Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
Vom Netzwerk:
abgeben, wenn die Abstimmung beginnt.«
    »Schon wieder!« rief Ljamschin. »Ich habe Ihnen genug vorgeklimpert.«
    »Ich bitte Sie ausdrücklich, sich hinzusetzen und zu spielen; lehnen Sie es etwa ab, der Sache nützlich zu sein?«
    »Aber ich versichere Sie, Arina Prochorowna, daß uns kein Mensch belauscht. Das ist nur Ihre Phantasie. Außerdem sind die Fenster zu hoch über der Straße, und außerdem, wer könnte etwas verstehen, selbst wenn er lauschen wollte?«
    »Wir verstehen ja selber nicht, worum es sich handelt«, knurrte jemand.
    »Und ich sage Ihnen, daß Vorsicht immer am Platze ist. Ich meine für den Fall, daß es Spione gibt«, wandte sie sich erklärend an Werchowenskij, »die sollen auf der Straße hören, daß wir eine Namenstagsfeier haben mit Musik.«
    »Zum Teufel!« schimpfte Ljamschin, setzte sich ans Klavier und begann mit einem Walzer, viel zu laut, wobei er beinahe mit den Fäusten auf die Tasten trommelte.
    »Denjenigen, die eine Sitzung wünschen, schlage ich vor, die rechte Hand zu heben«, verkündete M me. Wirginskaja.
    Die einen taten es, die anderen nicht. Einige hoben die Hand und zogen sie wieder zurück. Sie zogen sie zurück, um sie wieder zu heben.
    »Zum Teufel! Ich habe nichts verstanden!« rief ein Offizier.
    »Und ich auch nicht!« rief ein anderer.
    »Doch, ich hab’s verstanden!« rief ein dritter, »wenn ja, dann rauf mit der Hand!«
    »Und was bedeutet ja ?«
    »Es bedeutet Sitzung.«
    »Nein, eben keine Sitzung.«
    »Ich habe für Sitzung gestimmt«, rief der Gymnasiast, indem er sich an M me. Wirginskaja wandte.
    »Warum haben Sie dann die Hand nicht gehoben?«
    »Ich habe Sie die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen, Sie haben die Hand nicht gehoben, also habe ich es auch nicht getan.«
    »Wie dumm, ich habe ja deshalb die Hand nicht gehoben, weil es mein Vorschlag war. Meine Herrschaften, ich schlage es noch einmal umgekehrt vor: Wer eine Sitzung wünscht, der bleibt sitzen und hebt die Hand nicht, und wer sie nicht wünscht, der hebt die rechte Hand.«
    »Wer sie nicht wünscht?« vergewisserte sich der Gymnasiast.
    »Sie stellen sich wohl absichtlich so dumm«, fuhr ihn M me. Wirginskaja zornig an.
    »Nein, gestatten Sie, wer eine Sitzung wünscht oder wer sie nicht wünscht, das muß doch möglichst genau festgelegt werden«, ließen sich zwei, drei Stimmen vernehmen.
    »Wer sie nicht wünscht – nicht wünscht.«
    »Schon gut, aber was muß man tun, heben oder nicht heben, wenn man sie nicht wünscht?« rief ein Offizier.
    »O je, an eine Verfassung sind wir noch nicht gewöhnt!« bemerkte der Major.
    »Herr Ljamschin, tun Sie uns den Gefallen, Sie donnern so gewaltig, daß man sein eigenes Wort nicht versteht«, bat der hinkende Lehrer.
    »Aber, bei Gott, Arina Prochorowna, hier lauscht doch niemand!« Ljamschin sprang auf. »Und ich will auch nicht länger spielen! Ich bin bei Ihnen zu Besuch und nicht zum Klavierspielen!«
    »Meine Herrschaften«, schlug Wirginskij vor, »antworten Sie mir jetzt alle vernehmlich: Sind wir eine Sitzung oder nicht?«
    »Sitzung! Sitzung!« hörte man von allen Seiten.
    »Wenn es so ist, dann ist eine Abstimmung nicht nötig, das genügt. Genügt Ihnen das, meine Herrschaften, oder möchten Sie noch einmal abstimmen?«
    »Nicht nötig, nicht nötig, wir haben verstanden.«
    »Vielleicht gibt es jemand, der keine Sitzung wünscht?«
    »Nein, nein, wir wünschen sie alle.«
    »Aber was ist eine Sitzung?« fragte eine Stimme. Eine Antwort blieb aus.
    »Ein Präsident muß gewählt werden!« rief man von allen Seiten.
    »Der Gastgeber! Natürlich der Gastgeber!«
    »Meine Herrschaften, wenn es so ist«, begann der frischgewählte Wirginskij, »so komme ich auf meinen Vorschlag von vorhin zurück: Sollte jemand wünschen, mit einem Beitrag zu beginnen, der enger mit der Sache zusammenhängt, oder etwas mitzuteilen, dann möchte er sogleich damit anfangen, damit keine Zeit verlorengeht.«
    Allgemeines Schweigen. Alle Blicke richteten sich abermals auf Stawrogin und Werchowenskij.
    »Werchowenskij, möchten Sie etwas sagen?« fragte die Gastgeberin direkt.
    »Ganz und gar nicht«, er gähnte und rekelte sich auf seinem Stuhl, »ich möchte übrigens einen Cognac.«
    »Und Sie, Stawrogin, möchten Sie vielleicht?«
    »Danke, ich trinke nicht.«
    »Ich meine, ob Sie etwas sagen möchten oder nicht, nicht den Cognac.«
    »Sagen? Was denn? Nein, ich möchte nicht.«
    »Sie bekommen gleich den Cognac«, sagte die Gastgeberin zu

Weitere Kostenlose Bücher