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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Register, Chronologie, so könnte eine solche Synopse das russische Leben eines ganzen Jahres umfassend charakterisieren, auch wenn die veröffentlichten Fakten nur einen ganz geringen Teil des Gesamtgeschehens darstellten.
    »Statt einer Unzahl von Blättern hätte man einige dicke Bände, und das wäre alles«, bemerkte Schatow.
    Aber Lisaweta Nikolajewna verfocht ihren Plan mit glühendem Eifer, auch wenn es ihr nicht leicht fiel und sie Mühe hatte, sich richtig auszudrücken. Es müsse ein Band sein, sogar kein besonders dicker – meinte sie. Und selbst angenommen, es sei ein dicker, so doch ein klarer, denn alles komme auf den Gesamtplan und die Art der Darstellung an. Selbstverständlich müsse nicht alles gesammelt und nachgedruckt werden. Auf Ukasse, Regierungsmaßnahmen, Regionalverfügungen, Gesetze, alles äußerst wichtige Dinge, könne man trotzdem in dem geplanten Werk völlig verzichten. Man könne durchaus auf vieles verzichten und sich auf eine Auswahl beschränken, die mehr oder weniger das sittliche, persönliche Leben des Volkes widerspiegele, die Persönlichkeit des russischen Volkes in einem bestimmten Augenblick. Selbstverständlich könne alles aufgenommen werden: Kurioses, Feuersbrünste, Spenden, alle möglichen guten und bösen Werke, alle möglichen Aussprüche und Reden, vielleicht sogar Berichte über Hochwasser, vielleicht sogar auch bestimmte Regierungsukasse, aber immer nur in einer Auswahl, die die Epoche charakterisiere; alles solle unter einem bestimmten Gesichtspunkt gesehen werden, einen Hinweis, eine Absicht, eine das Ganze, die Gesamtheit erhellende Idee enthalten. Und schließlich müsse das Buch sogar für eine unterhaltsame Lektüre geeignet sein, von seiner Unentbehrlichkeit als Nachschlagewerk ganz abgesehen! Es solle sozusagen ein Tableau des geistigen, sittlichen, inneren russischen Lebens während eines ganzen Jahres bieten. »Es muß so sein, daß alle es kaufen. Es muß so sein, daß dieser Band zu einem Handbuch wird«, sagte Lisa zum Schluß. »Ich weiß, alles hängt von dem Plan ab, und deshalb wende ich mich an Sie.« Sie glühte vor Eifer, und obwohl sie sich dunkel und lückenhaft ausgedrückt hatte, begann Schatow sie zu verstehen.
    »Also, es wird etwas mit einer bestimmten Tendenz werden, eine Sammlung von Fakten mit einer bestimmten Tendenz«, murmelte er immer noch, ohne den Kopf zu heben.
    »Keineswegs, man soll nicht nach einer Tendenz auswählen, man soll überhaupt keine Tendenz haben. Reine Unvoreingenommenheit – das ist die Tendenz!«
    »Aber eine Tendenz wäre auch kein Schaden«, Schatow belebte sich, »und sie läßt sich auch nicht vermeiden, sobald es sich um eine Auswahl handelt. Die Auswahl der Fakten wird den Hinweis enthalten, wie sie zu verstehen sind. Ihre Idee ist nicht schlecht.«
    »Dann ist ein solcher Band also denkbar?« freute sich Lisa.
    »Man muß sehen und gut überlegen. Es ist ein riesiges Unternehmen. Auf Anhieb geht es nicht. Man braucht Erfahrung. Und auch, wenn der Band herauskommt, werden wir immer noch nicht wissen, wie es geht. Höchstens erst nach langer Erfahrung; aber der Gedanke hat Hand und Fuß. Ein brauchbarer Gedanke.«
    Endlich hob er die Augen, und sie leuchteten sogar vor Vergnügen, so sehr war er interessiert.
    »Haben Sie sich das selbst ausgedacht?« fragte er Lisa freundlich und irgendwie verschämt.
    »Nun, Ausdenken ist leicht, der Plan ist das Schwere.« Lisa lächelte. »Ich habe nicht viel Ahnung und bin nicht besonders klug. Und ich verfolge nur das, was mir selbst klar ist …«
    »Sie verfolgen?«
    »Wahrscheinlich ist das ein falscher Ausdruck?« fragte Lisa sofort.
    »Auch dieser Ausdruck ist nicht verkehrt; ich habe nichts dagegen.«
    »Noch im Ausland kam ich darauf, daß auch ich irgendwie nützlich sein könnte. Ich habe eigenes Geld, das nur herumliegt, warum sollte ich nicht etwas für die Allgemeinheit tun? Da kam mir diese Idee irgendwie von selbst; ich habe sie mir überhaupt nicht ausgedacht und war sehr froh darüber; aber ich habe sofort gesehen, daß es ohne einen Mitarbeiter nicht geht, denn ich kann überhaupt nichts. Der Mitarbeiter soll selbstverständlich Mitherausgeber des Bandes sein. Es soll halb und halb sein: Ihr Plan und Ihre Arbeit, meine ursprüngliche Idee und mein Geld für die Herausgabe. Wird das Buch sich tragen?«
    »Wenn wir den richtigen Plan ausgraben, wird das Buch gehen.«
    »Sie müssen von vornherein wissen, daß ich keinen Gewinn will, aber ich

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