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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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Haare, Anfang dreißig, hinter dem Schreibtisch. Er steht auf.
    »Guten Morgen, Herr Grashoff?«
    »Richtig.«
    »Konstantin Kirchenberg. Sie hatten versucht, mich zu erreichen, dann habe ich es probiert, es war aber immer der AB dran.«
    »Ja, hat etwas länger gedauert. Manchmal kann man das nicht so abschätzen.«
    Er sagt es etwas verlegen. Ist ohnehin mehr ein leiserer Typ.
    »Sie wollten mir etwas sagen.«
    Er bietet den Platz gegenüber an, setzt sich wieder.
    »Ja. Sie waren ja gestern bei uns und haben sehr...«, er findet nicht das richtige Wort, »jedenfalls haben Sie gesagt, wir sollten auch die kleinste Kleinigkeit mitteilen. Ich glaube zwar auch, dass der Bernd damit nichts zu tun hat, mit dieser ganzen Sache, ich kann mir das eigentlich bei keinem Menschen vorstellen, trotzdem hat mich das gestern beeindruckt, was Sie über Gerechtigkeit gesagt haben.« Sieh an, ein Fan. Dass ich das noch erleben darf. »Und wie Sie schon sagten: Wenn nichts daran ist, wird Gott das schon so lenken, dass es auch rauskommt.«
    Hab ich das so gesagt?
    »Und was wollten Sie mir mitteilen?«
    »Möglicherweise ist es wirklich unwichtig. Aber wir haben in der Gemeinde eine ganze Reihe älterer Mitglieder. Einige von denen kommen gut zurecht, einige so einigermaßen. Bei denen, die Unterstützung brauchen, haben wir so genannte Patenschaften eingerichtet.«
    »Was bedeutet das?«
    »Das ist ganz unterschiedlich. Manche brauchen nur einmal im Monat Hilfe, vielleicht mal beim großen Wohnungsputz, andere häufiger, beim Einkaufen bestimmter Dinge oder bei Behördengängen.«
    »Weiter.«
    »Einer dieser Brüder ist Gernot Klein. Der ist dreiundachtzig, lebt allein, ist ein bisschen schlecht zu Fuß, kommt aber so eigentlich ganz gut zurecht. Allerdings ist er, ich will ihm nicht Unrecht tun, intellektuell nicht besonders begütert. Außerdem ist er Aussiedler, zwar schon seit zwanzig Jahren hier, aber trotzdem, gerade bei behördlichen Sachen, Krankenkassen und dem ganzen Papierkram braucht der dringend Hilfe, weil er sonst alles unterschreibt und nicht zurechtkommt. Wir haben ihm auch fest eingebläut, er soll nicht immer so vertrauensselig und leichtsinnig sein, aber...«
    »Ja?«
    »Es ist schon eine Zeit her, da rief Gernot hier im Büro an und war ein wenig aufgeregt, weil er einen Anruf von der Volksbank bekommen hatte, er solle sein Konto überprüfen, es wäre etwas mit dem Computer passiert. Das Seltsame dabei ist, dass Gernot Klein mir sagte, er sei immer Kunde der Stadtsparkasse gewesen und habe gar kein Konto bei der Volksbank. Ich wollte das klären, aber man hat mir bei der Volksbank telefonisch keine Auskunft gegeben.«
    »Und der... Wie nannten Sie es? Patenschaften? Und der Patenonkel von Herrn Klein war Bernd Michels?«
    »Richtig. Ich habe es dann Bernd gesagt, der das regeln wollte, und er hat dann später mitgeteilt, es wäre alles eine Verwechslung gewesen und hätte sich aufgeklärt. Etwa ein oder zwei Wochen später habe ich dann aber unfreiwillig ein Telefonat von Bernd mitgehört, bei dem es offensichtlich auch um dieses Konto ging. Ich hatte mich an den Namen des Sachbearbeiters erinnert. Ich weiß nicht mehr den Wortlaut, aber ich weiß noch, dass ich damals verwundert war, weil ich fast den Eindruck hatte, dass Bernd sich mit dem Namen ›Klein‹ verabschiedet hat.«
    »Bitte?« Falsche Namen. Er versucht, seinen Namen zu vertuschen.
    »Ich kann mich natürlich täuschen. Sie kennen das vielleicht auch, dass man manchmal Telefonate mithört und ganz komische Gedanken hat, weil man den anderen nicht hört. Aber weil Sie gestern gesagt hatten, auch Kleinigkeiten könnten wichtig sein, dachte ich mir...«
    »Und Herr Michels ist immer noch für Gernot Klein zuständig?«
    »Eigentlich ja.«
    »Wo finde ich Herrn Klein jetzt?«
    »In seiner Wohnung, noch.«
    »Wieso noch?«
    »Ich habe ihn vor einer Woche bei einem Gottesdienst gesehen, und ich habe den Eindruck, dass er nicht mehr lange ohne ständige Betreuung auskommen wird.«
    »Können Sie mir die Adresse aufschreiben?«
    Kann er, sieht in einer Liste nach, notiert, reicht den Zettel.
    »Danke, Herr Grashoff, möglicherweise war das sehr wichtig, was Sie uns mitgeteilt haben.«
    Die Tür zum Meditationsraum ist offen, drinnen Gelächter.
    Das Handy, Telefonbuch, Ulla.
    »Wiesing, Mordkommission.«
    »Ich bin’s, Ulla. Was Neues?«
    »Wir wollen noch nicht in Panik geraten, aber zurzeit wissen wir nicht, wo er ist. Er ist natürlich entlassen

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