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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
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es ihm passte.
    Lars öffnete die Augen. Hinter der Silhouette seines alten Freundes, entlang der Ziellinie der Edvard Falcks Gade, waren die Baumkronen des Tivoli zu sehen. Die aufragende Spitze der Schiffsschaukel und die Gondeltropfen des Riesenrads, eingefroren im Morgenlicht über den grünen Bäumen. Dahinter das SAS -Hotel, rechts die Glyptotek und die kleine Oase des Museumsgartens. In der Nacht hatte es geregnet, alles präsentierte sich in frischen und klaren Farben.
    Ulriks Gesicht hatte viele Jahre so ausgesehen wie jetzt, und es würde vermutlich auch weiterhin so aussehen. Aber Ulrik und er hatten einen Wendepunkt erreicht. Irgendwo zwischen gestern und heute hatte sich alles verändert.
    Allerdings sah es nicht so aus, als hätte Ulrik es verstanden.
    »Hm.« Der Stellvertretende Polizeikommissar massierte sich die Stirn, blickte auf seine Schreibunterlage und fingerte am obersten Knopf seiner Uniformjacke. Er räusperte sich.
    »Wo bist du gewesen?«
    Lars wandte den Blick ab, hustete.
    »Ich habe ein Flugzeug nach Athen genommen, mir ein Auto gemietet und bin gefahren, bis es nicht mehr weiterging.«
    »Ah ja. Und wo war das?«
    »Ist das nicht vollkommen egal?«
    »In der Tat …« Ulrik seufzte. »Ich bin dein Freund.«
    »Du kennst es nicht. Kato Vasiliki. Ein kleiner Badeort für Griechen. Kann man überhaupt nichts groß anfangen. Ein Loch.«
    Ulrik sah aus, als würde er nachdenken. Das konnte er gut. So aussehen als ob. Mehr als alles andere hatte ihm diese Fähigkeit den zusätzlichen Stern auf den Epauletten verschafft. Dann lächelte er. Über das ganze Gesicht.
    »Na, dann ist es ja gut.« Er legte den Füllfederhalter fünf Zentimeter nach rechts und faltete beide Hände auf der Tischplatte. »Ich freue mich, dass du einen schönen Urlaub hattest. Wenn jemand ihn nötig hatte, dann du.« Er hielt einen Moment inne. »Ich bin bereit, so weiterzumachen wie bisher. Ich hoffe …«
    Ulrik sah ihm nicht in die Augen, während er redete. Und Lars hörte nicht zu. Eigentlich merkwürdig, dass er nicht längst auf den Gedanken gekommen war, wie ähnlich Ulrik einem Wiesel sah. Der Mund des Tieres öffnete und schloss sich, aber es kamen keine Laute heraus. Lars horchte in sich hinein, versuchte, die Wut zu finden. Aber sie war verschwunden. Es gab nur ein großes, leeres Loch.
    Er war wieder zu Hause.
    Die Mundbewegungen des Wiesels wurden zu Lauten, zu Worten.
    »… und um dir zu zeigen, dass ich es ernst meine, habe ich das hier für dich zurückgehalten: Ein Mord, du wirst die Ermittlungen leiten. Der Anruf ging vor einer halben Stunde ein. Draußen auf dem Amager Fælled.« Das Wiesel reichte ihm eine dünne Aktenmappe über den Tisch. Lars streckte automatisch die Hand aus, um sie entgegenzunehmen. Ihre Hände berührten sich. Beide wandten den Blick ab.
    Ulrik stand auf, strich über seine Uniformjacke.
    »Willkommen daheim. Gut, dass du wieder da bist.« Er zögerte. Dann reichte er ihm die Hand. Lars nahm die Aktenmappe in die linke Hand und drückte Ulriks ausgestreckte Hand mit einer mechanischen Bewegung. Er musste hier raus. Sofort.
    »Warte«, hielt Ulrik ihn auf. »Wir haben da ein Mädchen aus Kolding. Es heißt, sie sei tüchtig. Sie soll sich ansehen, wie wir in der Großstadt arbeiten. Ich dachte, vielleicht könntest du dich ein bisschen um sie kümmern?« Ulrik schaute auf ein Blatt auf seinem Schreibtisch. »Bissen, Sanne Bissen.«
    Lars kniff die Augen zusammen. Seufzte. Genau das hatte ihm noch gefehlt.
    »Ich geh runter und such mir einen Dienstwagen.«
    Ulrik lächelte. Vermutlich aus Erleichterung.
    Lars schwang die Jacke über die Schulter, öffnete die Tür und drehte sich noch einmal um.
    »Ist der Chef in seinem Büro?«
    Ulrik, der im Begriff war, sich zu setzen, ließ sich vor Überraschung auf seinen Bürostuhl fallen.
    »Öh, heute? Ich glaube … hat er nicht frei?«
    Lars ging, ohne zu antworten, die Tür schnitt den zweiten Teil von Ulriks Frage ab.
    Im Vorzimmer blieb er einige Sekunden unentschlossen stehen, dann zog er einen Umschlag aus der Tasche und kratzte sich mit dem Rand an den etwas zu langen Bartstoppeln. Er nickte Ulriks Sekretärin zu, die ein längeres Telefonat führte, ging zu den Postfächern und legte den Umschlag in das Fach des Chefs der Mordkommission.

3
    Das Ende des Artillerivej. Das Erwerbsleben bestand hier größtenteils aus Autofriedhöfen, baufälligen, mit Graffiti bemalten Lagergebäuden, die niemand mehr wirklich nutzte,

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