Blutseele
Gemeinsam drehten Pierce und ich uns zu einer dämmrigen Ecke mit einer kleinen Lampe um. Meine Hoffnungen lösten sich in Nichts auf, als ich Sarah im Griff eines kleinen, elegant gekleideten Mannes entdeckte. Er hatte einen Arm um sie geschlungen und hielt ihr den Mund zu. Tränen liefen ihr über das Gesicht, und sie war steif vor Angst.
»Gordian Pierce«, sagte der Vampir mit leiser, fast weibischer Stimme. »Du hättest tot bleiben sollen.«
Ich drückte mich gegen Pierce, aber als mir klar wurde, dass ich ängstlich wirkte, trat ich vor. Ich hielt immer noch seine Hand. Ich erklärte mir selbst, dass er so seine Magie wirken konnte, aber in Wahrheit war ich genauso verängstigt wie Sarah.
»Ihr habt Euch nicht verändert«, sagte Pierce und ein neuer Akzent lag in seiner Sprechweise. »Immer noch dieselbe Schwuchtel, die kleinen Mädchen ihr ekelhaftes Selbst aufdrängt, wie ich sehe.«
Sarah gab ein herzzerreißendes Geräusch von sich, und der Vampir – Christopher, wie ich vermutete – versteifte sich. Die Knöchel an der Hand, die er über ihren Mund gelegt hatte, wurden weiß. »Ich habe euch kommen sehen«, sagte er bitter. »Du solltest nicht hier sein.«
Pierce drückte in kalter Wut meine Hand. »Euer erster Fehler war, mich in entweihter Erde zu begraben«, sagte er knapp. »Das hinterließ in mir den Wunsch zurückzukehren. Eure dreckige Existenz zu beenden ist es wert, den Himmel dafür aufzuschieben.«
Christopher hob das Kinn und verzog knurrend den Mund. Ich wusste, dass er mehrere Hundert Jahre alt war, aber er sah aus wie dreißig. Hexenmagie vom Feinsten.
»Gut«, sagte er und schubste das Mädchen auf eine Couch, wo es schluchzend zusammenbrach. »Ich werde es genießen, dich wieder schreien zu hören, während die Erde mit einem wundervollen, dumpfen Knall auf deinen Sarg fällt.«
Die Vorstellung jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. Pierce’ Hand war nass vor Schweiß. Wahrscheinlich meiner.
»Ihr unreiner Bastard«, sagte Pierce mit zitternder Stimme. »Ich werde nicht ohne das Mädchen gehen.«
Intuition und eine leichte Lichtveränderung lenkten meine Aufmerksamkeit auf das Loch in der Decke. »Vorsicht!«, schrie ich und riss Pierce nach hinten, als die zwei Vampire von vorhin heruntersprangen. Pierce begann, mit seiner freien Hand hinter meinem Rücken Gesten zu vollführen, und mein Puls raste so sehr, dass ich kaum mehr denken konnte. Mit einem tödlichen Lächeln setzten sich die beiden in Bewegung.
»Nein!«, schrie ihr Meister, und sie zögerten. »Lasst sie!« Er sah zu dem, der Sarah vorhin heruntergetragen hatte. »Du, bewach das Haus«, sagte er, dann warf er dem anderen einen abfälligen Blick zu. »Du bewachst die Treppe. Von draußen. Ich will nicht gestört werden.«
Er drehte sich zu Pierce und mir um, und ich hatte den Eindruck, dass der kleine Mann neben mir einen Fluch murmelte. »Ich mag Eindringlinge«, sagte der Vampir. »Das Gesetz wird dich wieder tot sehen, Pierce. Du hast mir nur noch mehr Terror gebracht, den du erleiden musst. Was für ein wunderbares Geschenk. Danke dir.«
Er nickte den beiden Vampiren kurz zu, und sie glitten davon, einer durch die Tür und über die dahinterliegende Treppe, während der andere direkt durch das Loch in der Decke sprang. Sarah weinte immer noch, und das Klicken der beiden sich schließenden Türen verhieß nichts Gutes. Super. Wahrscheinlich wurde es jetzt übel.
»Vertraut mir«, flüsterte Pierce und drückte meine Hand.
Ich warf ihm einen kurzen Seitenblick zu, bevor ich mich wieder auf den Vampir konzentrierte. »Was?«
Pierce schob sich an mir vorbei nach vorne. »Er wird mich umbringen, aber ich bin bereits tot. Vertraut mir. Sobald er denkt, dass ich tot bin, werde ich gegen ihn vorgehen. Befreit das Mädchen. Bitte!«
Ich wollte ihn nicht einfach hier zurücklassen. Ich würde es nicht tun! »Pierce …«
Aber er löste seine Hand aus meiner.
Kraftlinienenergie überschwemmte mich, als ich die gesamte Linie allein hielt. Pierce hatte dauerhaft Energie abgezogen, ohne dass ich es bemerkt hatte. Ich stolperte rückwärts und sah nur aus dem Augenwinkel, wie Pierce lossprang und dabei den Vampir verfluchte.
Christopher fletschte die Reißzähne und sprang vor.
»Pierce, nein!«, schrie ich aus meiner knienden Stellung. Als sie aufeinanderprallten, war ich wie erstarrt. Der Mann hatte keine Chance. Mein Herz raste vor Angst, als sie miteinander rangen, der Vampir Pierce’ Hals
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