Blutsverwandt: Kriminalroman (German Edition)
mitteilen, dassSie vor Ort sind, kommen wir nach.« Der Trupp setzte sich in Bewegung und verschwand bald im Gebüsch eines steilen Abhangs.
Insgesamt waren es achtzehn Männer.
Nach etwa einer halben Stunde ertönte Carraccis keuchende Stimme im Ohr des Colonnello.
»Wir sind da.«
Trimarchi wies die Fahrer an loszufahren und gab gleich darauf Ferraras Hubschrauber, zu dem noch ein weiterer mit den Amerikanern an Bord gekommen war, das Okay zur Landung. Wenige Minuten später kreisten sie bereits über der Klosteranlage, dem Herzen des Aspromonte. Der Helikopter mit den Amerikanern blieb im Tiefflug, um das Gelände von oben zu überwachen und eventuelle Bewegungen zwischen den Bäumen auszuspähen. Der andere dagegen setzte zur Landung an. Er kreiste noch einmal und landete dann keine hundert Meter vom Zielort entfernt.
»Gehen wir«, sagte Ferrara, kaum dass sich die Klappe geöffnet hatte. Er war oft an diesem Ort gewesen, damals in den Achtzigerjahren. Aus einiger Entfernung kam er ihm unverändert vor, als wäre die Zeit stehen geblieben. Er spürte einen Knoten im Magen. Sie sprangen heraus und liefen los. Der störende Lärm der Rotorblätter begleitete sie noch einige Minuten lang. Inzwischen hatten die Polizeitrupps die kleine Häusergruppe der uralten Ansiedlung umringt. Alle Gebäude waren dem Anschein nach verlassen, niemand wusste, wie lange schon. Kein Mensch zu sehen. Als der Commissario und die anderen sich bis auf ein paar Dutzend Meter angenähert hatten, hörten sie einige schnell aufeinander folgende Schüsse. Gewehrschüsse. Gleich darauf schrie jemand: »Polizei! Legen Sie die Waffe weg und kommen Sie heraus!«
»Ich bin der Wächter des Wallfahrtsorts«, schrie eine andere Stimme zurück.
Sie gingen in die Richtung und sahen einen jungen Mann mit erhobenen Armen.
»Ich bin der Wächter hier!«, schrie er noch einmal.
Alfredo Prestipino erkannte ihn sofort.
»Das ist nur ein Wachposten«, murmelte er. »Es müssen noch andere in der Nähe sein, und sie sind garantiert auch hier, Dottore.«
»Wohin zuerst?«
»Ins Kellergeschoss des Klosters. Schnell.«
»Sie warten hier.«
»Nein, lassen Sie mich mitkommen!«
»Das ist zu gefährlich«, widersprach Ferrara und ließ zwei Polizisten zu seinem Schutz bei ihm zurück. Dann lief er weiter und betrat, gefolgt von den Männern des NOCS und den anderen Polizeikräften, den Innenhof des Konvents. Gleich darauf stieß auch der Colonnello zu ihm. Im selben Moment hörten sie weitere Schüsse, zuerst Gewehrschüsse und als Antwort darauf Maschinengewehrgarben.
Ein wahres Feuergefecht.
Das Kloster, das hinter der Wallfahrtskirche lag, schien erst vor kurzer Zeit restauriert worden zu sein. Die Arbeiten waren offenbar teilweise sogar noch im Gang.
Das Gebäude bestand aus zwei Stockwerken. Auf jedem ermöglichten es Bogengänge mit umlaufenden Eisengeländern den Gästen, in den Innenhof zu blicken, in dessen Mitte sich ein gemauerter Ziehbrunnen mit einer verrosteten Laufrolle befand. An die Gänge mit den hohen Decken grenzten die Zimmer an. Nachdem sie den Klosterhof durchquert hatten, stiegen die Polizisten ins Kellergeschoss hinunter. Sie brauchten keine Türen aufzubrechen, denn die waren alle ausgehängt worden und lagen in einer Ecke auf dem Boden.
»Polizei! Stehen Sie auf und heben Sie die Hände hoch!«, brüllte unversehens der Kommandant des NOCS .
Ferrara eilte zu ihm hin.
In einem engen Raum konnte man im Halbdunkel die Schemen von vier Personen ausmachen, die auf kleinen Hockern saßen. Keine von ihnen machte den Versuch, sich zu widersetzen. Die Beamten richteten ihre Taschenlampen auf sie und erkannten drei ältere Männer und eine Frau. Die Männer mit ihren faltenzerfurchten Gesichtern hätten Hirten aus der Gegend sein können. Die Frau dagegen wirkte gepflegter und passte auf den ersten Blick nicht recht zu ihnen. Sie hatte kniehohe Gummistiefel an und trug eine schwarze Wollstola um die Schultern. Alle vier blieben gleichmütig.
»Wer sind Sie?«, fragte Ferrara, die Pistole fest in der Hand.
»Wir sind Freunde«, antwortete der Mann, der anscheinend der Älteste war, und musterte ihn. Dabei dachte er: Na so was, so sieht man sich wieder, der Fuchs vom Aspromonte!
»Freunde von wem?«
»Einfach Freunde. Wir sind vier Freunde«, sagte der Alte mit schiefem Lächeln.
»Zeigen Sie Ihre Ausweise vor.«
Die anderen beiden Männer holten ihre Personalausweise aus den Brieftaschen und gaben sie ihm.
»Und Sie?«,
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