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Blutschwestern

Blutschwestern

Titel: Blutschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Interesse und wandte sich dem Wasser zu. Es duftete so klar und frisch. Als Xiria
     sich darüber beugte und ihr Spiegelbild erblickte, bemerkte sie, dass ihre Schwingen nun nicht nur von
Mutter
befleckt waren; auch das Wesen des Waldes hatte seine Spuren darauf hinterlassen.
    |321| Einem tiefen Bedürfnis folgend trat sie ins Wasser. Ein neues Gefühl überkam sie, als das Wasser ihren Körper umschloss. Noch
     nie zuvor hatte sie so viel Wasser an ihrem Körper gespürt. Mutter hatte ihr manchmal eine zweite Schale mit Wasser gebracht
     und ihr gezeigt, wie man sich wusch. Jetzt jedoch, nach Degans Kuss, verstand sie, welch ein Erlebnis es war, vom Wasser berührt
     zu werden. Xiria säuberte ihre Schwingen mit den Händen, dann wusch sie ihren Körper und ihr Gesicht. Sie wurde sogar so mutig,
     dass sie ihren Kopf unter Wasser tauchte. Allerdings musste sie husten, als sie versuchte, gleichzeitig Luft zu holen. Sie
     verstand im gleichen Augenblick, dass Wasser auch unangenehm sein konnte, wenn man sich nicht vorsah.
    Triefend nass watete Xiria aus dem See und setzte sich ans Ufer. Die große Kugel am Himmel, die sich nun zu ihrem Erstaunen
     rötlich färbte, ließ ihre Haut schnell trocknen, und ein leichter Luftzug ließ sie erschaudern. Wie hatte sie solche Dinge
     vorher nicht vermissen können? Wie war es ihr möglich gewesen, die ganze Zeit in der Hütte zu leben, ohne all dies zu kennen?
Mutter
musste sie wirklich gehasst haben, da sie ihr solche wundervollen Dinge vorenthalten hatte. Ihre Hände berührten die feinen
     Halme, welche den Boden um sie herum bedeckten. Xiria fühlte sich so lebendig wie nie zuvor in ihrem Leben.
Liebe!
dachte sie immer wieder. Dies alles war nach ihrem Verständnis Liebe. Es war schön, es fühlte sich gut an, es tat ihr wohl.
     Gedankenverloren blickte Xiria in den Himmel, wo die rote Kugel langsam verblasste. Sie streckte ihre Hand aus, um nach ihr
     zu greifen, obwohl sie bereits wusste, dass dies nicht möglich war. Selbst wenn sie in der Luft war, schien die Kugel noch
     so weit entfernt zu sein, ja sogar noch weiter entfernt als jetzt, wo sie meinte, sie müsste sie mit der ausgestreckten Hand
     erreichen. Wie viele unglaubliche Dinge würden sich ihr noch offenbaren? Während sie darüber nachdachte, schob sich ein dunkler
     Schatten vor die Kugel. Xiria kniff die Augen zusammen und hielt die Luft an. Gebannt starrte sie auf den Schatten, wie er
     immer |322| näher kam und größer wurde, gerade so, als hätte die Kugel ihn ausgespien. Er flog! Er flog genau auf sie zu. Xiria sprang
     auf die Füße und legte die Hand vor die Augen. Er kam immer näher, und sie konnte die Schwingen erkennen, die wie ihre eigenen
     durch die Luft glitten und den Körper trugen. Es begann laut in ihr zu klopfen. Dann endlich sah sie die Gestalt, wie sie
     tiefer glitt, und erkannte einen Körper, der ihrem ähnelte und gleichzeitig Degans so ähnlich war. Die Schwingen waren dunkler
     als ihre eigenen, und doch wusste sie sofort, dass dieses Wesen wie sie war. Sie lief ihm entgegen, nachdem es weich vor einigen
     der großen Gewächse aufgesetzt hatte. Offenbar hatte es sie auch gesehen, denn es blickte in ihre Richtung.
    »Xiria … Xiria«, rief sie, während sie lächelte und auf das Wesen zulief, und schlug sich dabei immer wieder auf die Brust.
     Das Wesen neigte seinen Kopf zur Seite, schien jedoch interessiert an ihren Lauten, denn es verstand sie, legte die Hand auf
     seine Brust und sagte laut und vernehmlich: »Dawon«. Und … es lächelte!
    Sie blieb stehen, betrachtete es von oben bis unten, und das Wesen tat es ihr gleich. Seine Augen zeigten keinen Hass, vielmehr
     schien es ebenso wenig zu wissen wie sie, was es nun tun sollte. Xiria wagte einen weiteren Satz. »Xiria hören Laute … mehr«,
     versuchte sie sich verständlich zu machen. Tatsächlich schien das Wesen, das sich Dawon nannte, sie zu verstehen.
    »Xiria kann nicht sprechen?«, sagte Dawon erstaunt, und Xiria schlug sich noch einmal auf die Brust. »Xiria hören mehr Dawon!«
    Schließlich kam er näher und betrachtete sie genauer. »Xiria ist ein Greif. Xiria ist eine Greifenfrau. Wie kann das sein?«
    »Xiria mehr hören … mehr«, forderte sie ihn auf, und Dawon schien zu verstehen, was sie wollte. Er tippte sich erneut auf
     die Brust und sagte: »Dawon Greif, Mann …« Dann tippte er ihr auf die Brust, eine leichte, beinahe fahrige Berührung. »Xiria,
     Greif, Frau.«
    Xiria ordnete die Worte in

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