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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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besser als warmer, süßer Milchkaffee.«
    Er gießt ein, reicht die Tasse. Die Finger kribbeln an der heißen Außenwand, es riecht süß und würzig, ein Schluck, noch einer. Wärme ist Leben.
    »Ich dachte im ersten Augenblick, du wärst wegen der Haftbeschwerde gekommen.«
    »Ach ja. Hab ich ganz vergessen. Ne, war nicht der Grund. Ich brauchte einfach mal’ne Stunde Abstand, sind mir alle auf den Zeiger gegangen, heute Morgen. Wann wird die denn verhandelt?«
    »Um zwölf.« Er sieht auf die Uhr. »Ich muss jetzt auch los. Willst du mit?«
    »Meinetwegen, wenn ich schon mal hier bin. Komische Zeit für’ne Haftbeschwerde.«
    »Wird schnell gehen. Der Richter wird ihn rauslassen, das ist sicher. Hat vorgestern bei der Verkündung des Haftbefehls schon angedroht, wenn wir beim nächsten Mal nicht mehr hätten...«
    Noch den letzten Schluck. Am Tassenboden der restliche Zucker, kein Löffel in Sichtweite, dann mit dem Finger.
    Tom schließt ab, eine Treppe runter.
    Der Raum ist offen, die Schreibkraft ist schon da. Tom geht zu seinem Platz, die Besucherplätze sind alle frei. Nehmen wir mal die erste Reihe nah an der Tür, alter Bullenbrauch. Zwei Justizwachtmeister bringen Michels, er ist gefesselt, Frau Green-Gerber dicht dahinter. Na, komm. Ein tödlicher Blick. Sie ignoriert völlig. Die Tür in der hinteren Ecke geht auf, der Richter erscheint.
    Das Handy. Verdammt.
    »Kirchenberg.«
    »Konni, hier ist Ulla. Für dich hat eben ein Alexander Grashoff angerufen.«
    »Alexander Grashoff?« Michels wendet den Kopf, intensiver Blick. »Kenne ich nicht.«
    »Würden Sie die Güte besitzen, Ihre Telefonate nicht in diesem Raum zu führen?«
    Der Richter, laut, scharf, mit gottgleicher Arroganz. So sind sie. Raus, Tür zu.
    »Kommt mir irgendwie bekannt vor, komme ich aber jetzt nicht drauf.«
    »Er sagte, du wärst gestern in der Kirchengemeinde gewesen, und er wollte dir was sagen.«
    »Ach ja. Der Ersatzbuchhalter. Was Wichtiges?«
    »Weiß ich nicht. Er sagte nur was von gestern, und er hätte vielleicht was, was von Interesse wär.«
    »Hat er seine Nummer dagelassen?«
    »Hat er. Aber er ist die nächste knappe Stunde nicht zu erreichen, weil er eine Meditation leitet.« Machen die auch noch mal was anderes? »Wo bist du überhaupt?«
    »Ich bin im Gericht, komme jetzt aber wieder rein. Das wird nur etwas dauern, weil ich keinen Wagen dabeihabe.«
    »Dann bis gleich, mein Lieber. Zieh dich warm an, schon mal nach draußen geguckt?«
    Gespräch beendet.
    Noch mal reingehen? Ach, wozu?
    Alexander Grashoff aus der Kirchengemeinde.
    Draußen fallen kleine weiße Flocken.

12 Uhr 17
    Durch die Frotteemassage kommt langsam wieder Leben in die Zehen. Aber die Schuhe bleiben nass. Kann ja Beckmann fragen, ob der ein Paar Gummistiefel für die Tatortarbeit verleiht. Der Ermittler mit den Stiefeln.
    Noch mal Wahlwiederholung, viermal klingeln.
    »Hier ist der automatische Anrufbeantworter der Kirchengemeinde...«
    Wegdrücken. Ist das eine Marathonmeditation?
    Die E-Mails.
    Eins: Papierkorb.
    Zwei: Papierkorb
    Drei: Lechleitner, Kripo Weiden.
    Ja, hallo. Öffnen.
    Hallo, Kollege Kirchenberg, ganz kurz zur Information:
    Konnten gestern in Amberg den Vermieter ermitteln, bei dem Michels zur Tatzeit Adolf Benz 1998 gewohnt hat, ein Heinrich Ebermeier. Unangenehmer Mensch, Typ Blockwart. Hat bis heute drei Eigentumswohnungen in einem größeren Komplex, die er vermietet. Konnte sich an M. erinnern. War ihm sehr unsympathisch. Hat M. nie in Frauenbegleitung gesehen, was ihm verdächtig war. Noch eine Besonderheit, an die er sich erinnerte: M. hat beim Auszug die Wohnung komplett vom Boden bis zur Decke renoviert, was er laut Mietvertrag nicht gebraucht hätte. Wenn M. so vorsichtig ist, wie ihr sagt, ist das vielleicht im Hinblick auf einen möglichen Tatort nicht uninteressant. Melde mich wieder.
    H. Lechleitner
    Nie in Frauenbegleitung, soso. Ich habe es gewusst, verdammt. Und warum renoviert einer eine Wohnung, obwohl er es nicht muss? Ist doch mehr als eigenartig.
    Wahlwiederholung, viermal klingeln.
    »Hier ist der...«
    Wegdrücken. Meditation, von wegen. Die machen da’ne Orgie oder so was.
    Die Tür geht auf, Ulla.
    »Na, taust du langsam wieder auf? Es war übrigens noch ein Anruf für dich. Ein Kollege Goldbeck...«
    »… ehemaliger Kollege...«
    »… dann eben ehemaliger Kollege. Der hat angerufen, als du auf dem Rückweg warst. Soll dir nur sagen, dass er heute den ganzen Tag erreichbar ist. Hier ist die

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