Blutstein
Vollgas
dagegenzufahren.
Im Licht der Scheinwerfer sah er die roten Klumpen im Gestein. Der
Blutstein.
Er stellte sich mit dem Rücken zum Felsen und versuchte, zu Atem zu
kommen.
Der Motor heulte noch einmal auf, aber Fall schien zu zögern. Dann
fuhr er einen Bogen, platzierte den Wagen parallel zur Felswand und gab Gas.
Die Wand bot keinen Schutz mehr, und Per hatte nur eine einzige
Chance: die Steintreppe.
Da hörte er plötzlich ein Rufen. Mitten im Lauf sah er nach oben.
An der Felskante stand jemand – eine große und gekrümmte Gestalt,
die sich auf einen Stock stützte. Es war der alte Gerlof. Er stand am Rand des
Steinbruchs und hob seinen Stock in die Luft.
Per rannte weiter. Das Auto hinter ihm wurde schneller, Per wusste
nicht, wie nah es war, aber es gab ohnehin keinen anderen Fluchtweg.
Ihm blieb nur eins: um sein Leben zu rennen. Aus dem Augenwinkel sah
er, dass Gerlof etwas in die Luft hob, aber er hatte keine Zeit, noch einmal
hochzuschauen. Sein Herz raste, sein Körper schmerzte, er würde bald
kollabieren.
Das Dröhnen hinter ihm wurde lauter, es waren nur noch zehn Meter –
und als Per erkannte, dass er es nicht schaffen würde, machte er zwei große
Schritte und warf sich nach links auf die Seite, rollte mehrfach um die eigene
Achse und machte sich dann so klein wie möglich.
Sekunden später raste der Ford an ihm vorbei, die Reifen verpassten
nur um wenige Zentimeter seine Füße.
Per schloss die Augen und hörte, wie der Wagen eine Vollbremsung
machte. Der Kies knirschte, die rechte Wagenseite schabte an der Felskante
entlang, und dann gab es einen lauten Knall, und ein durchdringendes Dröhnen
folgte. Danach regnete es kleine Kieselsteine.
Vorsichtig sah er sich um.
Thomas Fall war mit Pers Steintreppe kollidiert. Einer der
Frontscheinwerfer war zertrümmert, aber die Rücklichter brannten noch. Wie zwei
rote Augen in der Dunkelheit.
Dann stürzte die Treppe in sich zusammen. Die Kalksteinblöcke, die
Per aufeinandergestapelt hatte, schwankten, fielen über die Kante und
zerschmetterten Motorhaube und Windschutzscheibe.
Der Boden wackelte, als die letzten Blöcke vor ihm auf dem Boden
aufschlugen.
Per schloss erneut die Augen und wartete, bis alles still wurde.
Der Automotor heulte ein letztes Mal auf, spuckte und hustete und
erstarb dann. Nun war es totenstill im Steinbruch.
Per holte tief Luft und öffnete die Augen. Da sah er, dass einer der
Steinblöcke nur etwa einen halben Meter von seinem Bein entfernt aufgeschlagen
war.
Langsam erhob er sich und blickte hinüber zu Falls Wagen.
Das Dach war eingedrückt, die Seitenfenster zersplittert. Im Inneren
des Wagens bewegte sich nichts.
71
E in
steifer Wind blies ihm entgegen, als Per die Felskante erklommen hatte.
»Ich habe gesehen, dass er nicht bremsen würde«, sagte Gerlof. »Der
wollte Sie überfahren, da habe ich meinen Stock geworfen.«
Per wischte sich das Blut von seiner geplatzten Augenbraue.
»Und, haben Sie ihn erwischt?«, fragte er.
»Ich habe die Windschutzscheibe getroffen, vermutlich hat ihn das
durcheinandergebracht ... und dann ist er mit der Steintreppe kollidiert.«
Per nickte und sah hinunter in den Steinbruch. Die intakten
Rücklichter brannten noch. Ein wilder Haufen aus Kies und Steinen bedeckte die
Motorhaube und verhinderte den Blick auf den Fahrersitz.
Unten am Strand sah man das Licht der Lagerfeuer, und der Wind trug
Musik und Gelächter über den Steinbruch.
Nachdem die Treppe in sich zusammengestürzt war, hatte Per versucht,
einen der Steinblöcke vom Wagen zu stoßen. Erfolglos. Er hatte zu große
Schmerzen. Dann hatte er sich langsam auf den Weg gemacht, den Steinbruch über
den Schotterweg zu verlassen, den auch Thomas Fall benutzt hatte, und war den
Umweg an der ansteigenden Felskante entlanggegangen. Dort hatte Gerlof
gestanden und auf ihn gewartet.
Mit leiser Stimme fragte er Per:
»Wie geht es Ihnen?«
Per versuchte, in seinen Körper hineinzuhorchen, und hob den
verbrannten Arm:
»Ganz gut, abgesehen von dem Arm. Ich habe mir wahrscheinlich ein
paar Rippen gebrochen und einige Prellungen und Schürfwunden. Und vielleicht
auch eine Gehirnerschütterung. Aber sonst geht es mir gut.«
»Es hätte schlimmer kommen können.«
»Allerdings. Er hatte eine selbst gebaute Bombe, so etwas Ähnliches
wie er auch im Filmstudio benutzt hat. Erst wollte er mich mit Benzin
übergießen und anzünden, und als das nicht klappte, hat er versucht, mich zu
überfahren.«
»Und das
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