Blutsgeschwister
müssen, der …«
»Red nicht so.« Ilan rückte näher an seinen Bruder und knetete ihm auf eine leichte, natürliche Art, die etwas Rituelles hatte, das Genick. »Ich wollte mehr als alles andere, dass du sicher bist.«
»Aber … Es ist, als würdest du mir die Schuld geben. Du bist sauer auf mich, weil ich nutzlos und schwach bin.«
»Nicht nutzlos – verletzt. Und ich geb dir keine Schuld. Ich weiß, es liegt an mir, dass du angefangen hast, zu schlafwandeln und Dinge zu sehen und dich verrückt zu benehmen. Es ist wegen dem, was ich vor deinen Augen getan habe. Ich habe immer nur versucht, dich von ihm fernzuhalten, damit du das nicht durchmachen musstest, aber am Ende musstest du viel Schlimmeres erleben. Ich wusste nicht, wie ich dich davor schützen sollte. Vor deinem eigenen Kopf. Manchmal steckt man am Ende in der Scheiße, ganz egal, was man getan hat.«
Fancy gab Ilan einen Klaps auf den Hinterkopf. »Sag nicht ›Scheiße‹.«
Nach einem Moment erschrockener Stille lachte Ilan, und dann fielen alle ein. Nicht herzhaft, aber immerhin.
»Tut mir leid, dass ich alles eurem Dad angehängt hab«, sagte Ilan den Schwestern.
»Na ja, Daddy hat damit angefangen«, sagte Kit großzügig. »Was ist für ihn schon eine Leiche mehr? Da wir gerade dabei sind, uns zu entschuldigen« – sie stieß Fancy an –, »wolltest du nicht Gabe noch etwas sagen?«
Fancy sah Gabriel in die Augen. »Ich mag dich nicht.«
»Fancy!«
Sie schlug nach ihrer Schwester. »Aber da Kit und Ilan zu glauben scheinen, dass du toll bist, verspreche ich, dass ich nicht weiter versuchen werde, dein Leben zu ruinieren.«
Gabriel beugte sich vor und küsste Fancy auf die Wange. »Entschuldigung angenommen.«
»Kotz«, sagte sie, aber es kam nicht wirklich von Herzen. Sie dachte an alles, was sie über Gabriel erfahren hatte. »Warum hast du mir gesagt, du hättest Mr. Turner umgebracht?«
»Weil ich nicht wollte, dass du Ilan hasst, schließlich mag er dich so sehr. Ich dachte, wenn ich es erst einmal zugebe, gibst du Ruhe. Und da du mich sowieso hasst, könntest du mich ruhig noch mehr hassen. Und Dog Run ist riesig. Ich hätte nie gedacht, dass diese Blutigen Annas verraten würden, wo die Leiche ist, oder dass du zulassen würdest, dass deine eigene Schwester eine Leiche auferstehen lässt, um mich loszuwerden.«
»Ich werde immer unterschätzt«, sagte Fancy. »Deshalb bin ich so eine erfolgreiche Jägerin.«
»Hat es sich gut angefühlt«, fragte Kit Ilan, »Mr. Turner ein zweites Mal zu töten?«
»Er ist nicht gestorben«, sagte Ilan. »Er hat sich immer noch gewunden, als er aus dem Paradies geworfen wurde.«
Fancy stand auf und sah in das Kinetoskop. »Da ist er. Immer noch in Einzelteilen.«
Ilan gesellte sich zu ihr und sah ihr über die Schulter. Ihre Lakaien waren auf dem Zeltplatz und setzten Mr. Turner wie ein Puzzle wieder zusammen.
Fancy lehnte sich beeindruckt an Ilan. »Was hast du mit ihm gemacht?«
»Da war eine Axt in dem Zelt. Sie lag da und wartete auf mich.«
»Der glückliche Ort ist so«, sagte Fancy. »Er weiß Bescheid.« Sie küsste ihn, und als sie das Blut schmeckte, seufzte sie, weil ihr einfiel, dass sie den Keller noch einmal von Blut reinigen musste. Aber sie war so glücklich, dass Ilan sicher und weg von seinem schrecklichen Vater war, dass es ihr egal war.
»Wie lange wird er dort bleiben?«, fragte er.
»Wie lange willst du, dass er dort bleibt?«
»Nur noch ein bisschen.« Ilan war nicht so gelassen, wie er schien, jedenfalls nicht, wenn das Zittern in seiner Stimme, in seinem Körper etwas zu bedeuten hatte. »Nur, bis ich drüber hinweg bin.«
»Lasst mich gehen!«
Fancy und Ilan schraken beim Klang von Mr. Turners Stimme zusammen. Besonders Fancy bebte. Sie hatte noch niemals zuvor ein Geräusch aus dem Kinetoskop gehört. Aber Mr. Turner war tot. Vielleicht waren die Regeln bei Toten anders.
»Das war nicht unser Deal!« Sehr anders. Mr. Turner starrte Fancy direkt in die Augen. Irgendwie konnte er sie sehen. Sein blutiger Kopf war von der Axt halb zerteilt, und seine Augen lagen sehr weit auseinander, als er sie ansah. »So sollte dieser Tag nicht enden!«
Sie entschied, dass Daddy bei Mr. Turner richtiggelegen hatte: Er war vollkommen selbstsüchtig. »Sie haben einen Deal mit der Tochter des Knochensägen-Killers gemacht«, sagte ihm Fancy. »Was dachten Sie, wie das ausgeht?«
Fancy nahm Ilans Hand und führte ihn aus dem Keller. Gabriel und Kit folgten ihnen. Die
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