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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Geld erhalte, aber das sei auch alles. Was aber das Gerede um Darja Pawlowna betreffe, das sei alles Unsinn, da seien gemeine Verdrehungen Liputins, wie zumindest Alexej Nilytsch mit Nachdruck behaupte, an dessen Worten zu zweifeln nicht der geringste Anlaß bestehe. Stepan Trofimowitsch hörte meinen Ausführungen mit zerstreuter Miene zu, als gingen sie ihn nicht im mindesten an. Bei dieser Gelegenheit erwähnte ich auch mein Gespräch mit Kirillow und fügte hinzu, daß Kirillow möglicherweise geistesgestört sei.
    »Er ist nicht geistesgestört, aber das sind Menschen mit kurzen Gedanken«, nuschelte er matt und irgendwie widerwillig. » Ces gens-là supposent la nature et la société humaine autres que Dieu ne les a faites et qu’elles ne sont réellement! Man macht ihnen schöne Augen, aber Stepan Werchowenskij jedenfalls nicht. Ich habe sie damals in Petersburg erlebt, avec cette chère amie (o wie habe ich sie damals gekränkt!), und bin nicht nur nicht vor ihren Schmähungen – ich bin sogar vor ihrem Lob nicht erschrocken. Ich werde auch jetzt nicht erschrecken, mais parlons d’autre chose  … ich glaube, ich habe etwas Entsetzliches getan! Stellen Sie sich vor, ich habe gestern an Darja Pawlowna einen Brief abgeschickt und … wie verwünsche ich mich dafür!«
    »Wovon haben Sie denn geschrieben?«
    »O mein Freund, glauben Sie mir, alles mit der größten Noblesse! Ich habe sie davon unterrichtet, daß ich auch an Nicolas geschrieben habe, bereits vor fünf Tagen und ebenfalls mit Noblesse.«
    »Jetzt begreife ich!« rief ich aufgebracht. »Und mit welchem Recht haben Sie die beiden in Beziehung gesetzt?«
    »Aber, mon cher, treten Sie mich doch nicht mit Füßen und schreien Sie mich nicht so an; ich bin ohnehin wie … wie ein zertretener Kakerlak, und schließlich ist das – alles, denke ich, sehr nobel. Nehmen Sie an, daß dort wirklich etwas war … en Suisse  … oder sich anbahnte. Dann bin ich doch verpflichtet, als erstes ihre Herzen zu befragen, um … enfin, um nicht zwischen ihre Herzen zu treten und mich nicht als ein Pfahl auf ihrem Weg aufzupflanzen … Einzig und allein aus Noblesse.«
    »O Gott, was für eine Dummheit haben Sie gemacht!« entfuhr es mir wider Willen.
    »Dummheit, Dummheit!« griff er geradezu bereitwillig auf. »Sie haben noch nie etwas Klügeres gesagt! C’était bête, mais que faire, tout est dit . Ich heirate sowieso, auch wenn es ›fremde Sünden‹ sind, wozu mußte ich überhaupt schreiben? Nicht wahr?«
    »Sie fangen ja schon wieder an!«
    »Oh, jetzt können Sie mich mit Ihrem Schreien nicht mehr einschüchtern, jetzt haben Sie nicht mehr den alten Stepan Werchowenskij vor sich; der ist zu Grabe getragen; enfin, tout est dit. Und warum schreien Sie eigentlich? Nur deshalb, weil nicht Sie heiraten und weil nicht Sie den berühmten Kopfschmuck werden tragen müssen. Das paßt Ihnen wohl wieder nicht? Mein armer Freund, Sie kennen das Weib nicht, ich aber habe nichts anderes getan, als es zu ergründen. ›Willst du die ganze Welt besiegen, so besiege dich selbst!‹ Das einzige Bonmot, das einem ebensolchen Romantiker wie Ihnen gelungen ist, Schatow, dem Bruder meiner Gemahlin. Ich übernehme gern seine Sentenz. Nun, ich bin also bereit, mich selbst zu besiegen, und ich heirate, aber was werde ich erringen anstelle der ganzen Welt? O mein Freund, die Ehe ist der sittliche Tod jeder stolzen Seele und jeder Unabhängigkeit! Das Eheleben wird mich zersetzen, mir alle Energie rauben, allen Mut, mich einer Sache zu widmen, es werden Kinder kommen, möglicherweise nicht einmal von mir, das heißt selbstverständlich nicht von mir; der Weise schreckt nicht davor zurück, der Wahrheit ins Antlitz zu sehen … Liputin schlug kürzlich vor, sich vor Nicolas zu verbarrikadieren; er ist ein Tor, dieser Liputin. Das Weib täuscht selbst das Allsehende Auge. Le bon Dieu hat, als er das Weib erschuf, natürlich gewußt, welchen Gefahren Er sich aussetzte, aber ich bin sicher, es hatte sich in Seine Pläne eingemischt und Ihn bewogen, es in dieser Art und … mit diesen Attributen zu erschaffen; denn wer würde sich sonst grundlos eine solche Last aufbürden? Nastassja, ich weiß, wird mir das als Freigeisterei ankreiden, aber … Enfin tout est dit.«
    Er wäre nicht er selbst gewesen, wenn er auf die billige verbale Freigeisterei, die in seinen Tagen so florierte, verzichtet hätte, jedenfalls tröstete er sich im Augenblick mit seinem kleinen Bonmot, wenn

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