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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myla Goldberg
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dadurch sah sie sich imstande, ihn zu fragen. Huck war aus der Wohnung, die er sich mit zwei weiteren Junglehrern teilte, in das frei gewordene Zimmer gezogen. Obwohl er dort nur seinen Schreibtisch benutzte, bestand Celia darauf, dass Huck nicht von seinem «Arbeitszimmer» sprach. Ihr abergläubischer Zug verlangte weiterhin nach getrennten Anrufbeantwortern und einem Einzelnachweis für die Ferngespräche. Alles andere, fürchtete sie, hätte den inneren Mechanismus überstrapaziert, der ihr bisher diese Abweichung von dem eigentlich geplanten Verlauf ihres Lebens gestattete. Huck erklärte sie, solche Maßnahmen seien nicht dazu gedacht, ihn auf Abstand zu halten, sondern dazu, die Nähe zwischen ihnen zu bewahren, womit er sich ein paar Monate zufriedengab, um dann allmählich wegzudriften. Damals wie jetzt vollzog es sich langsam, als ginge es mit ihm nach und nach bergab. Statt sich zu unterhalten, sah er Filme oder spielte Gitarre. Er ging mit fleckigem Hemd zur Arbeit, stellte Teller auf das Abtropfgestell, an denen noch Essen klebte, und stolperte über Bella oder Sylvie, die dort lagen, wo sie immer lagen. Sein Vorschlag, eine gemeinsame Wohnung zu kaufen, ihre Ersparnisse für eine Anzahlung zusammenzulegen und auf zwei gepunkteten Linien nebeneinander zu unterschreiben, klang nicht nach einem Ultimatum, aber sein müder Tonfall erschreckte Celia mehr als die Vorstellung, ja zu sagen. Sein Verhalten änderte sich so plötzlich, und ihre Erleichterung und Dankbarkeit waren so berauschend, dass sie sich mühelos einreden konnte, der Erwerb einer Wohnung sei die Lösung und nicht nur ein Notbehelf. Rückblickend betrachtet hatten sie sich damit lediglich vier weitere gute Jahre erkauft, eine Gnadenfrist, die mit der Geburt von Celias Neffen ablief. Sie hatte gedacht, Huck und sie seien mittlerweile immun gegen Neugeborene, doch dann waren die ersten Bilder von Daniel gekommen, auf denen er ihnen mit den Augen seiner Tante entgegenblickte. Eines Abends fragte Huck Celia, ob sie nicht die Pille absetzen wolle, und sie sagte nein. Er hatte nicht wieder gefragt.
    Sie hätte im Wohnzimmer bleiben sollen, dachte Celia, als sie nach oben gegangen war. Auf dem Gästesofa herrschte links und rechts von ihr gähnende Leere. Die Heizung war nicht eingeschaltet, und ohne Huck als lebendige Wärmflasche fror sie erbärmlich. Durch die geschlossenen Fenster hörte sie auf der anderen Straßenseite eine Autotür zuschlagen, gefolgt von männlichen Stimmen und weiblichem Gelächter, Schritten und schließlich Stille.
    Sie rückte bis zum Rand der Matratze und rollte sich im Kampf gegen das Verlassenheitsgefühl in die Decke ein wie in einen Schlafsack. Das erinnerte sie an die ersten Übernachtungen bei Djuna, ihre Junggesellinnenabende, wie Mrs. Pearson sie nannte, an denen Djunas Vater sich entweder in seinem Arbeitszimmer verschanzt hatte oder zu einer seiner Mathematikerkonferenzen ins Ausland geflogen war. In seiner Abwesenheit durften Celia und Djuna über ihren Pyjamas ein Negligé von Mrs. Pearson tragen und an Weingläsern nippen, in denen Milch war, während Mrs. Pearson Scotch trank und sie sich bis spätabends ausgeliehene Videos ansahen. Mrs. Pearson bestand lediglich darauf, dass sie nichts auswählten, was «ein Übermaß an entbehrlichen Sex- oder Gewaltszenen» enthielt. Wie so viele von Mrs. Pearsons Äußerungen hatte Celia auch diese Wendung eher intuitiv erfasst als wirklich verstanden. «Akklimatisierung», verfügte Mrs. Pearson, wenn wieder einmal ein Film ab zwölf oder sechzehn die Prüfung anhand ihrer undurchschaubaren Maßstäbe bestanden hatte. «Das ist die Kultur, in der ihr lebt, also gewöhnt euch besser beizeiten daran. Bevormundung, ganz gleich in welchem Alter, ist anmaßend.»
    Mit dem meisten, was sie sich aussuchten – Ein voll verrückter Freitag, Gremlins, E.T. oder Karate Kid  –, wären Warren und Noreen vollkommen einverstanden gewesen. Und da Mrs. Pearson Celia nie fragte, ob sie zu Hause Flashdance oder Ähnliches anschauen dürfe, kam Celia auch nie in die Verlegenheit, lügen zu müssen. Auf dem antiken granatapfelroten Sofa, das schöner und bequemer war als alles, was Celias Eltern ihr Eigen nannten, nahmen sie und Djuna Mrs. Pearson wie Buchstützen in die Mitte. Celia saß am liebsten dicht neben Mrs. Pearsons Cocktailhand und lauschte verzückt dem Klingeln der Eiswürfel. Nach der Vorführung von Streifen wie Die blaue Lagune erkundigte sich Djunas Mutter,

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