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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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worden, und Tom hat ihn zuletzt vor dem Verhandlungssaal mit seiner Anwältin gesehen. Das ist’ne gute Stunde her. Mark und Sonja sind unterwegs, aber weder in der Firma noch zu Hause ist er bis jetzt aufgetaucht. Mit dem Taxi ist er jedenfalls nicht vom Gericht abgefahren, das haben wir überprüft. Thorsten steht seit zehn Minuten am Bahnhof.«
    »Ich habe es gewusst, verdammt. Aber vielleicht haben wir Glück, und er isst irgendwo’ne Pizza.«
    »Und bei dir? Was sagt Grashoff?«
    »Ich bin mir noch nicht sicher, wie sich das alles zusammenreimt, aber es könnte sein, dass Michels irgendwie den Namen eines alten Mannes, den er pflegt, ausgenutzt hat. Ich fahre da jetzt mal hin. Ist Ernst da?«
    »Der steht neben mir.«
    Kurze Pause.
    »Was gibt es?«
    »Ernst, versuch mal, bei der Volksbank was über das Konto eines Gernot Klein, Randstraße 14, rauszukriegen.«
    »Ich probiere es, aber du weißt, dass die ohne staatsanwaltschaftliches Auskunftsersuchen mit Sicherheit rumzicken.«
    »Ja, ich weiß. Dann versuch, blitzartig eines zu besorgen, das für Michels hatten wir ja schon. Ich melde mich, sobald ich bei Klein war.«
    Es schneit nur noch winzige Flocken, beim Gasgeben drehen die Räder durch.

14 Uhr 17
    Schellen. Noch mal. Komm, Opa, mach hin. Der Summer, die Tür springt auf. Erster Stock, er steht in der geöffneten Tür, keine Sicherheitskette. Leicht gebückt, die Rechte auf einen Stock gestützt. Seine weißen Haare sind in fettigen Strähnen nach hinten gekämmt, schüttere Bartstoppeln, er lächelt. In den Mundwinkeln blitzen Goldzähne.
    »Ja?«
    »Herr Klein?«
    »Ja.« Mit Nicken.
    »Mein Name ist Kirchenberg, ich komme von der Polizei.« Blitzartig schießt Ehrfurcht in seine Züge.
    »Polizei? Was los?«
    »Sehen Sie sich erst mal meinen Ausweis an. Das sollte man immer tun, schon zur eigenen Sicherheit.«
    Er macht es trotzdem flüchtig.
    »Herr Klein, ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen. Sollen wir das hier machen oder drinnen?«
    »Können reinkommen.« Deutlicher Akzent, er macht einen Schritt zur Seite, schließt die Wohnungstür. Das Wohnzimmer ist rechts, er hat selbst mit dem Stock Mühe zu gehen. Reichlich Nippes auf allen Flächen, das frischeste Luftmolekül ist mindestens vierundzwanzig Stunden alt.
    Aber freundlich ist er. Es stinkt, aber er ist freundlich.
    »Ich wollte Ihnen ein paar Fragen stellen zu Bernd Michels, Herr Klein. Den kennen Sie, nicht wahr?«
    »Ja, Bernd. Kommt immer und hilft mir. Guter Mensch, Bernd, und schlauer Mann.« Er tippt sich seitlich mit dem Finger an den Kopf.
    »Ja, schlauer Mann. Was macht denn der Bernd so alles?«
    »Alles. Bernd macht immer Briefe auf. Deutschland immer ganz viele Briefe. Krankenkasse, Versicherung, ach, und alles. Bernd macht immer die Briefe.«
    »Haben Sie keine Verwandten, Herr Klein?«
    »Nein, nicht mehr. Frau ist schon sechzehn Jahre tot und wir keine Kinder. Eine Bruder lebt noch in Russland. Ist aber auch schon alt.«
    »Da haben Sie hier nur die Leute aus der Gemeinde?«
    »Ja. Gemeinde ist gut. Gute Leute.« Er lächelt weich, seine hellen Augen blicken völlig arglos.
    »Und wie macht der das, der Bernd? Ich meine, wenn er Ihnen bei der Post hilft.«
    »Wenn Briefe kommen von Kasse oder Versicherung oder Amt, lass ich liegen, bis Bernd kommt. Bernd sagt dann meistens: Kannst du wegschmeißen.« Er muss lachen. »Bei Versicherung. Aber nicht immer. Manchmal muss ich unterschreiben oder zurückschicken.«
    »Und wenn Bernd sagt: Unterschreiben, dann unterschreiben Sie auch?«
    »Ja. Bernd schlauer Mann. Und Bernd gute Mensch.«
    Kann man wohl sagen, Bernd schlauer Mann.
    »Manchmal fährt auch mit, manchmal, zu Versicherung oder Kasse.«
    »Er fährt mit Ihnen dann dahin und sagt, was Sie machen müssen?«
    »Ja. Bernd ist große Hilfe.«
    »Und Sie machen immer, was der Bernd sagt?«
    »Ja.« Mit Überzeugung. »Manchmal ich verstehe gar nicht, was da steht, was Leute meinen.«
    »Und Ihre Bankgeschäfte haben Sie bei der Sparkasse?«
    »Ja, immer. Wenn ich gekommen bin nach Deutschland, ich bin zur Sparkasse. Immer Sparkasse.«
    »Und vor ein paar Wochen haben Sie einen Anruf von der Volksbank bekommen.«
    »Ja, ist schon länger her, zwei Anrufe. Wäre Computer kaputt. Ich sollte sofort überprüfen, ob Konto noch in Ordnung.«
    »Und was haben Sie da gemacht?«
    »Hatte keine Ahnung, habe ich in Gemeinde angerufen, Bernd war erst nicht da, hat aber dann die Sache geregelt.«
    »Wie hat er sie

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