Bluttaufe: Thriller
drauf hat. Er war in der Nacht noch bei der Leiche, ich meine, bei dem, was er übrig gelassen hat.«
»Wir haben psychologische Tests, so ein Psychopath …«
»… könnte erst bei der Polizei dazu werden. Denk an die Feuerwehr, die zieht Pyromanen geradezu an.«
Hensen drückte mit Daumen und Zeigefinger die Nasenflügel zusammen und schüttelte den Kopf: »Und Neurotiker gibt es bei der Polizei nicht?«
Sie verabredeten, dass Hensen das Internet nach Informationen zu diesem Bundy durchforsten sollte. Es musste einen triftigen Grund geben, wenn er sich den Serienkiller als Vorbild auserkoren hatte.
Nachdem Mangold Hensen vor der Haustür abgeliefert hatte, fuhr er zum Präsidium.
Er hatte sich gerade hingesetzt und seine Waffe in der Schublade verstaut, als sein Handy klingelte.
»Klanke nochmal. Die Scheiße kocht zum Himmel. Wir
konnten die Samenspuren zuordnen. Wir haben da so einen Schnelltest.«
»Dann ist doch alles klar«, sagte Mangold.
Klanke hustete in den Hörer.
»Nichts ist klar. Die Samenspur gehört zu einem Wachmann. Der Kerl hat an einer Reihenuntersuchung teilgenommen, als es um einen Mord in Schleswig-Holstein ging.«
»Ja und?«
»Jetzt kommt’s, Mangold, der Mann ist tot. In einem Krankenhaus gestorben, nach einem Unfall.«
»Ein göttliches Strafgericht?«
»Fehlanzeige. Er hat schon vor fünf Monaten den Löffel abgegeben. Fünf Monate! Und die Samenspuren waren frisch, keine fünf Stunden alt.«
2.
In der Wohnung der Ermordeten war auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches zu entdecken. Helle Wandfarbe, Teppichboden, unauffällige Möbel, keine Bilder, die auf einen ausgesuchten Geschmack hinwiesen.
Hendrik Tannen schob seinen Kugelschreiber unter einen auf dem Wohnzimmertisch liegenden Stapel Papier und hob ihn an. Darunter kam ein verschlossenes Fläschchen mit Nagellack zum Vorschein, daneben ein Stapel Visitenkarten und eine Postkarte mit einem großen Herzen.
Der übliche Schnick-Schnack, den man ein paar Wochen zur Aufmunterung behielt und dann in den Papierkorb warf.
Auch in den anderen Zimmern gab es nur wenig Deko, gerade Flächen, modern-karg eingerichtet. Die Frau hatte als Sachbearbeiterin bei einer Versicherung gearbeitet.
Der Hausmeister, der ihnen vor einer halben Stunde die Tür geöffnet hatte, sprach von einer ganz durchschnittlichen Mieterin. Vor drei Wochen hätte sie einen Freund gehabt, aber das sei wohl wieder vorbei gewesen. Nein, an dessen Namen könne er sich nicht erinnern. Ansonsten sei sie ganz normal zur Arbeit gegangen, Ärger wegen zu lauter Musik oder sonstigem Lärm hätte es nicht gegeben. Dass sie wohl ganz gut verdient haben musste, hatte er gemutmaßt und auf die Designer-Flurmöbel gezeigt. »Und
die Wohnung ist auch nicht gerade geschenkt in dieser Gegend. Altbau.« Dann hatte er Daumen und Zeigefinger gegeneinander gerieben. Tannens Kollege Marc Weitz untersuchte das Schlafzimmer.
Schon ungewöhnlich, dass sein Chef, Mangold, nicht selbst dabei war. Am Telefon hatte er gesagt, er wolle sich die Wohnung später ansehen. Wieder eine seiner Allüren, dachte Tannen. Dabei wollte er sonst bei allem und jedem dabei sein. Der Mann war schwer einzuschätzen. Hielt sich für etwas Besseres, setzte sich in der Kantine in eine Ecke und deutete mit seiner ganzen Haltung an, dass er nicht gestört werden wollte.
Seitdem er sich mit diesem angeblichen Journalisten angefreundet hatte, wurde es Tag für Tag schlimmer.
Die beiden bildeten einen undurchschaubaren Zirkel, ließen sich nicht in die Karten blicken. Was hatte das mit Teamarbeit, mit dem gegenseitigen Abstimmen, mit Austausch zu tun? Sie durften hier als Fußvolk die Arbeit erledigen und der feine Herr Mangold saß mit diesem Hensen wahrscheinlich in einem Café und schwadronierte über tolle Theorien, die bestimmt mehr mit Fernsehkrimis als mit der Realität zu tun hatten.
Tannen klappte das auf einer Kommode abgelegte Notebook auf und drückte den Knopf. Als das Passwort verlangt wurde, fuhr er den Computer herunter und stellte ihn auf den Glastisch. Darum sollten sich die Computerfreaks im Präsidium kümmern.
Der Fernseher und die Boxen waren in ein Bücherregal integriert. Tannen fuhr mit dem Finger das Regal entlang. Ildiko von Kürthy, Rosamunde Pilcher, Bücher über Horoskope,
Ayurveda und »Botschaften an den Kosmos«. In der Mini-Stereoanlage steckte eine CD mit Filmmusik von Vangelis. Troja.
Tannen blätterte die Bücher durch, doch außer einem
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