Boccaccio
Jahrhunderten eine Menge von Strei-
chen und lustigen Anekdoten überliefert. Man braucht
sich nur etwa an Brunelleschi, den Erbauer der Dom-
kuppel, zu erinnern, der die fabelhae Ulkerei mit dem
dicken Tischler anstellte, oder an den großen Lorenzo
dei Medici, genannt il Magnifico, welcher zu seinen
Zeiten einer der berühmtesten Fürsten der ganzen Welt
gewesen ist und doch noch Zeit und Laune genug
hatte, um mit größter Überlegung dem Arzt Manente
einen höchst durchtriebenen und gründlichen Streich
zu spielen, wie es uns Herr Antonio Francesco Graz-
zini, beigenannt il Lasca, erzählt hat.
So gab es auch zu Boccaccios Zeiten manche Strei-
chemacher in seiner Vaterstadt, und unter ihnen stan-
den, neben dem lustigen Witzbold Michele Skalza,
obenan die beiden Maler Bruno und Buffalmacco, samt
ihrem Freunde Maso del Saggio. Diese haben teils ih-
rem sehr einfältigen Freunde Calandrino, der gleich-
falls ein Maler war, teils dem Arzte Simone, teils
anderen, eine Menge Schabernack angetan. Denn
kaum hat am achten Tage des Dekameron das Fräulein
Elisa ein Stücklein von ihnen erzählt, so fallen sogleich
mehreren Zuhörern andere solche Streiche der beiden
ein, welche sie unter vielem Gelächter mitteilen. Die-
sen Kameraden Bruno und Buffalmacco gelang es
einst, dem guten Calandrino ein fettes Schwein zu steh-
len, ihm weiszumachen, er hätte es sich selber gestoh-
len, und sich von ihm noch dafür bezahlen zu lassen,
daß sie reinen Mund hielten. Damit nicht genug,
machten sie ihn ein andermal in eine Dirne verliebt,
knöpen ihm Geschenke für dieselbe ab und holten
dann, als er endlich sich seiner Liebe erfreuen wollte,
im fatalsten Augenblick seine wütende Frau herbei.
Was soll man aber dazu sagen, daß sie bei einer anderen
Gelegenheit es verstanden, diesem selben Calandrino
einzubilden, er sei schwanger, und ihn, nicht ohne ein
ordentliches Entgelt dafür zu nehmen, nach einigen
Tagen durch eine Schüssel Haferschleim vor der Nie-
derkun bewahrten?
Ewig unvergeßlich und lächerlich aber ist des famo-
sen Dioneus Historie von Bruder Zippolla, die er am
sechsten Tag erzählt. Dies Stücklein spielt in Certaldo,
der Heimat des Hauses Boccaccio. Der Bruder Zip-
polla ist, um die guten Einwohner wieder einmal or-
dentlich zu schröpfen, zum Almosensammeln nach
Certaldo gekommen und hat den Bauern versprochen,
er werde ihnen in der Kirche eine wunderbare Reliquie
zeigen, nämlich eine Feder des Engels Gabriel. Indes er
aber die Messe liest, entwenden ihm einige Spaßvögel
die mitgebrachte Papageienfeder und legen statt dersel-
ben ein paar Kohlen in sein Kästchen. Alsdann hält er
eine herrliche Predigt zum Preise des Engels Gabriel,
wie er aber die Feder nehmen und vorzeigen will,
findet er sein Reliquienkästchen voller Kohlen. So-
gleich beginnt er eine neue Rede, worin er eine schwin-
delhae Reise durch allerlei Schlaraffenländer erzählt,
wobei er bis zum Patriarchen von Jerusalem gelangt.
Dann fährt er fort:
»Der Patriarch zeigte mir so viele heilige Reliquien,
daß ich sie unmöglich alle herzählen kann. Doch um
Euch nicht ganz trostlos zu lassen, will ich wenigstens
von einigen sagen. Er zeigte mir zuerst die Zehe des
heiligen Geistes, so ganz und unversehrt, wie sie nur je
gewesen ist, und den Haarbüschel des Seraph, der dem
heiligen Franziskus erschien, und einen der Fingernägel
der Cherubim, und eine der Rippen des beiläufig zu
Fleisch gewordenen Verbum, und etliche der Kleider
des allein selig machenden Glaubens, und einige von
den Strahlen des Sternes, der den drei Weisen aus Mor-
genland erschien, und ein Fläschlein voll Schweiß von
dem heiligen Michael, als er mit dem Teufel stritt, und
noch anderes mehr. Und weil ich ihm einen Gefallen
tat, schenkte er mir einen von den Zähnen des heiligen
Kreuzes, und in einer kleinen Flasche etwas von dem
Tone der Glocken im Tempel Salomonis, die Feder des
Engels Gabriel, außerdem aber gab er mir noch einige
Kohlen von denen, auf welchen der allerheiligste Mär-
tyrer Sankt Laurentius gebraten wurde.«
Und so noch lange weiter. Dann zeigt er den ergrif-
fenen Landleuten statt der Papageienfeder die Kohlen
und erntet reiche Gaben. Die Leute drängen sich in-
brünstig gegen den Altar, um die Reliquie nahe zu
sehen, und Bruder Zippolla malt jedem ein großes, fet-
tes Kohlenkreuz aufs schöne Sonntagskleid.
Weltberühmt ist ja auch der
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