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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Er war nicht bei den Waffenübungen, was gar nicht zu unserem allseits beliebten Prinzen passt. Ich hoffe, er
     macht dich glücklich, Lin. Nicht nur als König … auch als Gefährte.«
    »Ich richte ihm deine Grüße aus«, erwiderte Lin und entschuldigte sich dann mit dem Vorwand, Ilana versprochen zu haben, ihr
     bei einer Streitschlichtung zweier Engilianerinnen beizustehen. Braam verbeugte sich und verabschiedete sich. Lin lief ein
     Schauer über den Rücken. Degan hatte recht gehabt. Braam verlangte es nach Macht und anscheinend auch nach ihr. Plötzlich,
     da Degan sich von ihr abgewandt hatte, fühlte sie sich schutzlos und einsam. Was war nur geschehen? Bis vor wenigen Tagen
     war ihr Leben sorglos verlaufen. Jetzt fürchtete sich Lin vor der Zukunft. Sala musste einfach zu ihr sprechen, und sie würde
     noch einmal versuchen, mit Degan zu reden. Was immer es war, was ihn ihr entfremdet hatte – sie wollte nicht einfach dasitzen
     und abwarten.
     
    Degan machte keine Anstalten, den Riegel von der Tür zu nehmen, auch nicht, als Lin ihn anzuflehen begann. Immer weiter entfernte
     er sich in Gedanken von der Vorstellung, dass die Menschen, die ihn umgaben, seine Familie waren. Etwas in ihm veränderte
     sich stetig, und obwohl er sich noch immer fragte, warum dies geschah, hatte Degan kaum noch Lust, dagegen anzukämpfen. Im
     Gegenteil! Sein gesamtes Leben lang hatte er sich darum bemüht, sich anzupassen, seine Wut im Zaume zu halten und stets gut
     und gerecht zu sein. Nach allem, was er nun wusste … nach allem, was diejenigen, welche sich seine Familie nannten, ihm vorenthalten
     hatten, weshalb sollte er sich jetzt noch bemühen? Es fühlte sich so gut an, sich nicht mehr verstecken zu müssen. Vielleicht
     hätte er Engil einfach verlassen müssen; die stetig um Xiria kreisenden Gedanken |327| hielten ihn dazu an. Doch es war ihm nicht möglich, die Trägheit abzuschütteln. Stattdessen rief er Lin von seinem Ruhelager
     aus zu, dass sie verschwinden sollte.
    Lin gab jedoch nicht so schnell auf. Immer weiter hämmerte ihre kleine Faust gegen das Holz der Tür. Er konnte sich die Verzweiflung
     in ihrem Puppengesicht nur zu gut vorstellen. Sie erzürnte ihn!
    »Geh endlich!«, fuhr er sie an und hörte kaum zu, als sie ihm zurief, dass Braam und ganz Engil misstrauisch wurden. Was kümmerte
     ihn Braam noch, was kümmerte ihn Engil? Sie alle waren Fremde für ihn. Er konnte sie nicht spüren, wie er Xiria spürte. Etwas
     in ihm brodelte, es schwärte, und es sagte ihm, dass er aufbrechen müsste – bald schon.
    »Lass mich endlich in Ruhe, Lin!«, rief er ihr noch einmal zu, dann konnte er endlich ihre Schritte hören, die sich entfernten.
     Degan seufzte und schloss die Augen.
Xiria … Xiria … Xiria
hämmerte es immer wieder in seinem Kopf. Wo war sie? Hätte er doch nur gewusst, wohin sie gegangen war; er wäre sofort aufgebrochen,
     um bei ihr zu sein.
     
    Xiria beobachtete Dawon, wie er mit einem Stein die Schalen von Nüssen aufschlug, und tat es ihm gleich. Viel hatte sie im
     letzten Mondumlauf von ihm lernen können. Endlich war sie in der Lage, auszudrücken, was sie bewegte. Bei manchen Worten musste
     sie noch nachfragen, doch Dawon war ein geduldiger Lehrer. Er hatte ihr nicht nur das Sprechen beigebracht, sondern ihr auch
     die Geschichte der Menschen und der Greife erklärt. Oftmals hatte Xiria ihn unterbrochen und nachgefragt, ihr Wissenshunger
     schien fast unstillbar. Mittlerweile wusste sie, dass Menschen und Greife nicht von einer Art waren, dass die Greife mit einem
     Fluch belegt waren, der sie ihrer natürlichen Gestalt beraubt hatte, sie wusste, dass in Engil Menschen lebten und dass Menschen
     und Greife sich hassten. Hass! Dies war ein neues wichtiges Wort in Xirias Verständnis |328| geworden. Xiria hasste die Menschen, sie hasste
Mutter
, die eine Menschin gewesen war. Deshalb hatte sie niemals Liebe von ihr erfahren. Weil sie eine Greifin war. Doch Dawon hatte
     ihr auch erzählt, dass er noch niemals eine Greifenfrau gesehen hatte. Seit Jahrhunderten hatte es nur männliche Nachkommen
     unter den Greifen gegeben, weshalb sie sich mit Menschenfrauen zusammen tun mussten, um Nachkommen zu zeugen.
    »Aber wenn Menschen und Greife sich hassen … wie finden sie dann in Liebe zueinander?«, hatte Xiria verwirrt gefragt.
    Dawon hatte nur mit den Schultern gezuckt. »Greife lieben Menschenfrauen ohne Liebe«, war seine Antwort gewesen.
    Xiria hatte lange darüber

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