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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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für allemal? Sie können mich selbstverständlich verachten, so sehr Sie wollen, wenn Sie mich so komisch finden, aber es wäre doch besser, das Persönliche beiseite zu lassen, eine Zeitlang, nicht wahr?«
    »Gut, ich werde es nicht wieder tun«, sagte Nikolaj Wsewolodowitsch, Pjotr Stepanowitsch grinste, schlug sich mit dem Hut ans Knie, trat von einem Fuß auf den anderen und setzte seine frühere Miene wieder auf.
    »Hier werde ich von manchen Menschen sogar für Ihren Rivalen bei Lisaweta Nikolajewna gehalten, wie kann ich da mein Äußeres vernachlässigen?« Er lachte. »Aber wer trägt Ihnen das alles zu? Hm. Punkt acht; also, ich muß gehen. Ich habe Warwara Petrowna versprochen, bei ihr vorbeizuschauen, aber ich werde schwänzen, Sie aber sollten ins Bett gehen, damit Sie morgen frischer sind. Draußen regnet es, und es ist stockdunkel, ich habe übrigens draußen eine Droschke, denn auf den Straßen hier ist man nachts nicht sicher … Ach ja, nebenbei: In der Stadt und in der Umgebung treibt sich ein gewisser Fedjka herum, ein Zuchthäusler, aus Sibirien entlaufen, stellen Sie sich vor, mein eigener einstiger Hofknecht, vor fünfzehn Jahren hat der Herr Papa ihn unter die Soldaten gesteckt und dafür Geld kassiert. Eine höchst bemerkenswerte Persönlichkeit.«
    »Haben Sie … mit ihm gesprochen?« Nikolaj Wsewolodowitsch sah rasch zu ihm auf.
    »Hab’ ich. Vor mir versteckt er sich nicht. Eine zu allem bereite Persönlichkeit, zu allem, für Geld, versteht sich, aber nicht ohne Grundsätze, eigener Art natürlich. Ach ja, noch etwas, ganz nebenbei: Wenn Sie das vorhin ernst gemeint haben, erinnern Sie sich noch, das mit Lisaweta Nikolajewna, so möchte ich noch einmal bekräftigen, daß ich ebenfalls eine zu allem bereite Persönlichkeit bin, in jeder Hinsicht, ganz nach Wunsch, und die Ihnen bedingungslos zu Diensten steht … Was soll das, Sie greifen nach dem Stock? Ach so, nicht nach dem Stock … Stellen Sie sich vor, ich glaubte, Sie suchten den Stock!«
    Nikolaj Wsewolodowitsch hatte weder nach etwas gesucht noch etwas gesagt, hatte sich aber irgendwie plötzlich erhoben, mit einem irgendwie eigentümlichen Zug im Gesicht.
    »Sollten Sie auch irgend etwas im Zusammenhang mit Herrn Gaganow benötigen«, Pjotr Stepanowitsch gab alle Zurückhaltung auf und deutete mit dem Kopf auf den Briefbeschwerer, »so kann ich selbstverständlich alles arrangieren und bin überzeugt, daß Sie auf mich nicht verzichten werden.«
    Er ging plötzlich hinaus, ohne eine Antwort abzuwarten, steckte aber noch einmal den Kopf durch den Türspalt.
    »Ich sage das, weil«, rief er in einem Atemzug, »weil auch Schatow zum Beispiel nicht das Recht hatte, sein Leben am Sonntag zu riskieren, als er damals auf Sie zuging, nicht wahr? Ich wünschte, Sie merkten sich das.«
    Und er verschwand wieder, ohne eine Antwort abzuwarten.
    IV
    VIELLEICHT dachte er, während er verschwand, Nikolaj Wsewolodowitsch würde, allein geblieben, mit den Fäusten gegen die Wand trommeln, und hätte es natürlich gar zu gern heimlich beobachtet, wenn es nur irgendwie möglich gewesen wäre. Aber er wäre sehr enttäuscht worden: Nikolaj Wsewolodowitsch blieb ruhig. Ein paar Minuten hatte er in derselben Haltung am Tisch gestanden, dem Anschein nach sehr nachdenklich; bald aber verzog ein mattes, kaltes Lächeln seine Lippen. Langsam ließ er sich auf das Sofa nieder, auf seinen früheren Platz in der Ecke, und schloß die Augen, als sei er müde. Eine Ecke des Briefes schaute immer noch unter dem Briefbeschwerer hervor, aber er rührte sich nicht, um ihn zurechtzurücken.
    Bald schlief er fest ein. Warwara Petrowna, von den Sorgen dieser Tage zermürbt, hielt es nicht länger aus und riskierte es, nachdem Pjotr Stepanowitsch, der versprochen hatte, sie aufzusuchen, und dieses Versprechen nicht gehalten hatte, gegangen war, eigenmächtig Nicolas zu besuchen, trotz der unüblichen Stunde. Ihr schwebte immer dasselbe vor: Ob er nicht doch schließlich etwas Endgültiges sagen würde? Sie klopfte an, genauso leise wie vorher, und drückte selbst die Tür auf, da abermals keine Antwort erfolgte. Als sie sah, daß Nicolas irgendwie besonders reglos dasaß, näherte sie sich mit klopfendem Herzen vorsichtig dem Sofa. Sie war verblüfft, daß er so schnell eingeschlafen war und daß er so aufrecht und reglos sitzend weiterschlafen konnte; es war sogar kaum zu bemerken, daß er überhaupt atmete. Sein Gesicht war bleich und streng, aber, wie es

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