Sternenfaust - 174 - Die große Leere (3 of 3)
STERNENFAUST, im Sol-System
4. April 2273, 1.00 Uhr
Commodore Dana Frost saß nervös in ihrem Bereitschaftsraum.
Ihr Magen rebellierte, der Geschmack in ihrem Mund war säuerlich. Dennoch nahm sie einen weiteren Schluck aus ihrem Kaffeebecher, auch wenn sie zugeben musste, dass sie bereits viel zu viel davon getrunken hatte, sodass ihr das schwarze Getränk längst nicht mehr schmeckte. Es war im Grunde kein Wunder, dass die Menschheit einst auf die bekömmlicheren Syntho-Stoffe umgeschwenkt war. Die natürlichen Röst- und Bitterstoffe der Kaffees konnte der menschliche Körper eben nur in Maßen vertragen.
Außerdem war Kaffee unerhört teuer. Er wurde nur noch in wenigen Gebieten angebaut, von hoch bezahlten Fachkräften per Hand gepflückt und mit großer Sorgfalt weiterverarbeitet. Doch Dana liebte Kaffee so sehr, dass sie sich diese seltene Delikatesse einiges kosten ließ.
Es war unglaublich, wenn man bedachte, dass sogar noch im 21. Jahrhundert die sogenannte westliche Welt Kaffee zu Spottpreisen anbot, während Großkonzerne irrsinnige Gewinne erwirtschafteten. Damals hatte sich ein durch und durch unmenschliches System etablieren können, wie Dana aus History-Filmen wusste. Während reiche Aktionäre und Vermögensinhaber immer wohlhabender wurden, arbeiteten Hunderte von Millionen in Steinbrüchen, auf Plantagen und in stickigen Fabriken, wo sie unter menschenunwürdigen Bedingungen Kaffee, Kakao oder Tee ernteten oder in irrwitzigem Tempo Kleidung und Kosmetik herstellen mussten.
Dana fragte sich, wie es den Menschen damals überhaupt möglich gewesen war, ihren Kaffee zu genießen.
Hunderttausende, darunter nicht wenige Kinder und Greise, waren damals ohne die geringsten Gewissensbisse als billige Arbeitstiere missbraucht worden. Unter unmenschlichen Akkordbedingungen mussten sie für von Jahr zu Jahr sinkende Hungerlöhne, die oft nicht zum Überleben reichten, Kaffeebohnen pflücken. Nachts wurden sie in Bretterbuden am Rande der Großplantagen eingepfercht, wo hygienisch undenkbare Zustände herrschten. Der extreme Einsatz von Pestiziden und Schädlingsbekämpfungsmitteln dekontaminierte oft sogar das Grundwasser und führte bei vielen Arbeitern zu so extremen Vergiftungen, dass allein dadurch jährlich Tausende dieser Menschen zu Tode kamen.
Dana seufzte. Mit diesen finsteren Gedanken saß sie in ihrem Bereitschaftsraum, obwohl ihr Platz eigentlich auf der Brücke gewesen wäre. Doch sie hatte die fragenden Blicke der Crew nicht länger ertragen können.
Die Wanagi, die ach so freundlichen Wanagi, die den Menschen einst das Paradies auf Erden versprochen hatten, hatten nicht nur einen Energieschirm um die Erde errichtet und die Menschen auf ihrem eigenen Heimatplaneten eingesperrt. Nein, offenbar verfügten die Wanagi auch noch über eine Technik, mit der sie den Menschen – so absurd es klang – die Lebensenergie entziehen konnten.
Die Zahlen waren noch nicht bestätigt, aber es schien so, als wären auf der Erde zeitgleich Milliarden von Menschen von einer Sekunde auf die andere tot umgefallen. Wenigstens waren jene Besatzungsmitglieder der STERNENFAUST, die sich noch auf der Erde aufhielten, wohlauf. Das galt auch für Danas Mutter. Ihr Vater und ihre Schwester befanden sich zurzeit im Wega-System.
Währenddessen tobte in der Nähe des Sonnensystems eine Raumschlacht zwischen den Wanagi und den Kad’Chie, die nicht nur menschliche Techniken, sondern sogar die menschliche Vorstellungskraft bei Weitem überstieg.
Milliarden von Schiffen kämpften in einer Schlacht, die als superluminar bezeichnet wurde. Es war eine Schlacht, bei der sich die Schiffe schneller als das Licht bewegten.
Für die Scanner der Solaren Schiffe äußerte sich das in einem wirren und planlosen Aufblitzen von Energieentladungen und Schiffszuständen.
Dana zuckte unwillkürlich zusammen, als ihre Kom-Anlage aufblinkte. Und als sie sah, wer sie sprechen wollte, gab es ihr erneut einen nervösen Stich durch den Magen.
Es waren Ratspräsident Admiral Taglieri und Admiral Suzanne Gernet.
»Commodore Frost hier«, meldete sie sich.
Dana erkannte den Ratspräsidenten nicht wieder.
Der Mann, unter dem sie vor noch nicht allzu langer Zeit auf der STERNENFAUST gedient hatte, war ihr bereits bei seiner Rede auf Mayen Thule viel hagerer und faltiger vorgekommen. Nun aber sah sie gerötete Augen und tiefe Furchen in der grauen Stirn.
Für einen kurzen Augenblick versuchte sich Dana auszumalen, welche Last
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