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Blutsgeschwister

Blutsgeschwister

Titel: Blutsgeschwister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dia Reeves
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versuchte, ihn hinter seinem Rücken zu verstecken. Er schien noch schockierter zu sein als Madda.
    »Süße, ich …«
    Ihre Schreie übertönten ihn.
    »Lynne!«, rief er, aber dann wurde der Spiegel für einen Moment schwarz, bevor er wieder seinen normalen Zustand annahm und das Zimmer reflektierte: den blutenden Mann auf dem Boden, und die Jungs, die ihn mit großen Augen stumm ansahen.
    Ilan fiel neben Mr. Turner auf die Knie, und die Stille endete abrupt. Mr. Turner hatte nicht geschrien, als ihm Guthrie den Arm abgeschnitten hatte. Er hatte gewinselt und gebettelt und seine Söhne um Hilfe angefleht, aber er hatte nicht geschrien.
    Jetzt schrie er. Nicht beim Anblick seines blutigen Stumpen, sondern weil Ilan ihm das Fleischermesser in die Lenden gestoßen hatte.
    »Keine Sorge«, sagte Ilan und nahm dabei den sanften, liebevollen Ton seines Vaters an. »In einem kleinen Moment fühlt es sich gut an. Ich versprech’s dir.« Er stieß immer noch auf ihn ein, als Mr. Turners Schreie schon zu schmerzhaftem Stöhnen übergegangen waren und dann … zu ewiger Stille.
    »Ilan?« Der Klang von Gabriels Stimme ließ ihn schließlich innehalten. »Warum bewegt sich Pop nicht mehr?«
    Ilan stand auf und wich von der Blutlache zurück. So viel Blut. »Weil er jetzt tot ist. Du musst dir um ihn keine Gedanken mehr machen.«
    »Aber ich will nicht, dass er tot ist.« Gabriel hatte sich in lauter Decken eingehüllt.
    »Du musst jetzt keine Angst mehr haben«, sagte Ilan und riss die Decken von dem oberen Bett. Dann wickelte er Gabriel aus seinem Kokon aus und nahm seine Decken ebenfalls an sich. »Ich sorge dafür, dass dir niemand mehr wehtut.«
    Ilan wickelte die Leiche seines Vaters in das Bettzeug, damit sie nicht alles vollblutete, und zerrte dann den Toten durchs Haus in die Garage. Er schulterte sie in den Kofferraum des Oldsmobiles und stieg auf der Fahrerseite ein.
    Gabriel kletterte unaufgefordert neben ihn. »Wo fahren wir hin?«
    »Ich muss ihn begraben.« Ilan verstellte unbeholfen den Sitz, um ihn an seinen zwölfjährigen Körper anzupassen.
    »Wo?«
    »In Dog Run. Wo sie den Bandwettbewerb haben.« Ilan umklammerte das Lenkrad und starrte leer aus der Windschutzscheibe. »Pop hasst Musik. Es geschieht ihm recht, dass er jedes Jahr ein scheißgroßes Konzert ertragen muss.« Er ließ den Wagen an, und als die Lichter angingen, schienen sie auf einen Haufen Werkzeug, das in der Ecke der Garage lehnte.
    »Geh und hol die Schaufel da drüben«, sagte er zu seinem Bruder. »Die werden wir brauchen.«
    Gabriel bewegte sich nicht.
    »Was?« Endlich sah Ilan ihn an.
    »Was hat Pop denn getan?« Gabriels Gesicht war klein und elend. »Als du Wasser geholt hast? Es hat nicht wehgetan.«
    Ilan brach in Tränen aus. Er ließ den Kopf auf das Lenkrad fallen und verbarg sein Gesicht in den Armen. »Doch, Gabe, hat es.« Seine Stimme war durch Tränen und Scham so entstellt, dass man sie kaum erkennen konnte. »Doch, hat es.«
    Das Bild von Ilan und Gabriel, die unglücklich im Oldsmobile saßen, wurde grau und verschwand.
    Fancy blinzelte mit den Augen, nur um festzustellen, dass das Graue die Wände ihres Kellers um sie herum waren. Um alle herum. Kit, Ilan und Gabriel kauerten mit ihr zusammen auf dem Boden, der kaum groß genug für sie alle war.
    »Das war vielleicht ein Film«, sagte Gabriel ausdruckslos.
    »Du hast ihn auch gesehen?«, fragte Kit.
    »Wie hätte ich den verpassen können? Ihr habt die Leinwand groß genug für die Marsmenschen gemacht. Ich hasse es, an diese Nacht zurückzudenken.« Ihm wurde bewusst, dass er schrie, und er zwang sich sichtlich, ruhiger zu werden, auch wenn er die Verzweiflung, die in seinen Augen flackerte, wenn er Ilan ansah, nicht abstellen konnte. »Ich hasse es, daran zu denken, was all die Jahre mit dir geschehen sein muss.«
    Anders als sein Bruder war Ilan wirklich ruhig, sogar gelassen. Aber er war auch mit dem Blut seines Vaters bedeckt. Und Fancy wusste aus erster Hand, wie therapeutisch Töten sein konnte.
    »Ich wollte, dass wenigstens einer von uns aufwächst … ohne …« Ilan seufzte. »Es tut mir nur so leid, dass ich dir dafür so wehtun musste. Dir die Beine brechen, dir Gift geben, um dich dauernd krank zu machen. Aber sonst hätte er dir noch Schlimmeres angetan. Und Knochen heilen. Das andere nicht sosehr. Vielleicht nie.«
    Gabriel ließ den Kopf hängen und sagte zu dem Boden: »Ich denke immer, ich hätte etwas tun müssen. Ich hätte derjenige sein

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