurde, waren meist mehrere Jäger beteiligt, die in die Herde feuerten, ohne die getroffenen Tiere zu zählen. Obwohl es den Jagenden verboten war, mehr als das eine Wapiti zu töten, das jedem oder jeder von ihnen pro Jahr zustand, war es recht verbreitet, als Jagdgesellschaft loszuziehen. Aber dass ein Einzelner einfach so das Feuer auf eine komplette Herde eröffnete … das war ungewöhnlich und beunruhigend.

    Das Gemetzel schlug Joe auf den Magen. Der Schaden, den eine Gewehrkugel anrichten kann, die ihr Ziel schlecht, aber mit großer Wucht trifft, ist furchtbar.
    Ebenso tragisch war es nach Joes Ansicht, dass er nicht genug Platz auf seiner Ladefläche hatte, um alle getöteten Tiere in die Stadt zu bringen. Ein Wapiti wiegt im Schnitt über hundertachtzig Kilo, und auch mit Gardiners Hilfe konnte er höchstens zwei Kadaver aufladen. Also mussten fünf Tiere mindestens eine Nacht auf der Wiese bleiben und wurden womöglich von Aasfressern heimgesucht. Er hasste es, so viel Fleisch – über neunhundert Kilo! – verschwendet zu sehen, das doch ans Rehabilitationszentrum für Drogensüchtige, ans Bezirksgefängnis oder an bedürftige Familien der Gemeinde, deren Namen Marybeth notiert hatte, hätte geliefert werden können. Doch trotz all der toten Wapitis, um die er sich kümmern musste, bedeutete der plötzliche Ausbruch des Sturms vor allem eines: Raus aus den Bergen!
    Als er zu seinem Pick-up und zu Lamar Gardiner zurückkehrte, war Joe ernstlich verstimmt.
    »Wie schlimm ist es?«, fragte Lamar.
    Joe musterte ihn wütend. Gardiner klang, als würde er sich nach etwas erkundigen, an dem er eigentlich nicht beteiligt war.
    »Schlimm«, gab Joe zurück und schwang sich ans Lenkrad seines Pick-ups. Maxine, die ihn begleitet hatte und vom Moschusgeruch der erlegten Tiere ganz wild geworden war, sprang widerwillig auf die Ladefläche, da ihr Stammplatz von Lamar Gardiner besetzt war.
    »Helfen Sie mir, zwei Tiere auszuweiden und auf den Pick-up zu laden«, sagte Joe und ließ den Motor an. »Das dauert etwa eine Stunde, wenn Sie mitmachen. Andererseits geht es vielleicht sogar schneller, wenn Sie sich raushalten. Danach bring ich Sie in die Zelle, Lamar.«

    Gardiner ächzte, als hätte er einen Schlag in den Magen bekommen, und ließ den Kopf verzweifelt in den Nacken sinken.

    Joes Hände waren von Wapitiblut befleckt, und er wischte sie mit Schnee ab. Selbst mit Lamars Hilfe hatte es über eine Stunde gedauert, die Tiere auszuweiden. Inzwischen schneite es noch dichter. Joe kletterte zurück in den Pick-up und fuhr langsam von der Wiese zu dem Waldweg, auf dem Gardiner hergekommen war. Er wollte Kontakt zur Funkzentrale aufnehmen, doch wieder war nur weißes Rauschen zu hören. Ihm blieb nichts anderes übrig, als es erneut zu probieren, wenn er den Rand der Senke erreichte.
    Joe war sich seiner Lage, die für Ordnungshüter einzigartig war, sehr genau bewusst. Während die Polizei oder der Sheriff Streifenwagen oder Geländefahrzeuge mit hinteren Türen besaßen, die sich nicht von innen öffnen ließen, und bei denen ein solides Drahtgeflecht die Gefangenen auf dem Rücksitz vom Fahrer trennte, musste Joe Gesetzesbrecher in seinem Pick-up transportieren, wo sie direkt neben ihm saßen. Obwohl Lamar ihm in keiner Weise gedroht hatte, machte Joe die prekäre Nähe im Führerhaus zu schaffen.
    »Ich komme einfach nicht darüber hinweg, was ich getan habe«, stöhnte Gardiner. »Als wäre mir irgendwas ins Hirn gefahren und hätte mich in einen Irren verwandelt. In einen hirnlosen Killer … Nie im Leben hab ich was Ähnliches getan!«
    Gardiner erzählte, er habe sechzehn Jahre lang Wapitis gejagt, erst in Montana, dann nach seiner Versetzung in Wyoming. Als er die Herde im hellen Licht erspäht habe, sei es mit ihm durchgegangen; erstmals in all den Jahren habe er heute ein Wapiti erwischt und wohl aus Frustration immer weiter auf die Tiere gezielt.

    »Lamar, sind Sie betrunken?«, fragte Joe und gab sich Mühe, verständnisvoll zu klingen. »Ich hab den Tequila und das Dosenbier in Ihrem Wagen entdeckt.«
    Gardiner dachte nach, ehe er antwortete. »Vielleicht ein bisschen«, sagte er. »Aber jetzt bin ich eigentlich wieder nüchtern. Wissen Sie, ich hab ständig Wapitis gesehen, wenn ich nicht auf der Jagd war.« Das war eine verbreitete Klage. »Aber wenn ich mit dem Gewehr losziehe,

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