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Das Haus der Frau M.

Das Haus der Frau M.

Titel: Das Haus der Frau M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Lange
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    ERSTER AKT
     
    Mord aus Notwehr
     
     
    Es war kein Mord, es war Notwehr. Auch wenn die Staatsanwaltschaft dies anders sieht. Notwehr gegen einen Mann, der  mich beinahe sechs Jahre lang, Stück für Stück zu töten versuchte. Erst nur mit Worten, doch dann kamen seine Hände und Füße ins Spiel. Wie meine Hand an das Messer geriet, das kann ich bis heute nicht mehr sicher sagen, doch ich erinnere mich an das Gefühl. Noch heute spüre ich jeden Zentimeter, mit dem die Klinge in sein muskulöses behaartes Fleisch eindrang. Ich sehe seine weit offenen, vor Schmerz verzerrten Augen, rieche seinen nach Bier stinkenden Atem. Das Geräusch mit dem er auf den Küchenboden schlug, wurde mir zu einem zweiten Herzschlag. Selbst den Geruch der Pasta Sauce, welche der Grund für seinen letzten Wutausbruch war, habe ich noch im Gedächtnis. Letztendlich ist es zum Lachen, man sollte auf Nudel Paketen einen Warnhinweis schreiben. Vorsicht Übermäßige Kritik an Pasta Zubereitung kann zu einem plötzlichen und unerwarteten Tode führen. Mein geliebter Mann war zum Zeitpunkt seines Todes neununddreißig, ich war einundzwanzig. Am zehnten Oktober meines einundzwanzigsten Lebensjahres glaubte ich meine Freiheit gewonnen zu haben, doch ich verlor sie an jenem Tag für eine verdammt lange Zeit.
     
    Warum ich meinen Mann getötet habe? Ich bin nicht verrückt, sicher nicht verrückter als andere und ganz bestimmt tötete ich meinen Mann nicht wegen einer harmlosen Kritik an meinen Kochkünsten. Was hätte ich tun sollen? Die Scheidung einreichen? In ein Frauenhaus gehen? Dafür kannte ich Thorsten zu gut. Seine Eltern hatten Geld und Beziehungen, und Thorsten hatte seine Eltern. Früher oder später hätte er mich gefunden. Davon ab kennt ihr vielleicht diesen Punkt, jenen einen Moment im Leben, in dem nichts mehr wichtig ist. In dem ihr euren Partner am liebsten töten wollt. Ihr habt dann meist die Möglichkeit zu gehen. Ich wusste, ich hatte sie nicht.
     
    Als Thorsten und ich uns das erste Mal begegneten,  war mein sechzehnter Geburtstag erst wenige Tage vorbei. Ich saß mit meiner besten Freundin Sylvia im Eiscafé Gea, wo es all diese verrückten Eissorten gab. Schon mal Erdbeere-Balsamico probiert? Ich trug meine Haare lang und hinten zu einem Zopf gebunden. Es war heiß und ich hatte nur ein ärmelloses Top, einen Mini und Flipflops an.  Er ging allein an mir vorbei, einen Meter achtzig groß, muskulös und trotzdem eine irgendwie sanftmütige Erscheinung.(Wie erste Eindrücke täuschen können.) Er gefiel mir sofort, auch wenn er fast mein Vater hätte sein können.
    Die erste Zeit mit ihm war, für mich als Sechzehnjährige, mehr als aufregend.
    Er fuhr ein großes Auto, schmuggelte mich in Clubs, welche ich damals auf Grund meines Alters noch nicht betreten durfte und gab mir mehr Wodka Red Bull zu trinken, als ein sechzehn Jahre alter Verstand verträgt.
    Ich wurde zur Rebellin, gegen meine Eltern, meine Freunde, gegen jeden der es auch nur ansatzweise gut mit mir meinte. Nur Thorsten vertraute ich blind. Nach einem Monat gab ich mich ihm hin. Es war nicht mein erstes Mal, trotzdem war es etwas Besonderes. Er war nicht linkisch wie Michael, mein erster Liebhaber. Stattdessen ging er geschickt, zart und vorsichtig vor. Er liebte und streichelte mich bis zum Höhepunkt. Während Michael, mein Erster, sich noch vor dem Akt auf mir ergossen hatte(und es auch später nicht sonderlich geschickter anstellte), sorgte Thorsten für meinen ersten, nicht selbst verschuldeten, Höhepunkt.
    Den Tyrannen und das Monster, welches er zweifelsohne war, ließ er erst nach unserer Hochzeit zum Vorschein kommen. Vermutlich dachte er, dass ich ihn nun nicht mehr verlassen konnte. Ich schaute zu seinem toten, den blitzeblank geschrubbten Fliesenboden voll blutenden, Körper und gab ihm insgeheim recht. Nicht ich habe ihn verlassen, sondern er mich. Auch wenn ich meinen Teil dazu beigetragen hatte.
     
    Doch jetzt stand ich da und wusste nicht was ich tun sollte. Blut tropfte von eben jenem Messer, mit dem ich vorher noch Zwiebeln für die Sauce geschnitten hatte.  Die Tropfen schlugen leise auf die weißen Fliesen des Küchenbodens, für mich klang es wie Trommelschlag.
     
    Vielleicht wäre alles gut gegangen und ich würde immer noch als Kauffrau bei Gerond Betriebstechnik arbeiten, mit einer Leiche im Keller und Schuldgefühlen auf dem Herzen. Doch dann erklang die polyphone Türklingel, welche mein Göttergatte vor einem Jahr

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