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Bluttaufe: Thriller

Titel: Bluttaufe: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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Zug?

    »Brüderchen, komm, tanz mit mir, beide Händchen reich ich dir, einmal hin, einmal her, rund herum, es ist nicht schwer!«
     
    Gefällt dir das Lied? Du weißt, Mutter hat es immer gesungen. Du warst der Musikalischere, auch wenn du es verheimlicht hast. Warum? Immer habe ich sie gehört, deine Melodien. Du hast im Schlaf gesungen. Es war nur ein Summen und manchmal ein auf- und abklingendes Rauschen.
    Wie der Urknall, in dem wir alle für immer geboren sind. Ich habe mich gedreht in deinen Liedern, habe sie leise mitgesummt. Schlaf, Kindlein schlaf … Wollte dich nicht wecken.
    Und bald schlägst du die Augen auf und bist da. Ist das nicht großartig?
    Ich habe nicht damit gerechnet, nicht damit. Plötzlich wirst du da sein, alles hat einen Sinn. Es ist so, als würde man plötzlich die Rückseite des Mondes sehen. In strahlendem Licht.
    Doch jetzt lege ich meine Hand auf dich und du musst vergehen. Ganz tot sein musst du, damit ich dich wieder zum Leben erwecken kann. Du warst nie verschwunden, und doch kann dich niemand finden. Nein, du warst nie fort … du hast nur geschlafen und jetzt leg ich meine Hand an dich.

12.
    Die salzige Luft tat gut. Vor ihr wippten Barkassen durch das Hafenwasser und eine restaurierte Dampfbarkasse stieß das heisere Tuten ihres Nebelhorns über die Wellen.
    Kaja Winterstein spürte das sanfte Schaukeln unter sich. Um diese Zeit war sie die einzige Besucherin auf dem Feuerschiff, das früher in der Elbmündung seinen Dienst getan hatte. Jetzt war es zu einem schwimmenden Café umgebaut und zog vor allem Touristen an.
    Mitten zwischen den Segelyachten startete ein einmotoriges Flugzeug. Zwei Segler in blauen Anoraks schrubbten ihre Kunststoffdecks und die Besatzung der Hafenpolizei holte die Fender ihres Bootes ein.
     
    Kaja Winterstein klappte ihren Laptop auf. Das Postfach signalisierte den Eingang dreier Mails.
    Sie löschte die Werbebotschaft eines Elektronikhändlers und öffnete die Nachricht ihrer Tochter. »Bin heute Abend nicht da. Grüße Leonie.«
    Kein Grund für ihre Abwesenheit, keine Entschuldigung, kein Bedauern. Dabei hatten sie sich zu einem gemeinsamen Abendessen verabredet, um miteinander zu reden. Das heißt, sie wollte reden, wollte hören, wie es weitergehen sollte. Mehr als einmal hatte sie daran gedacht, ihren Ex-Ehemann anzurufen.
    Sie wurde den Verdacht nicht los, dass die beiden gemeinsame
Sache gegen sie machten. Ihre Tochter zeigte sich vollkommen desinteressiert an allem, was jetzt für sie anstand. Die Internatszeit war bald beendet und immer noch unklar, was sie mit dem mühsam erworbenen Abitur eigentlich vorhatte. Das heißt, wenn sie es überhaupt schaffte. Über schulische Leistungen verweigerte sie beharrlich jede Auskunft.
     
    Obwohl diese überzogene Protz-Villa mit Alsterblick, abgesehen von den durch sie bezogenen und eingerichteten Räumen, vollkommen leer stand, fühlte sie sich dort beengt. Alles Lebendige und Spontane war ausgeschlossen. Nein, da nahm sie schon lieber die Touristen in Kauf, die hier an der Hafenpromenade entlangströmten.
     
    Die dritte Mail stammte von Tannen. Seltsamer Typ, dieser Assistent von Mangold. Gab sich bieder und gelehrig. Hinter seiner Fassade brodelte etwas, er schien sich in dem Team nicht sonderlich wohl zu fühlen. Oder war es etwas Privates? Immerhin nicht so ein Widerling wie dieser Weitz. Warum Mangold ausgerechnet diesen Proleten nach Kräften unterstützte, war ihr ein Rätsel.
    Dieser Tannen wollte wissen, ob der Täter von einem Rachemotiv geleitet sein konnte.
     
    Natürlich. Diese Psychopathen, ob nun Savant oder biederer Familienvater, der sich nachts mit der Strumpfhose auf Beutefang machte, sie alle fühlten sich letztlich von der Welt verletzt. Sie rächten sich, lebten ihre Triebe aus, weil sie sich oft nicht trauten, diejenige Person zu töten, die sie tatsächlich umbringen wollten. Sei es nun eine herrische Ehefrau oder eben die Mutter. Wollten Frauen
ihre Männer töten, dann gab es im seltensten Fall Umwege.
    Die Mutter! Einer ihrer Kollegen hatte während einer Vorlesung gar behauptet, dass man bei 90 Prozent aller Tätermotive von einem Zusammenhang mit dem Ödipuskomplex auszugehen habe. Mit dem Begehren nach der leiblichen Mutter.
    Auch die Neigung zur Homosexualität war seiner heftig umstrittenen Meinung nach damit zu erklären. Aufgrund der starken Bindung an und der Orientierung auf eine übermächtige Mutter begännen sie, das unerwünschte Begehren in

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