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Blutskizzen

Titel: Blutskizzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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gestern gesagt, er solle nicht blöd sein, du wärst dir sicher, dass es so ist, weil du mich in eindeutiger Situation in der Stadt gesehen hättest.«
    »Na ja, ich habe dich auch gesehen, gestern Morgen.«
    »Ja? Was war das denn für eine eindeutige«, das Letzte betont, »Situation, von der du gesprochen hast?«
    »Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich das so gesagt habe.«
    »Bevor wir dieses Spielchen ›hab ich so nicht gesagt‹ machen, nur so viel, Konni: Ich will dir nicht alles auf die Nase binden, was dich nicht wirklich etwas angeht, aber du weißt, dass wir schon seit Jahren einen unerfüllten Kinderwunsch hatten und eigentlich schon damit durch waren. Damit hatte das zu tun. Holland, die Freundin, die Reisen und alles andere, was er dir sonst noch erzählt hat, ich will gar nicht wissen, was alles. Und zu der eindeutigen Situation von gestern: Wenn du auch nur andeutungsweise gesagt hättest, dass es ein älterer Mann in einem Mercedes war, dann hätte auch Bruno gewusst, dass es sich um meinen Chef gehandelt hat. Der Mann kennt mich seit meiner Geburt, ist ein alter Freund meines Vaters, und seit der vor zehn Jahren gestorben ist, auch so was wie ein väterlicher Freund für mich. Wir verabschieden uns häufig mit Umarmung, nur: Mit Sex hat das überhaupt nichts zu tun.«
    Sie macht eine Pause, wartet. Was soll man darauf sagen? Blöd gelaufen. Die Sprachlosigkeit wird unerträglich.
    »Das tut mir natürlich leid, Doris, aber...«
    »Das kann es auch, verdammt noch mal. Du bist einer von Brunos besten Freunden, und vielleicht habe ich mich irgendwann wieder so abgeregt, dass ich eine Entschuldigung von dir akzeptiere, jetzt nicht.«
    Sie dreht sich auf dem Absatz, geht, die Tür fällt mit Wucht ins Schloss.
    Scheint ja ein Glückstag zu werden.
    Telefon.
    Im Display Neumann, Pressestelle. Klingeln lassen, jetzt nicht. Die Box springt an.
    »Hi, Konni, hier ist Felix von der Pressestelle. Wir würden deine Sache von gestern Abend gern in die Zeitung bringen. Auch der Präsident legt sehr viel Wert darauf. Ist einfach ein tolles Beispiel für Zivilcourage und Selbstlosigkeit und’ne Superwerbung für die Polizei in der Öffentlichkeit. Komm bis heute Mittag mal vorbei, um die Details abzusprechen.«
    Ne, nicht mit mir. Raus hier, raus. Einfach nur gehen.
    Jacke an, die Treppen. Vorne sind Kollegen, keinen Bock auf Gespräche. Dann über den Hof, Code eingeben, Tür auf, draußen kalter Regen.
    Einfach nur gehen.
    Der Regen tut gut.

11 Uhr 20
    Der Regen wird immer mehr zu Schnee, auf einigen Flächen ist es schon weiß. Die Fußgängerampel springt auf Rot, rechts ist ein Schuhgeschäft, unter dem Vordach stehen bleiben.
    Das hätte doch jeder normale Mensch angenommen, dass die was laufen hat, so abwegig ist das nun auch wieder nicht. Geheime Reisen, Holland, nach Düsseldorf fahren, ohne was davon zu sagen, und die Sache mit dem alten Kerl, was soll man da schon denken? Väterlicher Freund, na, prima... Blöd gelaufen eben.
    Grün.
    Auf dem Bürgersteig bildet sich erster Schneematsch, die Schuhe sind an einigen Stellen durch, die kleinen Zehen ohne Gefühl. Links und rechts kaum Geschäfte, nur hin und wieder kleine Vordächer über den Hauseingängen, kaum Schutz. Die Kälte zieht langsam vom Kopf bis in den Nacken, der Schnee wird stärker, kaum noch Regen dazwischen.
    Was ist, wenn er es wirklich nicht war?
    Zwischen den Häuserlücken peitscht der Wind durch, schneidet in die Gesichtshaut, der Schnee wird immer dichter, kaum zu ertragen. Keine Kneipe in Sicht, kein Stehcafé, nicht mal ein Straßenbahnhäuschen. Wo sind wir überhaupt? Einfach so drauflosgelatscht. Am Straßenschild klebt Schnee, Hauptstraße, nichts Bekanntes in der Nähe. Höchstens die Staatsanwaltschaft, zwei Straßen weiter. Gute Idee, bei Tom Nagel einen Kaffee schlauchen.
    Der Mann im Glaskasten am Eingang winkt durch, die Wärme ist wie eine Erlösung. Erster Stock. Bei Tom steht die Tür auf, der Aktenbote kommt raus, schiebt seinen Wagen weiter.
    Kurz klopfen.
    »Hallo, Tom.«
    »Morgen, Konni, mein Gott, wie siehst du denn aus? Komm rein.«
    »Ich brauchte einfach mal etwas frische Luft, bin aber vom Wetter überrascht worden. Kann ich bei dir einen Kaffee schnorren?«
    »Du siehst mehr so aus, als brauchtest du ein Handtuch.« Er nimmt seine Warmhaltekanne, schüttelt sie, beruhigtes Nicken.
    »Schwarz.«
    »Eigentlich ja, aber bei Kälte bitte mit Milch und Zucker. Wenn du richtig durchgefroren bist, ist nichts

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