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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myla Goldberg
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ob Celia Fragen dazu habe – in demselben Ton, mit dem sie bemerken würde, Seide sei besser als Baumwolle oder Glenlivet besser als Glenfiddich. Dieser Ton machte Celia zu einem sehr viel kosmopolitischeren Geschöpf, als sie es war – ein Eindruck, den sie keinesfalls trüben wollte. Den Kopf voller Bilder von Christopher Atkins, der sich auf Brooke Shields warf, wartete sie, bis sie in Djunas Schlafsack lag, um zu erfahren, wie kläglich wenig sie wusste. Die Puppen, die Mr. Pearson von seinen zahlreichen Reisen mitbrachte, waren auch in Djunas dunklem Zimmer noch zu erkennen. Celia sah in dieser Sammlung aus aller Herren Länder den Beweis für die Weltläufigkeit ihrer Freundin, den Mrs. Pearsons lässig um das Whiskyglas gelegte Finger abrundeten. Von der Puppengesellschaft beäugt, wurde Celia ein ganzer Katalog von Organen, Öffnungen und geschlechtlichen Kombinationen präsentiert, in dem gelangweilten Tonfall, den Djuna sich für Weisheiten der höchsten Ordnung vorbehielt. Begleitet wurde diese Unterrichtsstunde von dem süßlichen, warmen Moschusduft, der jedes Mal, wenn Celia sich bewegte, aus Djunas ungewaschenem Schlafsack ins Freie drang – so eigentümlich wie ein Fingerabdruck, vielschichtig und intim, der Geruch eines jungen Körpers mit all seinen glatten Spalten und Höhlungen und den Verheißungen des Wandels. Doch davon wusste Celia zu dieser Zeit noch nichts. Sie fand die Düfte eklig und erregend zugleich, ließ den Vortrag ihrer Freundin befangen und reglos über sich ergehen. Nur hin und wieder vergewisserte sie sich mit sorgsam bemessenen, selbstquälerischen kleinen Gesten, dass der Geruch noch da war. Am anderen Morgen hatte ihre Nase sich daran gewöhnt, und er war vergessen, bis zum nächsten Mal. Nun, auf dem Gästesofa ihrer Eltern, in dem frischen, nach nichts duftenden Bettzeug, dachte sie wehmütig an einen grünen Nylonschlafsack mit rotem Flanellfutter. Beim Hineinschlüpfen hatte sie sich manchmal vorgestellt, es sei das Maul eines Krokodils. Das war das Letzte, woran Celia sich erinnerte, bevor sich ihr Hirn für ein paar kurze, himmlische Stunden ausschaltete.

[zur Inhaltsübersicht]
    4. Kapitel
    In ihrer gemeinsamen Wohnung ließ Celia Huck sonst nur einmal im Jahr allein zurück, wenn sie zur großen Tagung der Qualitätsprüfer im Mittleren Westen fuhr. Das bescherte Huck ein volles Wochenende mit Prog-Rock von King Crimson bis Jethro Tull, Pokern bis in die Puppen und Jim-Jarmusch-Filmen bis zum Abwinken – ein Wochenende, an dem er im Wohnzimmer rauchen durfte, sich von Pizza und abgepacktem Kuchen ernährte und vor zwölf Uhr mittags telefonisch nicht zu erreichen war. Die Zahl seiner Mitverschwörer bei diesem Ritual war geschrumpft; aus Freunden, die früher irgendwann auf der Couch wegknackten, waren Väter geworden, die auf ein paar Stunden vorbeikamen und dann mit dem Pendlerzug in die Vororte zurückkehrten, in denen es bezahlbare Häuser gab. Huck war immer davon ausgegangen, dass Celia und er es ihnen eines Tages gleichtun würden. Als sie ihre Wohnung kauften, hatte er sich Celia darin als Schwangere vorgestellt und insgeheim bereits den besten Platz für ein Gitterbett ausgesucht. In den ersten zwei Jahren mit einem Kind würde die Wohnung sicher noch groß genug sein, hatte er gedacht, dann würden sie sich dort, wo ihre verheirateten Freunde lebten, nach Schildern mit der Aufschrift ZU VERKAUFEN umsehen. In Anbetracht der Marktlage in Chicago hatte sich eine Zweizimmerwohnung als Übergangslösung quasi angeboten. Das war inzwischen vier Jahre her.
    Huck umklammerte das Telefon, als hielte es noch eine Spur von Celias Stimme in Reserve. Bella lag sanft schnarchend auf der Couch und wärmte mit ihrer Flanke seinen Schenkel. Wäre Celia hier, würden sie sich jetzt Simone Signoret in irgendeinem Film noir auf DVD ansehen. Huck warf einen Blick auf seine Gitarre, doch obwohl er allein und leicht bekifft war – die üblichen Voraussetzungen zum Gitarrespielen –, hatte ihn an diesem Abend eine Ruhelosigkeit im Griff, gegen die selbst in Hydrokultur angebautes Hasch nichts auszurichten vermochte. Er löste sich vorsichtig von Bella, um sie nicht zu wecken, und stand auf. Die Couch gab ein halbherziges Ächzen von sich, als heuchelte sie Bedauern darüber, dass er wegging. Sie war das erste Möbelstück, das er und Celia für die Wohnung erstanden hatten, ein Flohmarktfund mit einem Preis, der eigentlich weit über ihr gemeinsam vereinbartes

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