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Böse Freundin (German Edition)

Böse Freundin (German Edition)

Titel: Böse Freundin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myla Goldberg
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Couchbudget hinausging. Huck hätte nicht sagen können, seit wann sie knarzte, nur dass er die Couch jedes Mal ein bisschen dafür hasste. Ein paar Tropfen Sprühfett auf die Federn, und es wäre wieder Ruhe – ein Gedanke, der immer mit dem Geräusch kam und durch das Wort Später beiseitegewischt wurde, und das schon geraume Zeit.
    Sie hatten sich in ihrem letzten Jahr am College kennengelernt, bei einem von Studenten gestalteten Gedichtabend mit vielleicht zwanzig Zuhörern. Huck war gekommen, um einen Freund lesen zu hören. Ein Beitrag ging in den nächsten über, bis Celia auf dem Podium erschien. Ihr zuzuhören war, wie jemanden zu belauschen, der sich allein glaubt. An das Gedicht selbst erinnerte sich Huck nur noch dunkel, es hatte irgendwas mit einer überdachten Brücke zu tun gehabt, aber Celia trug es mit solch schlichter Aufrichtigkeit vor, dass er sich abwenden musste wie von einem zu hellen Licht. Danach bat er sie um eine Verabredung, und sie hatte gelächelt, als hätte man ihr beim Essen Elch oder Strauß angeboten, irgendetwas, das sie bis dahin nicht als Nahrung betrachtet hatte. Laut ihrem Terminkalender bestand die beste Chance, sie zu treffen, in der Dreiviertelstunde, die sie sich zwischen Seminaren und Ausschusssitzungen für das Mittagessen in der Mensa der Universität einräumte. Jemanden mit so knapp bemessener Zeit zu umwerben machte jedes Ja zu einem Hauptgewinn. Ihre erste richtige Abendverabredung fand unmittelbar nach einer Unterschriftenaktion statt. Celia hatte eingewilligt, mit ihm entweder einen Film anzusehen oder essen zu gehen – nur eines von beiden, weil sie am folgenden Morgen ihren Tai-Chi-Kurs hatte und früh aufstehen musste. Im ersten Monat erntete Huck für jeden seiner pünktlichen Auftritte in der Mensa das gleiche geistesabwesende Lächeln; auf jede Anfrage nach einem Treffen wurde derselbe überfüllte Terminkalender gezückt, bis Celia nach etwa fünf Wochen bei einem der zur festen Einrichtung gewordenen Essen auf einen freigehaltenen Teil ihres Samstagnachmittags deutete und sagte: «Wie sähe es da aus?» Ab diesem Moment leistete er Celia bei ihren Wochenendtouren regelmäßig Gesellschaft und verabschiedete sich fröhlich von dem Gedanken, dass er der Verfolger war und sie die Verfolgte.
    Huck liebte es, wie sie seinen Namen aussprach – die akustische Verwandtschaft mit jenem anderen Wort, das mit «F» beginnt, genügte ihm mitunter, um eine Erektion zu bekommen. Einen Gutteil seines Lebens hatte er immer wieder klarstellen müssen, dass seine Eltern nichts von Mark Twain kannten. Seine Mutter war ein Fan von Audrey Hepburn, vor allem in Frühstück bei Tiffany . Hucks Name ging auf Moon River zurück, das Lied, das Holly Golightly schmachtend auf der Feuertreppe singt. Er und Celia hatten sich den Film ganz zu Beginn ihrer Beziehung angesehen; später sagte er ihr, daran könne sie erkennen, wie schwer verknallt er gewesen sei. Die Verpflichtung, den Film alljährlich mit seiner Mutter zu sehen, hatte Huck gegen Hepburns Holly eingenommen: Für seinen Geschmack setzte sie ihre spindeldürren Arme und ihr Katzenlächeln zu berechnend ein – eine rundum lebenstüchtige Frau, die versucht, sich als hilfloses kleines Mädchen zu verkaufen. Celias unauffällige Meisterschaft in allem, was mit Autos zu tun hatte – sie war nicht nur die beste Fahrerin, die Huck kannte, sondern konnte auch Öl, Reifen, Sicherungen und Zündkerzen wechseln sowie einen ausgeleierten Zahnriemen ersetzen –, war der willkommene Gegenpol zum Holly-Golightly-Syndrom gewesen. Anders als manche Frauen, die ein großes Bohei darum machten, dass sie Billard spielten oder einen Football werfen konnten, sah Celia keine Notwendigkeit, mit ihren Pfunden zu wuchern. Seit ihrer ersten Begegnung hatte sie immer den Eindruck erweckt, nicht mehr sein zu wollen, als sie war. Dass dies auch eine Schattenseite haben mochte, hatte Huck erst im Lauf etlicher Jahre richtig verstanden.
    Hinter seinem Impuls, Celia zurückzurufen, stand weniger der Wunsch, noch etwas zu sagen, als vielmehr, etwas von ihr zu hören. Was er an jenem ersten Tag bei der Dichterlesung, eingewoben in Celias Atem, gespürt hatte, war die Entschlossenheit, die sie wie ein innerer Motor antrieb. Huck erkannte sie daran, wie Celia einen Raum betrat, nach einem Glas griff, wie sie sich vorbeugte, um jemandem zuzuhören. Für Celia war die Welt ein Ort, der sich in Ordnung bringen ließ. Irrtümlich hielt sie Huck für

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