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Blutzeichen

Titel: Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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freundlich sein. Ich nahm mir nicht die Zeit, es herauszufinden. Am nächsten Tag war ich nicht mehr da.
    Mein Gesicht tauchte auf FBI-Plakaten auf.
    Das Fernsehen brachte Sondersendungen über mich.
    Bücher wurden über mich geschrieben.
    Meine Romane verkauften sich wie verrückt.
    Die Leute wollten wissen, wie ein Serienmörder schreibt.
    Man gelangte zu dem Schluss, meine Romane wären Fenster zu einer bösen Seele.
    Ich wurde berüchtigt.
    Eine dunkle, zynische Figur der Popkultur.
    Mein Name verbreitete Angst und Schrecken.
    Mein Name war ein Knalleffekt.
    Mein Name bedeutete Mord.
    Da ich nie verheiratet gewesen war, war ich es gewohnt, alleine zu leben, doch noch nie hatte ich mich so verlassen und ausgestoßen gefühlt.
    Ich war heimatlos, einsam und wurde gejagt.
    So kann man nicht leben.
    Nach meiner Flucht aus der zugeschneiten Wüste von Wyoming habe ich zwei Jahre als Nomade gelebt, dann nahm ich im Dezember einen Bus nach Vancouver, kaufte ein Flugticket und flog nach Whiteshore, Yukon, tausend Meilen in Richtung Norden.
    Dort nahm ich einen Leihwagen und fuhr den Alaska Highway hundertfünfzig Meilen nach Westen bis zu dem Ort Haines Junction am Fuße der St.-Elias-Berge. Ich hatte dieses Dorf für ein Buch recherchiert, das ich nie geschrieben hatte. Es schien mir ein ruhiger, abgelegener Ort zum Sterben zu sein.
    Kurz vor dem Dorf verließ ich den Highway, ein riesiger Koniferenwald erstreckte sich in alle Richtungen, im Westen leuchteten hohe, weiße Berge. Das Thermometer zeigte 30 Grad minus an. Der Himmel war grau und trüb, die subarktische Sonne leuchtete halbherzig über den weit entfernten Gipfeln. Die Uhr im Armaturenbrett zeigte 13:47 an. Ich würde einfach hinaus in den Wald gehen, mich an einen Baum gelehnt niederlassen und erfrieren. Es schien mir eine friedliche Art zu sein, aus dem Leben zu scheiden. Fast romantisch. Ich dachte an Jack Londons Das Feuer im Schnee und sehnte mich nach der warmen, euphorischen Ruhe, die mich kurz vor dem Ende überkommen würde.
    Nur mit einem T-Shirt bekleidet, öffnete ich die Tür, stieg aus dem Auto und trat auf den harschen Schnee. Die Kälte war unglaublich. Meine Augen brannten.
    Ich ging ein Stück in den Wald hinein, wählte eine blattlose Zitterpappel, setzte mich hin und lehnte mich mit dem Rücken an die silberne Rinde. Ich wartete. Ich begann zu zittern. Mein Bauch rumpelte. Ich dachte: Warum hungrig sterben? Ich stand auf, ging zurück zum Auto und fuhr in das Achthundertseelendorf, von dessen Einwohnern allerdings viele die rauen Wintermonate woanders verbrachten. Ich parkte im Zentrum vor einem Diner namens Bill’s, die Straße war weihnachtlich dekoriert. Ich wollte gerade die Tür öffnen, hielt jedoch inne.
    Ich ließ meinen Kopf auf das Steuer sinken.
    Weinte.
     
    Doch diese dunklen Zeiten verfolgten mich selten. Ich lebte jetzt seit fünf Jahren in den Wäldern außerhalb von Haines Junction, und es war angenehm und wichtig, dieser andere Mann zu sein.
    Die Gemeinde kannte mich unter dem Namen Vincent Carmichael und ich war ein ordentlich gemeldeter Einwohner geworden. Die Leute im Dorf würden mich vermutlich als ruhig und freundlich beschreiben. Ich war der Amerikaner mit den langen braunen Haaren und dem ungestutzten Bart. Jeder kannte mich, doch ich war mit niemandem befreundet. Hier war das jedoch in Ordnung. Die Leute kamen schließlich in diesen entlegenen Nordwestzipfel Kanadas, um irgendwelchen Sachen zu entfliehen. Haines Junction war ein Anziehungspunkt für kaputte Typen.
    Während der Touristensaison arbeitete ich als Koch im Lantern, einem der beiden besseren Restaurants der Gemeinde. Ich verdiente dort genug Geld, um über die Wintermonate zu kommen, Oktober bis April, in denen es keine Arbeit und nur wenig zu tun gab, außer in den eigenen vier Wänden am Kamin zu sitzen.
    Ich hatte die Hälfte meines Ersparten für ein kleines Holzhaus ausgegeben. Sechs Meilen westlich des Dorfes in einem Tal namens Shakwak Trench stand es in einem niedrigen Fichtenhain, verloren in der endlosen Weite des Waldes. Vom Fenster über der Küchenspüle sah man durch die Fichten eine kleine, knapp vierzig Meter entfernte Lichtung – bei Sonnenschein ein leuchtend grüner Lichtfleck in der Ferne. Dort im Gras liegend konnte man bis zum Kluane Reservat am Fuße der eisbedeckten St.-Elias-Berge blicken, die sich ein paar Meilen westlich aus dem Wald erhoben. Eine Viertelmeile südlich gab es sogar einen Teich, in dem ich an warmen

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